21.11.2024
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Dokument-Nr. 10462

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Urteil26.10.2010Bundesverwaltungsgericht1 C 16.09
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Berlin, Urteil29.03.2007, VG 7 V 66.06
  • Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil21.04.2009, OVG 3 B 8.07
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil26.10.2010

BVerwG zu den Voraussetzungen einer Visumserteilung zur Kinderadoption in DeutschlandVollständige Durchführung eines internationalen Adopti­o­ns­ver­mitt­lungs­ver­fahrens zum Schutz des Kindeswohls erforderlich

Ein Visum zum Zweck der Adoption eines Kindes aus dem Ausland darf grundsätzlich nur dann erteilt werden, wenn zuvor ein Verfahren der internationalen Adopti­o­ns­ver­mittlung erfolgreich durchgeführt wurde. Dies hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht Leipzig entschieden.

Kläger in dem Verfahren waren ein inzwischen 12-jähriger Marokkaner, der in einem Waisenhaus in Casablanca lebt, sowie eine 48-jährige Deutsche marokkanischer Herkunft, die in München lebt und den Jungen in Deutschland adoptieren will. Die Klägerin hat den Jungen vor Jahren in Marokko kennengelernt, ihn regelmäßig besucht und von einem marokkanischen Gericht die Erlaubnis erhalten, den Jungen in Pflege zu nehmen (sog. Kafala) und mit ihm nach Deutschland auszureisen. Eine Adoption des Jungen in Marokko war und ist nicht möglich, weil das dortige Rechtssystem das Institut der Adoption nicht vorsieht. Den Antrag der Kläger, dem Jungen ein Visum zur Durchführung eines Adopti­o­ns­ver­fahrens in Deutschland zu erteilen, lehnte die deutsche Botschaft in Marokko ab.

Entscheidung im Berufungs­ver­fahren

Im Berufungs­ver­fahren verpflichtete das Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg die Botschaft, über den Visumsantrag erneut zu entscheiden. Die Botschaft dürfe dabei die Erfolgs­aus­sichten der angestrebten Adoption berücksichtigen. Maßgebend seinen die Regelungen des Adopti­o­ns­ver­mitt­lungs­ge­setzes. Die für die Klägerin örtlich zuständige Adopti­o­ns­ver­mitt­lungs­stelle, das Stadtjugendamt in München, sei verpflichtet, auf Antrag die allgemeine Elterneignung der Klägerin zu prüfen. Die Weigerung des Jungesamtes, diese Prüfung vorzunehmen, sei rechtswidrig und müsse ggf. im Klagewege überwunden werden. Erst wenn feststehe, dass die Klägerin auf diesem Weg keinen Eignungs­nachweis erbringen könne, sei die Botschaft berechtigt, im Rahmen ihrer Ermes­sungs­ent­scheidung die Erfolgs­aus­sichten der Adoption außer Betracht zu lassen.

Bundes­ver­wal­tungs­gericht hebt Entscheidung auf

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Entscheidung des Berufungs­ge­richts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Berufungs­gericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Erteilung des beantragten Visums nach § 7 Abs. 1 Satz 3 des Aufent­halts­ge­setzes richtet. Danach kann "in begründeten Fällen" eine Aufent­halt­s­er­laubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufent­haltszweck erteilt werden. Es trifft auch zu, dass bei einer internationalen Adoption wie der hier beabsichtigten die Voraussetzungen des Adopti­o­ns­ver­mitt­lungs­ge­setzes zu beachten sind. Die Einschätzung des Berufungs­ge­richts, dass im Rahmen des Visums­ver­fahrens lediglich die Frage der Elterneignung von Bedeutung sei. geht aber fehl.

Überprüfung der Eignung der Adopti­o­ns­be­werber ist ausschließlich Sache der gesetzlich vorgesehenen Vermitt­lungs­stellen, nicht der Auslän­der­be­hörden

Nach Auffassung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts liegt ein begründeter Fall im Sinne des § 7 AufenthG grundsätzlich nur dann vor, wenn ein internationales Adopti­o­ns­ver­mitt­lungs­ver­fahren vollständig durchgeführt worden ist und mit einer positiven Empfehlung der zuständigen Adopti­o­ns­ver­mitt­lungs­stelle geendet hat. Es ist ausschließlich Sache der gesetzlich vorgesehenen Vermitt­lungs­stellen - und nicht der Auslän­der­behörde -, die sachdienlichen Ermittlungen bei den Adopti­o­ns­be­werbern , bei dem Kind und ggf. dessen Familie durchzuführen und dabei zu prüfen und zu bewerten, ob die Adopti­o­ns­be­werber unter Berücksichtung der Persönlichkeit des Kindes und dessen individueller Bedürfnisse für die Annahme des Kindes geeignet sind. Da dieses Verfahren der Sicherung des Kindeswohls dient, kommt eine Visumserteilung grundsätzlich auch dann nicht in Betracht, wenn ein internationales Adopti­o­ns­ver­mitt­lungs­ver­fahren nicht durchgeführt werden kann, weil es im Heimatstaat des Kindes an einer entsprechenden Adopti­o­ns­ver­mitt­lungs­stelle fehlt. Da das internationale Adopti­o­ns­ver­mitt­lungs­ver­fahren im vorliegenden Fall nicht durchgeführt worden ist, liegen bereits die Voraussetzungen für eine Ermes­sen­s­ent­scheidung der deutschen Auslands­ver­tretung über den Visumsantrag nicht vor. Deshalb kam eine Visumserteilung hier nicht in Betracht.

Haager Kinder­schutz­über­ein­kommen tritt 2011 in Kraft

Unabhängig davon hat der Senat darauf hingewiesen, dass das Haager Kinder­schutz­über­ein­kommen für Deutschland im Januar 2011 in Kraft tritt. Damit und mit den entsprechenden Anpassungen des deutschen Rechts wird es dann ein zwischen­staat­liches Verfahren geben, das speziell auf die Inpflegenahme von Kindern auf Grundlage der Kafala zugeschnitten ist.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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