18.10.2024
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Sie sehen drei Hände erschiedener Hautfarbe vor einer Weltkarte.

Dokument-Nr. 33003

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Bundesverwaltungsgericht Urteil15.06.2023

Rechtmäßigkeit des Betretens von Räumen in Flüchtlings­unter­künftenBetreten von Räumen einer Erst­aufnahme­einrichtung für Flüchtlinge zum Zweck der Überstellung ist keine Untersuchung

Das bloße Betreten des Zimmers einer Erst­aufnahme­einrichtung für Flüchtlinge durch den Polizei­vollzugs­dienst zum Zweck der Überstellung eines ausrei­se­pflichtigen Ausländers ist keine Durchsuchung im Sinne des Art. 13 Abs. 2 GG. Dies hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Die Antragsteller in dem Normen­kon­troll­ver­fahren BVerwG 1 CN 1.22 waren als Asylbewerber nach ihrer Ankunft im Bundesgebiet zunächst in der Landes­er­st­auf­nah­me­ein­richtung (LEA) in Freiburg untergebracht. Sie wenden sich unter anderem gegen Regelungen der damals geltenden Hausordnung über die Durchführung von Zimmer­kon­trollen durch Mitarbeiter des Regie­rungs­prä­sidiums Freiburg und private Dienstleister. Die Antragsteller haben ihre Anträge auch nach Verlassen der LEA aufrecht­er­halten. Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat den Antrag, soweit er sich gegen die Befugnisse zum Betreten und Kontrollieren der Zimmer der Bewohner richtete, für zulässig gehalten und die Unwirksamkeit der entsprechenden Regelungen der Hausordnung festgestellt.

Klage gegen nächtliches Betreten des Zimmers zwecks Überstellung

Der Kläger in dem Verfahren BVerwG 1 C 10.22 wendet sich gegen das Betreten seines Zimmers in der LEA in Ellwangen durch den Polizei­voll­zugs­dienst zur Nachtzeit anlässlich seiner Überstellung nach Italien im Juni 2018. Das Begehren, die Rechts­wid­rigkeit dieser Maßnahme feststellen zu lassen, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat das Betreten des Zimmers als Teil einer spezi­al­ge­setzlich geregelten Maßnahme der Verwal­tungs­voll­streckung ohne vorherige richterliche Durch­su­chungs­a­n­ordnung für zulässig erachtet. Bei dem Betreten habe es sich um keine Durchsuchung gehandelt. Das Landes­ver­wal­tungs­voll­stre­ckungs­gesetz ermächtige zum Betreten des Zimmers durch Polizei­voll­zugs­beamte auch zur Nachtzeit.

BVerwG verneint Rechts­schutz­be­dürfnis und Durchsuchung

Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts hat im Verfahren BVerwG 1 CN 1.22 auf die Revision des beklagten Landes das Urteil des Verwal­tungs­ge­richtshofs geändert und den Normen­kon­trol­lantrag mangels Rechts­schutz­be­dürf­nisses der nicht mehr in der LEA wohnenden Antragsteller als unzulässig abgelehnt. Im Verfahren BVerwG 1 C 10.22 hat der Senat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Bei dem vom Kläger bewohnten Zimmer in der LEA handelte es sich um eine Wohnung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 GG. Zu dem nächtlichen Betreten dieses Zimmers war der Polizei­voll­zugs­dienst nach § 6 des Landes­ver­wal­tungs­voll­stre­ckungs­ge­setzes befugt. Da es nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz über das bloße Betreten des Zimmers hinaus zu keiner Durch­su­chungs­handlung im Sinne eines ziel- und zweck­ge­richteten Suchens nach etwas Verborgenem kam, bedurfte die Maßnahme keiner vorherigen richterlichen Durch­su­chungs­a­n­ordnung (Art. 13 Abs. 2 GG). Das Betreten des Zimmers war des Weiteren zur Verhütung einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nach Art. 13 Abs. 7 GG erforderlich, weil es galt, den vollziehbar ausrei­se­pflichtigen Kläger noch am selben Tag nach Italien zu überstellen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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