21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil14.11.2001

Plagiat in der Bundeswehr: Degradierung eines Soldaten wegen Täuschung im VordiplomPlagiatoren drohen neben akademischen auch gravierende dienst­rechtliche Konsequenzen - bis hin zur Degradierung

Bundes­wehr­soldaten, die in ihrer Hochschul­aus­bildung schummeln, drohen neben akademischen Konsequenzen Beför­de­rungs­verbote, Herabsetzung des Dienstgrads, Gehalts­kür­zungen und sonstige berufliche Folgen. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Der 2. Wehrdienstsenat des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Soldat bei seiner Diplom­vor­prüfung im Fach "Pädagogik" an der Universität der Bundeswehr des Plagiats überführt worden war. Er hatte seine Hausarbeit nahezu wörtlich der im Vorjahr abgegebenen Hausarbeit eines Kameraden entnommen. Lediglich zu Beginn des Textes hatte er einen eigenen Einleitungssatz eingefügt sowie an anderer Stelle vier Zeilen und die Zusammenfassung der Arbeit des Kameraden weggelassen.

Vordiplom war Voraussetzung für Beförderung

Die Arbeit wurde mit der Note "gut" bewertet und der Soldat erhielt den begehrten Leistungsschein. Dieser wiederum war Voraussetzung für das spätere Vordiplom und damit auch für seine Beförderung zum Oberleutnant. Erst im Nachhinein wurde die Täuschung aufgedeckt, woraufhin die Hausarbeit mit "nicht ausreichend" bewertet und das Zeugnis über die bestandene Diplom­vor­prüfung entzogen wurde. Aufgrund der abgelaufenen Höchst­stu­di­endauer bestand der Soldat keine Wieder­ho­lungs­mög­lichkeit mehr.

Dienst­rechtliche Konsequenzen: Herabsetzung des Dienstgrads und Gehaltskürzung

Die Truppen­dienst­kammer fand den Soldaten eines Dienstvergehens schuldig und verurteilte ihn zu einem Beför­de­rungs­verbot für die Dauer von drei Jahren verbunden mit einer Gehaltskürzung um ein Zehntel für die Dauer von 15 Monaten. Auf Berufung des Bundes­wehr­dis­zi­pli­na­ranwalts änderte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht das Kammerurteil ab. Es verschärfte das Urteil dahingehend, dass es den Soldaten in den Dienstgrad eines Leutnants herabsetzte.

Täuschung ist Versagen in soldatischen Kernpflichten - Gravierende Diszi­pli­n­a­r­maßnahme ist erforderlich

Das Gericht begründete das Urteil damit, dass es sich um ein schwerwiegendes Dienstvergehen handele, das die Kammer trotz zutreffender Würdigung der festgestellten Pflicht­wid­rigkeit zu milde geahndet habe. Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen und das Maß der Schuld des Soldaten erfordern eine gravierende gerichtliche Diszi­pli­n­a­r­maßnahme (Degradierung). Das Dienstvergehen habe erhebliches Gewicht, da der Soldat in soldatischen Kernpflichten versagt habe und es sich bei ihm um einen Zeitsoldaten handele, der sich freiwillig zum Dienst verpflichtet habe und mit seinem Dienstherrn in einem Verhältnis gegenseitiger Treue verbunden sei.

Armee muss ihren Soldaten vertrauen können

Neben der Pflicht zum treuen Dienen komme im militärischen Bereich der Wahrheits­pflicht besondere Bedeutung zu, da eine Armee nicht geführt werden könne, wenn sich die Führung nicht auf die Richtigkeit der abgegebenen dienstlichen Meldungen, Erklärungen und Aussagen verlassen könne. Denn da solche Äußerungen nicht immer überprüft werden können, müssen auf ihrer Grundlage im Frieden und erst recht im Vertei­di­gungsfall unter Umständen Entschlüsse von größter Tragweite gefasst werden.

Täuschender Soldat disqualifiziert sich als Vorgesetzter...

Erfülle ein Soldat diese Erwartungen nicht, sondern täusche er aus eigennützigen Beweggründen vorsätzlich seinen Dienstherrn, um ungerecht­fertigt einen Vorteil zu erlangen, so störe er das dienstliche Vertrau­ens­ver­hältnis nachhaltig und begründe ernsthafte Zweifel an seiner Zuverlässigkeit, Integrität und Treue­be­reit­schaft. Wenn ein Soldat gegenüber Vorgesetzten und Dienststellen der Bundeswehr unwahre Erklärungen abgebe, büße er hierdurch allgemein seine Glaubwürdigkeit ein. Ein Soldat in Vorge­setz­ten­stellung disqualifiziere sich regelmäßig durch ein solches Fehlverhalten als Vorgesetzter.

... und zeigt eine charakterliche Fehleinstellung, die eines Offiziers unwürdig ist

Erschwerend sei zu Lasten des Soldaten zu berücksichtigen, dass er das ihm entge­gen­ge­brachte Vertrauen des Kameraden, der ihm seine Unterlagen zur Verfügung gestellt habe, gröblich missbraucht habe. Denn ein Soldat, der sich durch Vorlage einer abgeschriebenen Hausarbeit über alle Bedenken und Skrupel hinwegsetze, zeige eine charakterliche Fehleinstellung, die gerade eines Offiziers unwürdig sei.

Enttäuschung des Dienstherrn und der Öffentlichkeit

Der Soldat habe sich mit dem Erschleichen von Leistungs­nach­weisen nicht nur hinsichtlich seiner moralischen Integrität sowie dienstlichen Leistungsfähigkeit und -bereitschaft in Misskredit gebracht, sondern auch die Erwartung des Dienstherrn und der Öffentlichkeit an die Wahrung dieser Grundsätze im öffentlichen Dienst und insbesondere in der Bundeswehr enttäuscht. Ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Regeln des Prüfungs­ver­fahrens sei auch in hohem Maße geeignet, das Ansehen der Universität der Bundeswehr, ihres Lehrkörpers sowie ihrer Absolventen ernsthaft zu beeinträchtigen.

Quelle: ra-online, Bundesverwaltungsgericht (vt/we)

der Leitsatz

Ein Offizier der Bundeswehr, der im Rahmen der universitären Diplom­vor­prüfung einen Leistungs­nachweis dadurch erschleicht, dass er dem Prüfungs­aus­schuss keine eigenständig erstellte Hausarbeit, sondern eine nahezu wörtlich überein­stimmende Abschrift (Plagiat) einer thematisch vergleichbaren Arbeit eines Kameraden vorlegt, um auf diese Weise einen Leistungsschein zu erhalten, der Voraussetzung für sein Vordiplom und damit auch für seine Beförderung zum Oberleutnant ist, begeht ein schwer wiegendes Dienstvergehen, das grundsätzlich mit einer gravierenden gerichtlichen Diszi­pli­n­a­r­maßnahme (Degradierung) zu ahnden ist.

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