03.12.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil22.02.2024

Kein höherer staatlicher Zuschuss zur Finanzierung einer kirchlichen Kinder­tages­einrichtung

Die im Kinder­gar­tenjahr 2016/2017 geltende nordrhein-westfälische Regelung über die Höhe des pauschalierten staatlichen Zuschusses zur Finanzierung von Kinder­tages­einrichtungen kirchlicher Träger stellt keine Diskriminierung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauung dar (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG) und führt auch im Übrigen zu keiner gleich­heits­widrigen Schlech­ter­stellung (Art. 3 Abs. 1 GG) dieser Träger. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Grundlage für die staatliche Förderung von Kinder­ta­ges­ein­rich­tungen in Nordrhein-Westfalen ist das Kinder­bil­dungs­gesetz (KiBiz) in der Fassung vom 8. Juli 2016. Der größte Anteil der danach vom Jugendamt den Einrich­tungs­trägern zu gewährenden Förderung entfällt auf den Zuschuss nach § 20 Abs. 1 KiBiz 2016. Dieser Zuschuss ist an den Kindpauschalen (§ 19 KiBiz 2016) ausgerichtet, die für jedes in einer Kinder­ta­ges­ein­richtung aufgenommene Kind gezahlt werden. Er betrug im genannten Kinder­gar­tenjahr für kirchliche Träger 88 vom Hundert und für andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe 91 vom Hundert. Die Gewährung des Zuschusses setzt voraus, dass der Träger seinen sich daraus ergebenden Eigenanteil an den Kindpauschalen leistet. Die Klägerin, eine kirchliche Trägerin im Sinne des Kinder­bil­dungs­ge­setzes, erhielt für eine von ihr betriebene Kinder­ta­ges­ein­richtung in Anwendung dieser landes­ge­setz­lichen Regelungen von der beklagten Stadt als Trägerin des Jugendamtes im genannten Kinder­gar­tenjahr einen staatlichen Zuschuss von insgesamt rund 572.000 €. Sie hält insbesondere die Regelung über die Höhe des Zuschusses für kirchliche Träger für unwirksam und den staatlichen Zuschuss als solchen für nicht ausreichend. Ihre auf die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des Förde­rungs­antrags für das Kinder­gar­tenjahr 2016/2017 gerichtete Klage blieb in den beiden Vorinstanzen erfolglos.

BVerwG verneint Anspruch auf weitere staatliche Förderung

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine weitere staatliche Förderung. Eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne des speziellen Gleich­heits­satzes des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG scheidet aus, weil die Normierung eines gegenüber dem Zuschuss für andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe nach § 20 Abs. 1 Satz 3 KiBiz 2016 um drei Prozentpunkte niedrigeren Zuschusses für kirchliche Träger nicht gerade wegen deren inhaltlicher Ausrichtung am Glauben oder an einer religiösen Anschauung erfolgt. Maßgebend für die unter­schiedliche Zuschusshöhe ist vielmehr die vom Landes­ge­setzgeber aus dem verfas­sungs­rechtlich verankerten Steue­r­er­he­bungsrecht der als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfassten Religi­o­ns­ge­mein­schaften abgeleitete höhere ökonomische Leistungs­fä­higkeit kirchlicher Träger. Die Zuschuss­re­gelung führt aber zu einer mittelbaren Ungleichbehandlung aufgrund des Glaubens oder der religiösen Anschauung. Denn der mit ihr verbundene höhere finanzielle Eigenanteil der kirchlichen Träger betrifft mit der Evangelischen und der Katholischen Kirche, die einen Großteil der Kinder­ta­ges­ein­rich­tungen in freier Trägerschaft in Nordrhein-Westfalen betreiben, typischerweise und vor allem diese zwei religiösen Bekenntnisse. Diese Ungleich­be­handlung ist bei Anlegung eines strengen Verhält­nis­mä­ßig­keits­maß­stabes gerechtfertigt.

Unter­schiedliche Leistungs­fä­higkeit der einzelnen Träger

Die mit § 20 Abs. 1 KiBiz 2016 bezweckte Heranziehung der Träger nach ihrer jeweiligen ökonomischen Leistungs­fä­higkeit ist ein legitimes und mit der Verfas­sungs­ordnung in Einklang stehendes Ziel, zumal die kirchlichen Träger nach ihrem Selbst­ver­ständnis mit dem Betreiben von Kinder­ta­ges­ein­rich­tungen zugleich auch eigene Aufgaben wahrnehmen. Die prozentuale Staffelung der Zuschüsse und damit der Eigenanteile ist grundsätzlich geeignet, der unter­schied­lichen Leistungs­fä­higkeit Rechnung zu tragen. Der Landes­ge­setzgeber durfte im Rahmen seines Einschät­zungs­spielraums insbesondere pauschalierend und typisierend annehmen, dass die kirchlichen Träger wegen der Möglichkeit zur Steuererhebung typischerweise finanziell leistungs­fähiger als andere freie Träger sind. Eine Prüfung der Leistungs­fä­higkeit im Einzelfall wäre zwar ein milderes, aber kein gleich wirksames Mittel. Die mit dem niedrigeren Zuschuss verbundene Ungleich­be­handlung erweist sich auch als angemessen. Den Kirchen ist es mit Blick auf die Wahrnehmung auch eigener Aufgaben zumutbar, wegen ihrer abstrakt höheren Leistungs­fä­higkeit einen höheren Eigenanteil zu erbringen. Dadurch wird weder ihr Steue­r­er­he­bungsrecht noch ihr Selbst­ver­wal­tungsrecht berührt. Der mit der Staffelung der Eigenanteile verfolgte Zweck, alle Träger gemessen an ihrer Leistungs­fä­higkeit gleichwertig an den Kosten zu beteiligen und damit die Betei­li­gungs­ge­rech­tigkeit zu stärken, dient der Bereitstellung und Sicherstellung eines bedürfnis- und bedarfs­ge­rechten Angebots an Kinder­ta­ges­be­treuung und ist daher von hohem Gewicht.

Auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz

Die Zuschuss­re­gelung verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und den vom Landes­ge­setzgeber zu beachtenden bundesrechtlich gewährleisteten Funktionsschutz der freien Jugendhilfe. Zwar war die danach gewährte Förderung nach den Feststellungen der Vorinstanz für die Mehrzahl der Einrichtungen im streitigen Kinder­gar­tenjahr nicht kostendeckend. Es fehlen aber belastbare Anhaltspunkte dafür, dass dadurch die Gefahr bestand, freie Träger könnten in absehbarer Zukunft und nennenswertem Umfang aus dem Anbietermarkt ausscheiden und deren Einrichtungen von den öffentlichen Trägern der Jugendhilfe übernommen werden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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