20.01.2025
Urteile, erschienen im Dezember 2024
  Mo Di Mi Do Fr Sa So
48       1
49 2345678
50 9101112131415
51 16171819202122
52 23242526272829
1 3031     
Urteile, erschienen im Januar 2025
  Mo Di Mi Do Fr Sa So
1   12345
2 6789101112
3 13141516171819
4 20212223242526
5 2728293031  
Unser Newsletter wird demnächst umgestellt...

Als Nachfolger des erfolgreichen Portals kostenlose-urteile.de werden wir demnächst auch dessen Newsletter übernehmen und unter dem Namen urteile.news weiter betreiben.

Solange können Sie sich noch über kostenlose-urteile.de bei unserem Newsletter anmelden. Er enthält trotz des Namens kostenlose-urteile.de alle neuen Urteilsmeldungen von urteile.news und verweist auch dahin.

Wir bitten für die Unannehmlichkeiten um ihr Verständnis.

> Anmeldung und weitere Informationen
20.01.2025  
Sie sehen das Schild des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Dokument-Nr. 7010

Drucken
ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Beschluss04.11.2008

Keine Zurückweisung bei umstrittenen, höchst­rich­terlich nicht geklärten RechtsfragenFachgerichte dürfen Rechtsweg nicht verkürzen

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG begründet zwar keinen Anspruch auf eine weitere Instanz, sieht die entsprechende Prozessordnung aber ein Rechtsmittel vor, so darf der Zugang zu dieser Instanz nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu recht­fer­ti­gender Weise erschwert werden. Dies entschied das Bundes­ver­fas­sungs­gericht.

Im Mai 2004 leitete die Staats­an­walt­schaft gegen den Beschwer­de­führer, der Geschäftsführer zweier Hafenbetriebe sowie Leiter eines landeseigenen Betriebes war, ein Ermitt­lungs­ver­fahren ein. Ihm wurde vorgeworfen, verschiedene Auftragnehmer der Hafenbetriebe veranlasst zu haben, Leistungen an ihn und seine Ehefrau zu erbringen und diese gegenüber den Hafenbetrieben abzurechnen sowie an der Erstellung überhöhter Abrechnungen und deren Begleichung mitgewirkt zu haben.

Fristlose Kündigung aufgrund des Ermitt­lungs­ver­fahren

Am 30. November 2004 erhielt er ein Schreiben, in dem er von seinen Aufgaben als Geschäftsführer und Betriebsleiter mit sofortiger Wirkung entbunden wurde. Gleichzeitig wurde ihm Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen. Vom 1. Dezember 2004 bis zum 13. Dezember 2005 saß er aufgrund der gegen ihn erhobenen Vorwürfe in Unter­su­chungshaft. Am 7. Dezember 2004 erhielt der Beschwer­de­führer aufgrund des Ermitt­lungs­ver­fahrens und der dort erhobenen Vorwürfe die fristlose Kündigung seiner Dienstverträge und wurde als Geschäftsführer abberufen. Die dagegen vom Beschwer­de­führer erhobene Klage war beim Landgericht erfolglos. Der Beschwer­de­führer legte Berufung ein. Das Oberlan­des­gericht wies zunächst daraufhin, dass nach Abwägung der Umstände die Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung der Dienstverträge mit dem Beschwer­de­führer in Form einer Verdachts­kün­digung gemäß § 626 BGB berechtigt gewesen seien. Die vorherige Anhörung des Beschwer­de­führers sei entbehrlich gewesen, weil aufgrund der Unter­su­chungshaft ein manifestierter Tatverdacht zum Nachteil seines Arbeitgebers bestanden habe. Anschließend wies das Oberlan­des­gericht die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurück.

Verfas­sungs­be­schwerde erfolgreich

Die Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hob diese Entscheidung auf und verwies sie zur erneuten Entscheidung an das Oberlan­des­gericht mit der Begründung zurück, dass die Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO den Rechtsweg des Beschwer­de­führers unzulässig verkürzt und ihn dadurch in seinem Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt habe. Die Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 kommt dann nicht in Betracht, wenn dem Beschluss eine umstrittene und höchst­rich­terlich nicht geklärte reversible Rechtsfrage zugrunde gelegt wird. In einem solchen Fall hätte das Gericht durch Urteil unter Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO entscheiden müssen.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG begründet zwar keinen Anspruch auf eine weitere Instanz, sieht die entsprechende Prozessordnung aber ein Rechtsmittel vor, so darf der Zugang zu dieser Instanz nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu recht­fer­ti­gender Weise erschwert werden. Der Zurück­wei­sungs­be­schluss des Berufungs­ge­richts ist gemäß § 522 Abs. 3 ZPO nicht anfechtbar und versperrt damit den Weg zur Revision.

Keine Zurückweisung bei klärungs­be­dürftiger und klärungsfähiger Rechtsfrage

Eine Zurückweisung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO kommt dann nicht in Betracht, wenn es sich um eine klärungs­be­dürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handelt, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Das setzt die Revisibilität des anzuwendenden Rechts nach § 545 Abs. 1 ZPO voraus. Die hier vom Oberlan­des­gericht aufgeworfene Rechtsfrage, ob ausnahmsweise dann von einer Anhörung abgesehen werden kann, wenn ein Haftbefehl erlassen worden ist und der Beschuldigte im Strafverfahren die ihm zur Last gelegte Straftat zum Nachteil des Dienstherrn bestreitet, ist eine solche klärungs­be­dürftige und klärungsfähige Rechtsfrage, die sich in einer Vielzahl von Fällen stellen kann. Sie betrifft die Auslegung des § 626 Abs. 1 BGB. Dabei handelt es sich um Bundesrecht, also um revisibles Recht im Sinne des § 545 Abs. 1 ZPO, bei der das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ist. Die der Zurückweisung zugrun­de­liegende Rechtsfrage ist umstritten und höchst­rich­terlich nicht hinreichend geklärt. So haben sich bisher weder das Bundes­a­r­beits­gericht noch der Bundes­ge­richtshof mit dieser Frage befasst, noch ist die Rechtsprechung der übrigen Gerichte von einer einheitlichen Rechts­auf­fassung geprägt. Das Oberlan­des­gericht hat die Zurückweisung eindeutig allein auf diese Rechts­auf­fassung gestützt und weder darauf abgehoben, dass eine Anhörung wegen besonderer Umstände des Einzelfalls entbehrlich sei und es deshalb auf die grundsätzliche Frage der Notwendigkeit einer Anhörung nach Erlass eines Haftbefehls nicht ankomme, noch darauf, dass eine ordnungsgemäße Anhörung stattgefunden habe.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 94/08 des BVerfG vom 18.11.2008

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss7010

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI