04.12.2024
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Dokument-Nr. 8534

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Bundesverfassungsgericht Beschluss31.08.2009

Versagung der Bestimmung als "Zollflugplatz" stellt Eingriff in die Berufs­aus­übungs­freiheit darSteit um Flughafen Lahr um Anerkennung als Zollflugplatz

Die Entscheidung über die Bestimmung eines Flughafens zum Zollflugplatz stellt eine jedenfalls eingriffs­gleiche Regelung der Berufsausübung der Beschwer­de­führerin dar, denn sie verändert die Rahmen­be­din­gungen des Flugha­fen­be­triebs und weist eine berufsregelnde Tendenz auf. Die Qualifikation eines Flughafens als Zollflugplatz führt nicht allein zu günstigen tatsächlichen Rahmen­be­din­gungen für den Betreiber, sondern hat darüber hinaus Art und Umfang des rechtlich zulässigen Flugha­fen­be­triebs zum Gegenstand. Dies hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschieden.

Die Beschwer­de­führerin beantragte, den von ihr betriebenen Flughafen Lahr in die Liste der Zollflugplätze nach § 2 Abs. 2 des Zollver­wal­tungs­ge­setzes aufzunehmen. Diesen Antrag lehnte das Bundes­mi­nis­terium der Finanzen ab. Die nach erfolglosem Einspruchs­ver­fahren erhobene Klage hatte vor dem Finanzgericht zwar Erfolg, diese Entscheidung wurde aber auf Revision des Bundes­mi­nis­teriums der Finanzen vom Bundesfinanzhof aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Bundes­ver­fas­sungs­gericht hebt Entscheidung des Bundes­fi­nanzhofs auf

Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hat der Verfas­sungs­be­schwerde der Beschwer­de­führerin, die die Verletzung ihrer von Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit rügt, stattgegeben, die Entscheidung des Bundes­fi­nanzhofs aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Gericht zurückverwiesen. Der Bundesfinanzhof hat die Beschränkung der Berufs­aus­übungs­freiheit der Beschwer­de­führerin durch die Ablehnung der Bestimmung als Zollflugplatz bei seiner Entscheidung völlig ausgeblendet und die erforderliche Auslegung und Anwendung der einschlägigen zollrechtlichen Bestimmungen im Licht des Art. 12 Abs. 1 GG nicht vorgenommen.

Eingriffs­gleiche Regelung der Berufsausübung

Die Entscheidung über die Bestimmung eines Flughafens zum Zollflugplatz stellt eine jedenfalls eingriffs­gleiche Regelung der Berufsausübung der Beschwer­de­führerin dar, denn sie verändert die Rahmen­be­din­gungen des Flugha­fen­be­triebs und weist eine berufsregelnde Tendenz auf. Die Qualifikation eines Flughafens als Zollflugplatz führt nicht allein zu günstigen tatsächlichen Rahmen­be­din­gungen für den Betreiber, sondern hat darüber hinaus Art und Umfang des rechtlich zulässigen Flugha­fen­be­triebs zum Gegenstand. Sie ist rechtliche Voraussetzung dafür, dass außer­eu­ro­pä­ischer Frachtverkehr regelmäßig auf dem jeweiligen Flughafen abgewickelt werden kann. Die Zulassung als Zollflugplatz eröffnet dem begünstigten Flugha­fen­be­treiber mithin erweiterte rechtliche Handlungs­mög­lich­keiten.

Ist das Zollver­wal­tungs­gesetz verfas­sungsgemäß?

Die von der Verfas­sungs­be­schwerde in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage, ob die normativen Grundlagen im Zollver­wal­tungs­gesetz und in der Zollverordnung den verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen genügen, die das Grundgesetz an eine Einschränkung der Berufs­aus­übungs­freiheit stellt, wurde bisher vom Bundesfinanzhof noch nicht geklärt. Ob die einschlägigen zollrechtlichen Bestimmungen, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen Normen­be­stimmtheit, mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sind, hängt zunächst von ihrer einfach­recht­lichen - wenn auch von dem Grundrecht der Berufsfreiheit geleiteten - Interpretation ab, die in der bisherigen Entscheidung noch nicht geleistet wurde.

Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit

Grundsätzlich bedürfen Eingriffe in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Regelung. Allerdings können Beschränkungen der Berufsfreiheit auch durch richterliche Auslegung eines bestehenden Gesetzes hinreichende Konturen erhalten. Selbst das Fehlen einer ausdrücklichen und bestimmten normativen Regelung bedeutet noch nicht, dass eine die Berufsausübung einschränkende Gericht­s­ent­scheidung den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG widersprechen müsste. Auch aus einer Gesamtregelung kann sich unter Berück­sich­tigung ihrer Auslegung in Rechtsprechung und Schrifttum eine hinreichend erkennbare und bestimmte, den Anforderungen des Geset­zes­vor­behalts genügende Regelung der Berufsausübung ergeben. Anhand dieser verfas­sungs­recht­lichen Vorgaben wird der Bundesfinanzhof das Begehren der Beschwer­de­führerin unter Berück­sich­tigung der genannten Maßstäbe erneut zu prüfen haben.

Bundes­ver­fas­sungs­gericht weist Sache an den Bundesfinanzhof zurück

Da sich gegenwärtig nicht feststellen lässt, dass eine tragfähige normative Grundlage für die vom Bundes­mi­nis­terium der Finanzen getroffene Entscheidung nicht existiert und eine für die Beschwer­de­führerin günstige Entscheidung zumindest nicht ausgeschlossen ist, war die Sache an den Bundesfinanzhof zurück­zu­ver­weisen. Bei einer erneuten Entscheidung wird dieser auch zu berücksichtigen haben, dass die Maßnahme lediglich mittelbar in die Berufsausübung des Flugplatz­be­treibers eingreift und so dem Gesetzgeber - auch im Hinblick auf die erforderliche Dichte des gesetzlichen Regelungs­pro­gramms - bei der Ausgestaltung der normativen Vorgaben ein erheblicher Spielraum zukommt. Hierbei ist es ihm auch nicht verwehrt, struk­tur­po­li­tische Folgen etwa für die Raumordnung mit in den Blick zu nehmen. Hinsichtlich der spezifischen Belange der Beschwer­de­führerin wird in den Blick zu nehmen sein, dass ein nachhaltiger konkreter Bedarf für die Abwicklung von Frachtverkehr mit Drittländern bisher noch nicht zu Tage getreten ist, sich angesichts der rechtlichen Einschränkungen aber auch nicht ohne weiteres entfalten konnte.

Quelle: ra-online, Bundesverfassungsgericht

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