18.10.2024
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Dokument-Nr. 32420

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Bundesverwaltungsgericht Urteil30.11.2022

MDR darf Kommentare ohne Sendungsbezug auf seiner Facebook-Seite löschenBei Löschung keine vorherige Anhörung erforderlich

Öffentlich-rechtliche Rundfunk­an­stalten sind berechtigt, nicht-sendungs­be­zogene Kommentare der Nutzer in Foren auf ihren Unter­neh­mens­seiten in den sozialen Medien zu löschen. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) veröffentlicht auf seiner Facebook-Seite Beiträge zu ausgewählten Sendungen, die Nutzer kommentieren können. Für die Erstellung von Kommentaren verweist der MDR auf Vorgaben in Form einer sog. Netiquette, die u.a. einen Bezug zu dem Thema der jeweiligen Sendung verlangt. Der MDR hat 14 vom Kläger auf der Facebook-Seite des MDR gepostete Kommentare gelöscht. Das Verwal­tungs­gericht hat der auf Feststellung der Rechts­wid­rigkeit der Löschung gerichteten Klage hinsichtlich eines Kommentars stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat die gegen die Klageabweisung gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen.

MDR zur Löschung von Posts ohne Sendungsbezug berechtigt

Die Revision des Klägers hatte beim Bundes­ver­wal­tungs­gericht hinsichtlich eines weiteren Kommentars Erfolg. Auf der Grundlage des im Zeitpunkt der Löschung noch geltenden Rundfunkstaats­vertrags bestimmte sich die Zulässigkeit des Teleme­di­en­an­gebots des MDR nach § 11 d RStV. Danach unterlagen sendungs­be­zogene und eigenständige Teleme­di­en­an­gebote unterschiedlich strengen Anforderungen. Foren und Chats ohne Sendungsbezug waren unzulässig. Mit diesen zum Teil in den nunmehr geltenden Medien­staats­vertrag übernommenen Regelungen haben die Landes­ge­setzgeber den sog. Beihil­fe­kom­promiss zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Kommission umgesetzt. Die Kommission hatte im April 2007 ein auf Betreiben privater Medienanbieter eingeleitetes Beihil­fe­ver­fahren eingestellt, nachdem sich die Bundesrepublik Deutschland zum Schutz privater Medien sowie der Presse verpflichtet hatte, den gesetzlichen Auftrag des beitrags­fi­nan­zierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks für Inter­ne­t­auf­tritte näher zu präzisieren. Zwar liegt in der Löschung der Kommentare des Klägers ein Eingriff in dessen durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Meinung­s­äu­ße­rungs­freiheit. Dieser Eingriff ist jedoch gerechtfertigt. Denn zu den allgemeinen Gesetzen im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG zählen u.a. die das Teleme­di­en­angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks betreffenden Regelungen des § 11 d RStV. Die Beschränkung des Angebots dieser Rundfunk­an­stalten auf sendungs­be­zogene Telemedien sowie das Verbot von Foren und Chats ohne Sendungsbezug und redaktionelle Begleitung erstreckt sich auch auf die Kommentare der Nutzer. Die das verfas­sungs­rechtliche Verhält­nis­mä­ßig­keits­prinzip wahrenden Vorschriften verleihen dem MDR zudem die Berechtigung zur Löschung von Posts ohne Sendungsbezug. Hierbei bedarf es weder einer vorherigen Anhörung noch einer nachträglichen Benach­rich­tigung.

BVerwG beanstandet Löschung eines Kommentars mit Sendebezug

Die noch im Streit stehenden Kommentare des Klägers hatten überwiegend keinen Bezug zu den Themen der jeweiligen Sendungen des MDR. Insbesondere der vom Kläger in dem Forum wiederholt geäußerten Kritik an der Löschungspraxis des MDR fehlte der notwendige Sendungsbezug. Zu eng haben die Vorinstanzen dieses Erfordernis jedoch hinsichtlich eines Kommentars gehandhabt, in dem der Kläger auf einen Beitrag mit dem Titel "Bundesweite Razzia gegen Neonazis" auch den islamistischen Terrorismus in den Blick genommen hatte.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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