21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil18.09.2019

Bundes­nachrichten­dienst muss der Presse Auskunft über Hinter­grund­gespräche mit Journalisten erteilenGrundlage des Anspruchs ist demnach der verfassungs­unmittelbare Auskunfts­an­spruch der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat mit Urteil vom 18.09.2019 entschieden, dass Pressevertreter auf der Grundlage des verfassungs­unmittelbaren Auskunfts­an­spruchs der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verlangen können, dass der Bundes­nachrichten­dienst (BND) ihnen bestimmte Informationen über vertrauliche Hinter­grund­gespräche erteilt, die Vertreter des BND mit ausgewählten Journalisten führen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist Journalist und Redakteur einer Tageszeitung. Er gehört dem Kreis der von dem BND für Hinter­grund­ge­spräche berück­sich­tigten Journalisten nicht an. Er bat den BND im Frühjahr 2017 um die Erteilung von Auskünften zu der Anzahl, den Themen, dem personellen Rahmen sowie den Zeiten und Orten der im Vorjahr und im laufenden Jahr organisierten Hinter­grund­ge­spräche. Er begehrte außerdem Auskunft über den Umgang mit Erkenntnissen im Zusammenhang mit dem Militärputsch in der Türkei im Juli 2016. Der BND lehnte die Erteilung der verlangten Auskünfte ab.

Ein Teil der Fragen wurde in der mündlichen Verhandlung beantwortet

Der Kläger hat vor dem für Klagen gegen den BND in erster und letzter Instanz zuständigen Bundes­ver­wal­tungs­gericht Klage erhoben und zusätzlich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Nachdem der Eilantrag in Bezug auf Fragen zum Militärputsch in der Türkei teilweise Erfolg gehabt hatte und der BND in der mündlichen Verhandlung die Fragen des Klägers nach der Anzahl, den Zeiten und den Orten der Hinter­grund­ge­spräche beantwortet hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit für teilweise erledigt erklärt. In Bezug auf einen kleinen Teil der begehrten Auskünfte hat der Kläger seine Klage zurückgenommen.

Kein Anspruch auf Auskunft zu Kommunikation zwischen BND und Bundes­kanz­leramt

Im Übrigen hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht eine Verpflichtung des BND zur Beantwortung einer weiteren Frage abgelehnt, mit der der Kläger wissen wollte, ob und gegebenenfalls wie eine Unterrichtung des Bundes­kanz­leramts über Äußerungen stattgefunden habe, die der Präsident des BND in einem Zeitungs­in­terview über eine Beteiligung der Gülen-Bewegung an dem Militärputsch abgegeben hat. Einer Beantwortung steht das schutzwürdige öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufga­be­n­er­füllung des BND entgegen.

BDN muss Informationen zu Hinter­grund­ge­sprächen erteilen

Demgegenüber kann der Kläger eine Beantwortung der noch streitigen Fragen über die Hinter­grund­ge­spräche verlangen. Zum einen hat die Beklagte schutzwürdige öffentliche Interessen, die einer Erteilung dieser Auskünfte durch den BND entgegenstehen könnten, nicht hinreichend dargelegt. Die Auskunft­s­er­teilung schafft bzw. erhöht nicht in beachtlicher Weise die Gefahr von Rückschlüssen auf die Arbeitsfelder und die Arbeitsweise des BND. Dass der BND Hinter­grund­ge­spräche mit Journalisten auch unter Beteiligung seines Präsidenten durchführt, ist allgemein bekannt.

Keine Gefährdung durch die Benennung allgemeinen Themen

Dadurch, dass dem Kläger mitgeteilt wird, welche Medien bzw. Medienvertreter jeweils eingeladen waren und an welchen Gesprächen der Präsident des BND teilgenommen hat, werden keine für eine Gefährdung der Aufga­be­n­er­füllung des BND relevanten zusätzlichen Informationen verbreitet. Dass eine solche Gefährdung durch die Benennung der allgemeinen Themen - also nicht der konkreten Inhalte - der jeweiligen Hinter­grund­ge­spräche eintreten könnte, ist gleichfalls nicht ersichtlich. Den BND trifft insoweit in Anbetracht des Umstands, dass er die Themen auf Grund eigenen Entschlusses und ohne hierzu verpflichtet zu sein, mit Journalisten - wenn auch unter vorausgesetzter Vertraulichkeit - erörtert hat, eine gesteigerte Darlegungslast. Dieser ist er nicht nachgekommen.

Hinter­grund­ge­sprächen stellen besondere Form der Presse- und Öffent­lich­keits­arbeit des BND dar

Zum anderen wird die Erteilung der begehrten Auskünfte über die Hinter­grund­ge­spräche nicht durch das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung der eingeladenen Journalisten und der durch sie vertretenen Medien gehindert. Zwar ist das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung grundsätzlich schutzwürdig, jedoch überwiegt im vorliegenden Fall das Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Presse. Der Kläger nimmt dieses Interesse mit seinen Recherchen wahr, die Transparenz im Hinblick auf die Beziehungen zwischen den Nachrich­ten­diensten und der Presse herstellen sollen. Demgegenüber betrifft das schutzwürdige Interesse der Journalisten allein die Ausübung ihres auf Öffentlichkeit angelegten Berufs. Zudem geht es bei den Hinter­grund­ge­sprächen um eine besondere Form der Presse- und Öffent­lich­keits­arbeit des BND, die sich an einen grundsätzlich festen Kreis von Journalisten richtet.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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