18.10.2024
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Sie sehen einen Teil der Glaskuppel und einen Turm des Reichstagsgebäudes in Berlin.

Dokument-Nr. 15772

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Beschluss18.03.2008Bundesverfassungsgericht1 BvR 282/01
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AfP 2008, 497Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht (AfP), Jahrgang: 2008, Seite: 497
  • NJW-RR 2008, 1069Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2008, Seite: 1069
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Bundesverfassungsgericht Beschluss18.03.2008

BVerfG: Einschränkung der Bildbericht­erstattung über eine Gerichts­ver­handlung aufgrund einer Pool-Lösung verfas­sungsgemäßKeine Verletzung des Grundrechts auf Pressefreiheit und keine Ungleich­be­handlung

Beschränkt das Gericht die Bildbericht­erstattung über eine Gerichts­ver­handlung durch eine sogenannte Pool-Lösung, so liegt darin keine Verletzung des Grundrechts auf Pressefreiheit. Ebenso liegt keine Ungleich­be­handlung vor. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­verfassungs­gerichts hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall erhielt ein freier Journalist einen Presseplatz zu einer Straf­ver­handlung. Während des Prozesses wurde bekannt, dass der damalige Außenminister Joschka Fischer als Zeuge vernommen werden sollte. Aufgrund des dadurch entstandenen verstärkten Medien­in­teresses, ordnete das Gericht für diesen Verhandlungstag eine Pool-Lösung an. Diese sah vor, als Poolführer für Fotoaufnahmen drei führende Nachrich­te­n­agenturen einzusetzen. Nur diesen war es gestattet, im Gerichtssaal und im Gerichtsgebäude Fotoaufnahmen zu machen. Zugleich vereinbarte das Gericht mit den Poolführern, dass sie jedem interessierten Medien­un­ter­nehmen kostenlos oder gegen Kosten­be­tei­ligung ihre aufgenommenen Bilder zur Verfügung stellen. Erforderlich war jedoch, dass sich der Interessierte selbst für eine Mitgliedschaft im Pool bemühen musste. Zudem musste derjenige, der die Bilder weiterveräußern wollte, den Poolführer an dem Honorar in angemessener Weise beteiligen. Der Journalist wurde schließlich am besagten Verhandlungstag nur als Zuhörer zugelassen. Fotos durfte er nicht aufnehmen. Er sah darin eine Verletzung des Grundrechts auf Pressefreiheit und eine Ungleich­be­handlung. Er legte daher Verfas­sungs­be­schwerde gegen die Anordnung ein.

Keine Verletzung des Grundrechts auf Pressefreiheit

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied gegen den Journalisten. Die Anordnung der Pool-Lösung habe nicht das Grundrecht auf Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) verletzt. Das Gericht habe angesichts des zu erwartenden großen Andrangs von Medien­ver­tretern die Bildberichterstattung durch die sitzungs­po­li­zeiliche Anordnung nach § 176 GVG einschränken dürfen. Denn die Anwesenheit von Bildbe­rich­t­er­stattern könne wesentlich stärker den Ablauf der Verhandlung stören als die Anwesenheit von Wortbe­rich­t­er­stattern. Die Anordnung einer Pool-Lösung sei gegenüber dem vollständigen Ausschluss der Bildbe­rich­t­er­stattung ein grundsätzlich geeignetes und milderes Mittel, um einer Störung der Verhandlung entge­gen­zu­wirken. Das Gericht müsse nur sicherstellen, dass jeder an der Berich­t­er­stattung interessierte Journalist, die von den Poolführern aufgenommenen Bilder, kostenlos oder gegen Kosten­be­tei­ligung zur Verfügung stehen. Dies sei hier der Fall gewesen. Darüber hinaus sei nicht zu beanstanden gewesen, dass das Gericht wegen des besonderen Medienandrangs, die ursprünglich nach zeitlicher Priorität vorgesehene Platzvergabe, nachträglich auf eine Pool-Regelung umstellte.

Ungleich­be­handlung lag nicht vor

Des Weiteren habe nach Auffassung der Verfas­sungs­richter aufgrund der Pool-Lösung keine Ungleich­be­handlung (Art. 3 Abs. 1 GG) vorgelegen. Durch die Vereinbarung, dass allen interessierten Medien­ver­tretern kostenlos oder gegen Kosten­be­tei­ligung das Bildmaterial zur Verfügung gestellt werden sollte, habe ein diskri­mi­nie­rungs­freier Zugang vorgelegen. Nicht zu beanstanden sei dabei gewesen, dass der interessierte Medienvertreter zumindest selbst ernsthaft versuchen sollte, eine Mitgliedschaft im Pool zu erhalten und den Poolführer im Falle einer entgeltlichen Weiter­ver­äu­ßerung der Bilder an dem Honorar in angemessener Weise teilhaben zu lassen.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)

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