18.10.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil15.07.2020

BVerwG: Klagen von Landesmedien­anstalten gegen die Erteilung der Zulassung für ein bundesweites Fernsehprogramm durch eine andere Landes­me­di­e­n­anstalt unzulässigKeine Klagebefugnis von Landesmedien­anstalten

Eine Landes­me­di­e­n­anstalt kann sich nicht auf eine wehrfähige Rechtsposition berufen, um die Aufhebung einer Zulassung zu erreichen, die eine andere Landes­me­di­e­n­anstalt einem privaten Rundfunk­veranstalter für ein bundesweit verbreitetes Fernsehprogramm auf der Grundlage einer Entscheidung der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) erteilt hat. Dies hat das Bundes­verwal­tungs­gericht entschieden.

Die Klägerinnen, die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) und die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR Hessen), sind ebenso wie die Beklagte, die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH), nach dem jeweiligen Landesrecht für die Zulassung privater Rundfunk­ver­an­stalter zuständig. Die LMK hatte der Beigeladenen zu 2., einer Tochter­ge­sell­schaft der Beigeladenen zu 1., mit Bescheid vom 26. August 2008 die Zulassung zur Ausstrahlung des bundesweiten Fernseh­pro­gramms "SAT.1" ab dem 1. Juni 2010 erteilt. Im Hauptprogramm "SAT.1" werden werktäglich Regio­na­l­fens­ter­pro­gramme für die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen gesendet. Hierfür haben die Klägerinnen einem Regio­na­l­fens­ter­ver­an­stalter jeweils die Zulassung erteilt.

Anfech­tungs­klagen der LMK und der LPR scheiterte in den Vorinstanzen

Am 2. April 2012 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der Beklagten die Erteilung einer Zulassung zur bundesweiten Veranstaltung des Fernseh­voll­pro­gramms "SAT.1". Auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses der ZAK erteilte die Beklagte der Beigeladenen zu 1. mit Bescheid vom 11. Juli 2012 die beantragte Zulassung für die Dauer von zehn Jahren ab dem 1. Juni 2013. Die Zulassung ist insoweit eingeschränkt, als Regio­na­l­fens­ter­pro­gramme bestehen oder organisiert werden; die gesetzliche Verpflichtung zur Aufnahme von Regio­na­l­fens­ter­pro­grammen im Programm "SAT.1" bleibt unberührt. Die Zulassung wird erst wirksam, wenn die Zulassung der Beigeladenen zu 2. aus dem Jahr 2008 durch Rückgabe bis spätestens einen Monat nach Bestandskraft dieser Zulassung unwirksam geworden ist. Die gegen den Bescheid der Beklagten erhobenen Anfech­tungs­klagen der LMK und der LPR Hessen waren in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.

BVerwG: Klagen mangels Klagebefugnis unzulässig

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revisionen der Klägerinnen zurückgewiesen. Die Klagen sind mangels Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) bereits unzulässig. Die Klägerinnen können sich nicht auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) berufen. Eine wehrfähige Rechtsposition der Klägerinnen gegenüber anderen Landes­me­di­e­n­an­stalten ergibt sich auch nicht aus einer Letzt­ver­ant­wortung für die Rechtmäßigkeit der in ihrem Sendegebiet ausgestrahlten Rundfunk­pro­gramme.

Nach der Neuregelung liegt Verantwortung allein bei der ZAK

Zwar hatte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 1997 auf der Grundlage der damaligen Fassung des Rundfunkstaats­ver­trages - RStV - sowie mit Blick auf durch Art. 5 Abs. 1 GG ausgelöste staatliche Schutzpflichten eine solche Letzt­ver­ant­wortung bestätigt und daraus ein Klagerecht hergeleitet. Hieran kann indes jedenfalls seit dem In-Kraft-Treten des 10. Rundfun­k­än­de­rungs­staats­ver­trages im Jahr 2008 nicht mehr festgehalten werden. Nach der Neuregelung (vgl. §§ 35 ff. RStV) trifft nunmehr im Innenverhältnis allein die ZAK, die sich aus den gesetzlichen Vertretern der Landes­me­di­e­n­an­stalten zusammensetzt, die abschließenden Entscheidungen im Zusammenhang mit der Zulassung privater bundesweiter Rundfunk­ver­an­stalter und bei Aufsichts­maß­nahmen gegenüber solchen Veranstaltern, soweit nicht die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) zuständig ist. Die Aufgabe der zuständigen Landesmedienanstalt beschränkt sich darauf, die Beschlüsse der ZAK zu vollziehen, d.h. in Form eines an den betroffenen Rundfunk­ver­an­stalter gerichteten Verwaltungsakts zu erlassen. Diese einfach-rechtliche Ausgestaltung steht der Annahme einer Letzt­ver­ant­wortung der einzelnen Landes­me­di­e­n­an­stalten im Bereich der Zulassung bundesweiter Rundfunk­ver­an­stalter entgegen.

Erheblichen Bedeu­tungs­verlust der Landes­me­di­e­n­an­stalten gerechtfertigt

Das geänderte Zulassungs- und Aufsichtsregime für bundesweite Rundfunk­ver­an­stalter unterliegt auch keinen verfas­sungs­recht­lichen Bedenken. Zwar fasst die ZAK ihre Beschlüsse mit der Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitglieder. Diese sind an Weisungen nicht gebunden und unterliegen einer Verschwie­gen­heits­pflicht. Dass hierdurch die pluralistisch zusam­men­ge­setzten Beschluss­gremien der Landes­me­di­e­n­an­stalten einen erheblichen Bedeu­tungs­verlust erfahren, ist jedoch sowohl mit den Vorgaben aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG als auch mit dem Bundesstaats- und dem Demokra­tie­prinzip vereinbar. Im Hinblick auf die im Bereich des Rundfunks offen­sicht­lichen faktischen Grenzen einer isolierten Aufga­be­n­er­füllung der Länder und die vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht dementsprechend angenommene Pflicht zur Kooperation der Länder bestehen objektiv gewichtige Sachgründe für die getroffenen Regelungen.

Zusammensetzung der ZAK und die Rechtsstellung ihrer Mitglieder tragen dem grund­recht­lichen Gebot der Staatsferne des Rundfunks Rechnung

Die Zusammensetzung der ZAK und die Rechtsstellung ihrer Mitglieder tragen dem grund­recht­lichen Gebot der Staatsferne des Rundfunks Rechnung. Zudem verfügt die ZAK nur über einen eingeschränkten Entschei­dungs­spielraum. Solange die KEK keine vorherrschende Meinungsmacht festgestellt hat (vgl. § 26 RStV), besteht bei Vorliegen der in § 20 a RStV geregelten persönlichen und sachlichen Voraussetzungen grundsätzlich ein Zulas­sungs­an­spruch des Bewerbers. Schließlich ergeben sich auch aus der Aufsichts­ver­ant­wortung für die in Rheinland-Pfalz bzw. in Hessen verbreiteten Regio­na­l­fens­ter­pro­gramme im Hauptprogramm "SAT.1" keine wehrfähigen Rechts­po­si­tionen für die Klägerinnen. Die Zuständigkeit für die Zulassung von Regio­na­l­fens­ter­pro­gramm­ver­an­staltern und für die Aufsicht hierüber wird nicht dadurch berührt, dass der jeweilige Haupt­pro­gramm­ver­an­stalter wechselt.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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