21.11.2024
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Dokument-Nr. 32792

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Bundesverwaltungsgericht Urteil29.03.2023

Berück­sich­tigung einer Empfehlung der EU-Kommission im Rahmen einer tele­kommunikations­rechtlichen Entgelt­ge­neh­migung der Bundes­netz­agenturBVerwG weist Klage ab

Die Empfehlung der Kommission vom 11. September 2013 über einheitliche Nicht­diskri­mi­nierungs­verpflichtungen und Kostenrechnungs­methoden zur Förderung des Wettbewerbs und zur Verbesserung des Umfelds für Breitband­investitionen (2013/466/EU) - i. F.: Empfehlung - schränkt den Beurteilungs­spielraum nicht ein, über den die Bundes­netz­agentur bei der Auswahl der Methode für die Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen verfügt, wenn sie Entgelte anhand des im Tele­kommunikations­gesetz geregelten Maßstabs der Kosten der effizienten Leistungs­bereitstellung genehmigt. Die Empfehlung ist vielmehr im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Dies hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Die Klägerin - die Telekom Deutschland GmbH - ist aufgrund einer Regulie­rungs­ver­fügung u.a. verpflichtet, anderen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen Zugang zum Teilneh­me­r­an­schluss und zu diesem Zweck Zugang zu ihren Kabelkanälen zwischen dem Kabelverzweiger und dem Hauptverteiler zu gewähren, soweit hierfür die erforderlichen Leerkapazitäten vorhanden sind. Für den Fall, dass aus technischen Gründen oder aus Kapazi­täts­gründen die Gewährung des Zugangs zu Kabelkanälen nicht möglich ist, besteht ferner die Verpflichtung, den Zugang zu unbeschalteter Glasfaser zu gewähren. Die Entgelte für die Zugangs­ge­währung unterliegen der Geneh­mi­gungs­pflicht. Auf Antrag der Klägerin genehmigte die Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 26. Juni 2019 die Entgelte für den Zugang im Multi­funk­ti­o­ns­gehäuse, zu Kabel­ka­na­l­anlagen und zu unbeschalteten Glasfasern, wobei die genehmigten Entgelte die von der Klägerin beantragte Höhe teilweise unterschritten.

VG verpflichtet BNetzA den Geneh­mi­gungs­antrag erneut zu bescheiden

Das Verwal­tungs­gericht Köln verpflichtete die Beklagte, den Geneh­mi­gungs­antrag der Klägerin bezüglich des Entgelts für die Überlassung eines Viertels eines Kabelkanalrohrs in einem Mehrfachrohr und bezüglich des Entgelts für die Überlassung zweier unbeschalteter Glasfasern unter Beachtung der Rechts­auf­fassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Dies begründete es im Wesentlichen damit, dass die Bundes­netz­agentur bei der Entgelt­be­rechnung die Vorgaben der Empfehlung nicht eingehalten habe. So habe sie bei der geforderten Modellierung eines effizienten Zugangsnetzes der nächsten Generation von vorneherein nur solche Referenznetze in den Blick genommen, bei denen eine "Kupfer­rü­ck­rechnung" bereits erfolgt sei, und sei zudem fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Anzahl der Haupt­ver­tei­ler­standorte vorgegeben sei. Ferner habe die Bundes­netz­agentur zu Unrecht den Anteil der abgeschriebenen wieder­ver­wendbaren baulichen Anlagen aus dem Ist-Netz der Klägerin auf das modellierte Netz übertragen und Kabel­ka­na­l­anlagen sowie Kabelschächte nach zu kurz bemessener Abschrei­bungsdauer nicht mehr berücksichtigt.

BVerwG: Entschei­dungs­spielräume der BNetzA missachtet

Auf die Revision der Beklagten hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht das Urteil der Vorinstanz geändert und die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin erstrebte Entgeltgenehmigung waren hier noch die Vorschriften des Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­ge­setzes in der bis November 2021 geltenden Fassung (TKG a.F.). Danach hat sich die Genehmigung von telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­recht­lichen Entgelten vor allem an dem Maßstab der Kosten der effizienten Leistungs­be­reit­stellung auszurichten. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts handelt es sich bei der auf die §§ 31 ff. TKG a.F. gestützten Erteilung einer Entgelt­ge­neh­migung zwar im Wesentlichen um eine gebundene Entscheidung. Für einzelne abgrenzbare Teilaspekte der Entgeltprüfung sind jedoch gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Entschei­dungs­spielräume der Bundes­netz­agentur anerkannt, die auch unionsrechtlich verankert sind. Dies betrifft insbesondere die Entscheidung über die Auswahl der Methode für die Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen.

Nichtbeachtung der Empfehlung kann zu Abwägungsfehler führen

Dieser regulie­rungs­be­hördliche Beurteilungsspielraum wird entgegen der Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts nicht durch die als Harmo­ni­sie­rungs­maßnahme erlassene Empfehlung eingeschränkt. Da der Empfehlung ungeachtet der unions­recht­lichen Verpflichtung der nationalen Regulie­rungs­be­hörden zur "weitestgehenden Berück­sich­tigung" keine normähnliche Verbindlichkeit zukommt, unterliegen ihre Auslegung und Anwendung durch die Bundes­netz­agentur nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die Empfehlung ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, die die Bundes­netz­agentur im Rahmen ihres Beurtei­lungs­spielraums vornehmen muss. Lässt die Bundes­netz­agentur die Empfehlung vollständig oder teilweise außer Betracht, ohne dies plausibel zu begründen, oder geht sie von einem objektiv unzutreffenden Verständnis des Inhalts der Empfehlung aus, kann dies zu einem Abwägungsfehler führen.

Im konkreten Fall Empfehlung mit vertretbaren Inhalt beachtet

Im konkreten Fall wollte die Bundes­netz­agentur indes nicht von der Empfehlung abweichen, sondern ist bei ihrer Abwägung im Gegenteil davon ausgegangen, dass ihre Vorgehensweise im Einklang mit der Empfehlung steht. Dabei hat sie in allen vom Verwal­tungs­gericht beanstandeten Punkten ein jedenfalls vertretbares Verständnis des Inhalts der Empfehlung zugrunde gelegt.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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