21.11.2024
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Dokument-Nr. 32771

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Bundesverwaltungsgericht Urteil28.03.2023

Disziplinare Ahndung wiederholter Kernzeit­verletzungen bei ausgeglichenem GleitzeitkontoKeine Entfernung aus dem Beamten­ver­hältnis trotz stetigen Zuspätkommens

Der Dienstherr ist verpflichtet, bei Bekanntwerden wiederholter morgendlicher Verletzungen der Kernarbeitszeit zunächst dem Verhält­nis­mä­ßigkeits­gebot entsprechend durch nieder­schwellige disziplinare Maßnahmen zeitnah auf den Beamten einzuwirken. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Der beklagte Beamte steht als Oberre­gie­rungsrat (Besol­dungs­gruppe A 14 BBesO) im Dienst der klagenden Bundesanstalt für Finanz­dienst­leis­tungs­aufsicht. Im März 2015 erlangte die Klägerin Kenntnis davon, dass der Beklagte in einer Vielzahl von Fällen die Kernarbeitszeit nicht eingehalten hatte, weil er morgens zu spät gekommen war. Daraufhin leitete die Klägerin im November 2015 ein Diszi­pli­na­r­ver­fahren ein.

Aus dem Beamten­ver­hältnis entfernt

Auf die 2018 erhobene Diszi­pli­na­rklage der Klägerin hat das Verwal­tungs­gericht den Beklagten aus dem Beamten­ver­hältnis entfernt, weil er im Zeitraum zwischen 2014 und 2018 an insgesamt 816 Tagen bei bestehender Dienstfähigkeit den Dienst bewusst erst nach Beginn der Kernarbeitszeit angetreten habe; der Umfang seiner Verspätung summiere sich auf 1 614 Stunden. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberver­wal­tungs­gericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein vorsätzliches Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von mehreren Monaten oder ein Fernbleiben für Teile von Arbeitstagen, das in der Summe einen vergleichbaren Gesamtzeitraum erreiche, indiziere die Höchstmaßnahme. Mildernde Umstände, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme geböten, lägen nicht vor.

Disziplinare Höchstmaßnahme nicht gerechtfertigt.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat auf die Revision des Beklagten die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und kraft eigener disziplinarer Maßnah­me­be­messung den Beamten in das Amt eines Regierungsrats (Besol­dungs­gruppe A 13 BBesO) zurückgestuft. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Beamte hat zwar ein schweres Dienstvergehen begangen, weil er über einen langen Zeitraum wiederholt die dienstliche Anordnung zum Beginn der Kernarbeitszeit nicht befolgt hat; der verspätete Dienstantritt war die Regel. Die disziplinare Höchstmaßnahme ist aber nicht gerechtfertigt. Denn die aufaddierte Gesamtzeit der täglichen Verspätungen kann in ihrer Schwere nicht einem monatelangen unerlaubten Fernbleiben vom Dienst gleichgesetzt werden. Mildernd ist bei der Maßnah­me­be­messung zu berücksichtigen, dass der Dienstherr bei zeitlich gestreckten Dienst­pflicht­ver­let­zungen zunächst dem Verhält­nis­mä­ßig­keitsgebot entsprechend mit nieder­schwelligen disziplinaren Maßnahmen auf den Beamten einwirken muss.

Kürzung der Dienstbezüge als milderes Mittel

Im Streitfall wäre in Betracht gekommen, nach dem Bekanntwerden der Kernzeit­verstöße im März 2015 zeitnah mit einer Diszi­pli­na­r­ver­fügung die Dienstbezüge zu kürzen. Allerdings steht diesem Milderungsgrund gegenläufig als besonders belastender Umstand gegenüber, dass der Beamte sein Fehlverhalten auch nach Einleitung des Diszi­pli­na­r­ver­fahrens uneinsichtig und beharrlich fortgesetzt und dabei die Dauer seiner morgendlichen Fehlzeiten in erheblichem Umfang gesteigert hat. Dagegen ist kein mildernder Umstand darin zu sehen, dass die Zeit der morgendlichen Verspätungen durch abendliche Längerarbeit ausgeglichen wurde. Andernfalls läge darin eine Nichterfüllung der Gesamt­a­r­beitszeit, die als weitere vorwerfbare Dienst­pflicht­ver­letzung hinzutreten würde.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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