14.11.2024
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Dokument-Nr. 31034

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Urteil09.11.2021Bundesverwaltungsgericht4 C 5.20
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Berlin, Urteil24.05.2018, 19 K 195.16
  • Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil29.10.2019, 2 B 2.18
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Bundesverwaltungsgericht Urteil09.11.2021

BVerwG zur Zulässigkeit eines sog. Wohnungs­bordells in einem MischgebietWohnungsbordell in Mischgebiet nicht von vorneherein unzulässig

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass ein sog. Wohnungsbordell in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet bau­planungs­rechtlich nicht von vorneherein unzulässig ist.

Die Klägerin begehrt eine Baugenehmigung für die Änderung einer Wohnnutzung in eine gewerbliche Nutzung. Sie ist Mieterin dreier miteinander verbundener Wohnungen mit insgesamt 428 m2 im 2. Obergeschoss eines siebenstöckigen Gebäudes in Berlin. Dort betreibt sie seit 1996 eine prostitutive Einrichtung (sog. Wohnungsbordell). Das Gebäude liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der ein Mischgebiet ausweist. Der Bauantrag wurde abgelehnt.

OVG: Bordellartiger Betrieb mit zulässiger Wohnnutzung wegen "milieutypischen Unruhe" nicht vereinbar

Das Oberver­wal­tungs­gericht hob das stattgebende Urteil des Verwal­tungs­ge­richts auf und wies die Klage ab. Das Vorhaben der Klägerin sei baupla­nungs­rechtlich unzulässig. Ein bordellartiger Betrieb, wie ihn die Klägerin führe, sei mit der im Mischgebiet ebenfalls zulässigen Wohnnutzung wegen der damit bei typisierender Betrachtung verbundenen "milieutypischen Unruhe" nicht vereinbar. Das Prosti­tu­ier­ten­schutz­gesetz von 2016 ändere daran nichts. Eine atypische Fallgestaltung, die eine Einzel­fa­ll­be­trachtung erfordere, liege nicht vor.

BVerwG hebt Berufungsurteil auf

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Oberver­wal­tungs­gericht zurückverwiesen. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat das der Typisierung zugrun­de­liegende Störpotenzial fehlerhaft bestimmt, weil es den Begriff der "milieubedingten Unruhe" zu weit verstanden hat. Beglei­t­um­ständen des Prosti­tu­ti­o­ns­ge­werbes, die keine städtebauliche Relevanz haben, ist vielmehr mit Auflagen und ordnungs­recht­lichen Mitteln zu begegnen.

Wohnungsbordell fehlt typisches Störpotenzial

Die Unver­träg­lichkeit von bordellartigen Betrieben und Wohnnutzung beruht auf der Annahme, dass die Betriebe nach außen als solche in Erscheinung treten und dies gerade in den Abend- und Nachtstunden zu Störungen insbesondere durch den Zu- und Abgangsverkehr führt. Dieses typische Störpotenzial kommt einem auf Diskretion angelegten, nach 20.00 Uhr geschlossenen sog. Wohnungsbordell nicht zu. Es unterscheidet sich für den Betrachter nicht erkennbar von der sonst zulässigen Nutzung und zieht daher insbesondere keine Laufkundschaft an. Die baupla­nungs­rechtliche Zulässigkeit eines sog. Wohnungs­bordells ist daher mittels Einzel­fa­ll­be­trachtung zu prüfen. Die dafür erforderlichen Tatsa­chen­fest­stel­lungen hat das Oberver­wal­tungs­gericht nicht getroffen. Das führt zur Zurück­ver­weisung.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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