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Dokument-Nr. 35541

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Beschluss08.09.2025Bundesverfassungsgericht2 BvR 1760/22
Vorinstanzen:
  • Landgericht Passau, Urteil02.07.2021, 1 O 220/21
  • Oberlandesgericht München, Beschluss25.08.2022, 8 U 5204/21
ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Beschluss08.09.2025

Bundes­ver­fas­sungs­gericht bestätigt Verletzung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz in einem DieselverfahrenErfolgreiche Verfas­sungs­be­schwerde gegen Zurückweisung einer Berufung in einem sogenannten Dieselverfahren

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat einer Verfas­sungs­be­schwerde stattgegeben, die sich gegen die Zurückweisung einer Berufung im Beschlusswege nach § 522 Abs. 2 Zivil­pro­zess­ordnung (ZPO) in einem Fall des sogenannten Diesel-Abgasskandals richtet.

Das Oberlan­des­gericht München ging in der angegriffenen Entscheidung davon aus, dass die entschei­dungs­er­heb­lichen Rechtsfragen geklärt seien und die Sache somit keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO habe. Es hat hierbei jedoch nicht hinreichend beachtet, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die Rechtsfrage, ob die europa­recht­lichen Zulas­sungs­re­ge­lungen für Fahrzeuge „Schutzgesetze“ im Sinne des § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellen, erneut klärungs­be­dürftig war. Die Voraussetzungen für eine grundsätzliche Bedeutung der Sache waren somit erfüllt. Die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts verletzt daher das Gebot effektiven Rechtsschutzes.

Die Kammer hat die Entscheidung aufgehoben und an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen.

Sachverhalt

Der Beschwer­de­führer verlangte im Wege des Schaden­s­er­satzes Rückzahlung des Kaufpreises für ein Dieselfahrzeug, da dieses mit einer verbotenen Abschalt­ein­richtung ausgestattet sei. Nachdem das Landgericht seine Klage abgewiesen hatte – unter anderem, weil nach Ansicht des Landgerichts die Regelungen der EG-Fahrzeug­ge­neh­mi­gungs­ver­ordnung keinen Indivi­du­al­schutz verfolgten –, legte er Berufung ein.

Nach der Berufungs­ein­legung wurde in einem bei dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) anhängigen Vorab­ent­schei­dungs­ver­fahren in den Schlussanträgen – vereinfacht dargestellt – vorgeschlagen, europa­rechtliche Regelungen zur Zulassung von Fahrzeugen dahin auszulegen, dass sie die Interessen eines individuellen Erwerbers eines Kraftfahrzeugs schützen, insbesondere das Interesse, kein Fahrzeug zu erwerben, das mit einer unzulässigen Abschalt­ein­richtung ausgestattet ist. Der Bundes­ge­richtshof veröffentlichte hiernach eine Presse­mit­teilung zu einem bei ihm geplanten Verhand­lungs­termin, in der er auf dieses Vorab­ent­schei­dungs­ver­fahren Bezug nahm. Er führte aus, dass sich aus der noch zu ergehenden Entscheidung des EuGH (Az. C-100/21) möglicherweise Folgerungen für das deutsche Haftungsrecht ergeben könnten, die in der mündlichen Verhandlung erörtert werden sollten. Auf diese Weise sollten den mit Dieselverfahren befassten Fachgerichten höchst­rich­terliche Leitlinien an die Hand gegeben werden.

Noch vor der Verhandlung des Bundes­ge­richtshofs wies das Oberlan­des­gericht die Berufung des Beschwer­de­führers im Beschlusswege nach § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurück. Zur Begründung führte es unter anderem aus, ein auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteter Schaden­s­er­satz­an­spruch wegen der Verletzung von Zulas­sungs­re­ge­lungen komme nicht in Betracht. Der Bundes­ge­richtshof gehe in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Rechtslage in Hinblick auf die europa­recht­lichen Regelungen von vornherein eindeutig sei („acte clair“). Hieran änderten weder die Schlussanträge im Vorab­ent­schei­dungs­ver­fahren noch die Presse­mit­teilung des Bundes­ge­richtshofs etwas.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beschwer­de­führer und rügt eine Verletzung seines Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG).

Wesentliche Erwägungen der Kammer

I. Die Verfas­sungs­be­schwerde ist zulässig und begründet.

Der angegriffene Beschluss verletzt den Beschwer­de­führer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz. Die Annahme des Oberlan­des­ge­richts, die Sache hätte keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO, ist aus Sachgründen nicht zu rechtfertigen.

1. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts waren die Voraussetzungen für eine grundsätzliche Bedeutung der Sache erfüllt. Insbesondere war zu diesem Zeitpunkt erneut klärungs­be­dürftig geworden, ob die Zulas­sungs­re­ge­lungen „Schutzgesetze“ im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellen. Spätestens durch die Veröf­fent­lichung der Presse­mit­teilung des Bundes­ge­richtshofs lagen zureichende Anhaltspunkte dafür vor, dass wieder Zweifel über die Beantwortung der entschei­dungs­er­heb­lichen Rechtsfrage bestanden und die Sache somit grundsätzliche Bedeutung hatte. Die Presse­mit­teilung schilderte einen dem Ausgangs­ver­fahren vergleichbaren Sachverhalt und wies auf mögliche Konsequenzen einer Entscheidung des EuGH für das nationale Haftungsrecht hin. Zugleich wies die Presse­mit­teilung auf die Absicht des Bundes­ge­richtshofs hin, den mit den Dieselverfahren befassten Fachgerichten höchst­rich­terliche Leitlinien an die Hand geben zu wollen. Nach dem Inhalt der unmiss­ver­ständlich formulierten Presse­mit­teilung musste sich den Fachgerichten daher aufdrängen, dass der Bundes­ge­richtshof die einschlägige Rechtslage in der ausstehenden Entscheidung anders beurteilen könnte.

2. Die Ausführungen des Oberlan­des­ge­richts, der Presse­mit­teilung habe nicht entnommen werden können, dass der Bundes­ge­richtshof nunmehr davon ausginge, es läge kein „acte clair“ vor, stehen in einem unauflösbaren Widerspruch zu dem vom Bundes­ge­richtshof in seiner Presse­mit­teilung klar zum Ausdruck gebrachten Anliegen, sich angesichts der anstehenden Entscheidung des EuGH mit den dann aufgeworfenen Rechtsfragen erneut grundlegend befassen zu wollen.

II. Der Beschluss war aufzuheben und die Sache an das Oberlan­des­gericht zurück­zu­ver­weisen.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/pt)

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