18.10.2024
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Dokument-Nr. 29201

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Bundesverwaltungsgericht Urteil16.09.2020

BVerwG: Kein Auskunfts­an­spruch des Insol­venz­ver­walters gegenüber Finanzamt auf Steuer­kon­to­auszugAuskunft­s­er­suchen mangels Berechtigung abgelehnt

Der Insol­venz­ver­walter kann nach Art. 15 Abs. 1 Daten­schutzgrund­verordnung (DSGVO) keine Auskunft vom Finanzamt über das Steuerkonto des Insol­venz­schuldners verlangen. Das hat das Bundes­ver­waltungs­gericht entschieden.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter und begehrt in dieser Funktion vom beklagten Finanzamt einen Auszug aus dem Steuerkonto des Schuldners. Hierdurch erhielte er die Möglichkeit, potentiell anfech­tungs­re­levante Sachverhalte zur Mehrung der Insolvenzmasse zu ermitteln. Sein zunächst auf das Nieder­säch­sische Landes­da­ten­schutzrecht gestütztes Begehren verfolgt er unter Berufung auf Art. 15 Abs. 1 DSGVO seit dessen Inkrafttreten im Mai 2018 weiter. Das Verwal­tungs­gericht hatte die Klage abgewiesen. Das Oberver­wal­tungs­gericht hatte die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts zurückgewiesen.

BVerwG: Insol­venz­ver­walter keine "betroffener Person" im Sinne des Art. 15 DSGVO

Nach Auffassung des BVerwG räumt Art. 15 Abs. 1 DSGVO einer betroffenen Person das Recht ein, von einem für die Daten­ver­a­r­beitung Verant­wort­lichen Auskunft über die Verarbeitung der sie betreffenden perso­nen­be­zogenen Daten zu verlangen. Dieser Anspruch besteht grundsätzlich auch gegenüber den Finanzbehörden. Allerdings ist der Insol­venz­ver­walter hinsichtlich der perso­nen­be­zogenen Daten des Insol­venz­schuldners weder nach dem Wortlaut, der Systematik noch nach dem Sinn und Zweck der einschlägigen Regelungen der DSGVO "betroffene Person". Betroffene Person ist nach Art. 4 Nr. 1 DSGVO nur diejenige natürliche Person, die durch die jeweiligen perso­nen­be­zogenen Daten identifizierbar oder identifiziert ist. Eine Erweiterung dieses Begriffs auf den mit der Verwaltung der Insolvenzmasse betrauten Insol­venz­ver­walter widerspräche dem Charakter des Auskunfts­an­spruchs aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Denn die in der DSGVO verankerten Betrof­fe­nen­rechte dienen dem Schutz des Grundrechts auf Achtung der Privatsphäre aus Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Dieser Schutz lässt sich nur verwirklichen, wenn sich die von einer Daten­ver­a­r­beitung betroffene Person vergewissern kann, dass ihre perso­nen­be­zogenen Daten richtig sind und in zulässiger Weise verarbeitet werden, um andernfalls von dem für die Verarbeitung Verant­wort­lichen unter anderem die Berichtigung oder Löschung ihrer Daten zu verlangen. Der Auskunftsanspruch ist daher seiner Natur nach ein Instrument zur Schaffung des notwendigen Wissens­fun­daments für die Geltendmachung weitergehender Betrof­fe­nen­rechte und zielt nicht auf die vom Kläger beabsichtigte Gewinnung von Informationen mit vermö­gens­recht­lichem Bezug.

Kein Übergang des Auskunfts­an­spruchs nach Insol­venz­ver­ordnung

Auch ein Übergang dieses Auskunfts­an­spruchs in die Verfü­gungs­be­fugnis des Insol­venz­ver­walters gemäß § 80 Abs. 1 Insol­ven­z­ordnung findet nicht statt. Denn er ist seinem Charakter nach untrennbar mit der Person des Berechtigten verbunden und kann nicht losgelöst von den weiteren Betrof­fe­nen­rechten betrachtet werden. Eine Ausübung durch den Insol­venz­ver­walter würde seine Zielrichtung und seinen Zweck verändern. Auch eine Differenzierung nach dem Vermögensbezug der betroffenen Daten kommt daher nicht in Betracht.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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