22.11.2024
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Dokument-Nr. 30573

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Bundesverfassungsgericht Beschluss01.06.2021

Erfolglose Verfassungs­beschwerde gegen Plan­feststellungs­beschluss für die Erweiterung eines Verkehrs­flug­hafensBeschwerde mangels Vorlage erforderlicher Unterlagen nicht zur Entscheidung angenommen

Das Bundes­verfassungs­gericht hat eine Verfassungs­beschwerde einer anerkannten Umwelt- und Natur­schutz­vereinigung nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen den Plan­feststellungs­beschluss für die Erweiterung des Verkehrs­flug­hafens München durch Anlage und Betrieb einer dritten Start- und Landebahn sowie gegen die dazu ergangenen gerichtlichen Entscheidungen richtete.

Der Beschwer­de­führer im Verfahren ist eine anerkannte Umwelt­ver­ei­nigung und in Bayern anerkannte Natur­schutz­ver­ei­nigung sowie Eigentümer durch das Vorhaben unmittelbar in Anspruch genommener Grundstücke. Die Einwendungen des Beschwer­de­führers richten sich unter anderem gegen das dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrun­de­liegende Luftver­kehr­s­pro­gno­se­gut­achten sowie dessen gerichtliche Kontrolle. Der Beschwer­de­führer macht insbesondere geltend, der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof verletze die Rechtsschutz- und Eigen­tums­ga­rantie aus Art. 14 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

Beschwer­de­führer: Keine Kontrolle wegen fehlender Transparenz und Nachvoll­zieh­barkeit der Progno­se­grundlagen möglich

Der Verwal­tungs­ge­richtshof habe die gerichtliche Kontrolle der Luftver­kehr­s­prognose in der Sache nicht den verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen entsprechend durchgeführt. Er habe nämlich den Prüfungsumfang bezüglich der Progno­se­me­thodik eingeschränkt, obwohl die Frage, ob eine Prognose einwandfrei zustande gekommen sei, der vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterliege. Der Methode der Luftver­kehr­s­prognose fehle es hier an Transparenz und Nachvoll­zieh­barkeit. Die der Prognose zugrun­de­liegende, sogenannte Quelle-Ziel-Matrix sowie bestimmte Datengrundlagen, wie Fluggast­be­fra­gungen, seien unter Berufung auf Betriebs- beziehungsweise Geschäfts­ge­heimnisse nicht offen gelegt worden. Die Prognose habe daher weder durch die Behörde oder deren Quali­täts­si­cherer noch durch den Beschwer­de­führer oder die Gerichte überprüft werden können. Außerdem habe der Verwal­tungs­ge­richtshof für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Planfest­stel­lungs­be­schlusses auf den Tag der Behör­den­ent­scheidung als entschei­dungs­er­heb­lichen Zeitpunkt abgestellt, obwohl die Planrecht­fer­tigung danach ? aber noch während des gerichtlichen Verfahrens ? entfallen sei, weil die Erwartungen der Luftver­kehr­s­prognose tatsächlich nicht eingetreten seien.

BVerfG: Mögliche Verletzung der Grundrechte nicht hinreichend dargelegt

Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Möglichkeit einer Verletzung der Rechtsschutz- und Eigen­tums­ga­rantie aus Art. 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 3 GG wegen einer unzureichenden Kontrolle der Grundlagen der Luftver­kehr­s­prognose ist nicht hinreichend dargelegt. Der Beschwer­de­führer hat es versäumt, alle Schriftstücke, deren Kenntnis für eine Beurteilung der Berechtigung der geltend gemachten Rüge erforderlich ist, mit der Verfas­sungs­be­schwerde vorzulegen oder zumindest ihrem wesentlichen Inhalt nach wiederzugeben. Die fehlenden Unterlagen wären hier erforderlich gewesen, um beurteilen zu können, ob die Kenntnis der nicht öffentlich zugänglichen Datengrundlagen unter Berück­sich­tigung ihres Umfangs und ihrer Bedeutung für die volle gerichtliche Nachprüfung der Tatsa­chen­grundlagen und der Geeignetheit der Methode der beanstandeten Prognose unentbehrlich war, oder aber in Einklang mit Art. 19 Abs. 4 GG angenommen werden durfte, dass diese Kenntnis verzichtbar war.

Beurtei­lungs­zeitpunkt für Recht­mä­ßig­keits­kon­trolle nicht zu beanstanden

Eine Verletzung der Rechtsschutz- und Eigen­tums­ga­rantie von Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 14 Abs. 3 GG ist auch nicht hinreichend dargelegt, soweit der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof für die gerichtliche Nachprüfung und Beurteilung der Verkehr­s­prognose allein auf den Zeitpunkt der letzten Behör­den­ent­scheidung abgestellt und die nach diesem Zeitpunkt eingetretenen, vom Beschwer­de­führer geltend gemachten und im Widerspruch zu der Prognose stehenden Entwicklungen nicht berücksichtigt hat. Wird bei der Entscheidung über die Klage gegen einen Planfest­stel­lungs­be­schluss auf den Zeitpunkt des Erlasses abgestellt, schließt das den Schutz eines Enteig­nungs­be­troffenen für den Fall, dass seine - durch den Planfest­stel­lungs­be­schluss dem Grunde nach ermöglichte - Enteignung aufgrund nachträglich eingetretener Änderungen der Sach- oder Rechtslage nicht mehr dem Gemeinwohl dienen würde, nicht aus. Dass hier etwa ein verwal­tungs­ver­fah­rens­recht­licher Schutz von vornherein nicht zu erlangen wäre, hat der Beschwer­de­führer nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, und dies ist auch nicht ersichtlich.

Weitere Verfas­sungs­be­schwerden zu Flughäfen München und Frankfurt am Main erfolglos

Darüber hinaus hat die Kammer in vier weiteren Verfahren, die sich gegen Planfest­stel­lungs­be­schlüsse und dazu ergangene gerichtliche Entscheidungen betreffend die Flughäfen München und Frankfurt am Main richteten, die Verfas­sungs­be­schwerden weiterer Beschwer­de­führer nicht zur Entscheidung angenommen. Insoweit hat die zuständige Kammer gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG von einer Begründung der Entscheidung abgesehen.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)

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