18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 32658

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Bundesverwaltungsgericht Urteil16.02.2023

Voraussetzungen der Auswertung digitaler Datenträger durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im AsylverfahrenHandydaten­auswertung zur Identitäts­ermittlung von Asylan­trags­steller oftmals rechtswidrig

Die bei Fehlen von Pässen oder Passer­satz­pa­pieren regelmäßig erfolgende Auswertung digitaler Datenträger (u.a. Mobiltelefone) durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) bei der Registrierung von Asylan­trag­stellern ist ohne hinreichende Berück­sich­tigung sonstiger vorliegender Erkenntnisse und Dokumente nicht rechtmäßig. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Die Klägerin, ihren Angaben zufolge eine afghanische Staats­an­ge­hörige, reiste 2019 ins Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag, ohne einen gültigen Pass oder Passersatz vorzulegen. Zum Identi­täts­nachweis reichte sie u.a. eine von afghanischen Behörden ausgestellte sogenannte Tazkira (Ausweisdokument ohne biometrische Daten) und eine Heiratsurkunde ein. Das Bundesamt forderte die Klägerin auf, ihr Mobiltelefon herauszugeben sowie dessen Zugangsdaten mitzuteilen. Dem kam die Klägerin nach. Nach kurzfristiger Auslesung und Daten­spei­cherung erhielt sie das Mobiltelefon zurück.

VG: Anordnung der Herausgabe der Handydaten rechtswidrig

Auf ihre Klage hat das Verwal­tungs­gericht festgestellt, dass die Anordnung gegenüber der Klägerin, die Zugangsdaten für ihr Mobiltelefon zur Verfügung zu stellen, rechtswidrig und das Bundesamt nicht berechtigt gewesen sei, die Daten der Klägerin von ihrem Mobiltelefon auszulesen, mittels Software auszuwerten, den aus der Auswertung generierten Ergebnisreport für das Asylverfahren freizugeben und der Entscheidung über den Asylantrag zugrunde zu legen. Die sonst vorliegenden Erkenntnisse und Dokumente hätten gegenüber der Datenauswertung ein milderes Mittel zur Identi­täts­fest­stellung dargestellt.

Mildere Mittel zur Identi­täts­prüfung vorrangig

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts bestätigt und die dagegen gerichtete Revision des Bundesamtes zurückgewiesen. Die Auswertung digitaler Datenträger zur Ermittlung von Identität und Staats­an­ge­hö­rigkeit eines Ausländers ist erst zulässig, wenn der Zweck der Maßnahme, bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Anordnung, nicht durch mildere Mittel erreicht werden kann (§ 15 a Abs. 1 Satz 1 AsylG). Im Fall der Klägerin standen nach den bindenden Feststellungen des Verwal­tungs­ge­richts mildere und damit vom Bundesamt vorrangig heranzuziehende Mittel - hier: Tazkira, Heiratsurkunde, Regis­ter­ab­gleiche und Nachfrage beim Sprachmittler zu sprachlichen Auffälligkeiten - zur Gewinnung weiterer Indizien zur Feststellung der Identität und Staats­an­ge­hö­rigkeit zur Verfügung. Damit erweist sich die an die Klägerin gerichtete Aufforderung, ihre Zugangsdaten für die Auswertung ihres Mobiltelefons mitzuteilen, als unver­hält­nismäßig und deshalb rechtswidrig. Entsprechendes gilt für die Auswertung des Datenträgers.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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