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Dokument-Nr. 34679

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Beschluss20.11.2024Bundesverfassungsgericht1 BvR 225/24; 1 BvR 105/24
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Bundesverfassungsgericht Beschluss20.11.2024

Bundes­ver­fas­sungs­gericht weist Beschwerden gegen Pflicht zur Dolmet­scher­prüfung für Gerichts­dol­metscher abUnzulässige Verfas­sungs­be­schwerden von Dolmet­sche­rinnen und einer Übersetzerin gegen Voraussetzungen für allgemeine Beeidigung

Mit heute veröf­fent­lichten Beschlüssen hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts zwei Verfas­sungs­be­schwerden nicht zur Entscheidung angenommen, die die Voraussetzungen für eine Berufung auf eine allgemeine Beeidigung als Dolmetscherin oder Übersetzerin betreffen.

Ab dem 1. Januar 2027 können sich Dolmetscher aufgrund einer Änderung des Gerichts­ver­fas­sungs­ge­setzes vor Gericht nicht mehr auf eine allgemeine Beeidigung nach landes­recht­lichen Vorschriften berufen, sondern nur noch auf eine allgemeine Beeidigung nach dem Gesetz über die allgemeine Beeidigung von gerichtlichen Dolmetschern (Gerichts­dol­met­scher­gesetz). Für die allgemeine Beeidigung ist dann immer eine Dolmet­scher­prüfung erforderlich, die landes­rechtliche Regelungen bisher nicht vorsahen. Das Saarländische Ausfüh­rungs­gesetz zum Gerichts­ver­fas­sungs­gesetz (SAG GVG) erstreckt die Geltung der Anforderungen für eine allgemeine Beeidigung nach dem Gerichts­dol­met­scher­gesetz auf Übersetzer.

Die unmittelbar gegen die Regelungen gerichteten Verfas­sungs­be­schwerden mehrerer Dolmet­sche­rinnen und einer Übersetzerin sind unzulässig. Die Beschwer­de­füh­re­rinnen haben bereits nicht dargelegt, den Grundsatz der Subsidiarität der Verfas­sungs­be­schwerde beachtet zu haben. Sie haben überwiegend nicht vorgetragen, überhaupt einen Antrag zur Erlangung einer behördlichen Entscheidung über eine allgemeine Beeidigung nach der neuen Gesetzesfassung gestellt zu haben. Soweit sie ihn gestellt haben, haben sie nicht vorgetragen, den Rechtsweg gegen eine ablehnende Entscheidung erschöpft zu haben. Außerdem fehlt es an hinreichendem Vortrag zur unmittelbaren und gegenwärtigen Betroffenheit der Beschwer­de­füh­re­rinnen sowie der Möglichkeit einer Grund­rechts­ver­letzung.

Sachverhalt

Die Beschwer­de­füh­re­rinnen des Verfahrens 1 BvR 225/24 sind jeweils nach bisherigem Landesrecht allgemein beeidigte Dolmet­sche­rinnen mit unter­schied­lichen Qualifikationen. Sie wenden sich gegen Neuregelungen zu den Voraussetzungen einer Berufung auf eine allgemeine Beeidigung als Dolmet­sche­rinnen vor Gericht. Ab dem 1. Januar 2027 können sich Dolmetscher anders als bisher vor Gericht nicht mehr auf eine allgemeine Beeidigung nach landes­recht­lichen Vorschriften berufen, sondern nur noch auf eine allgemeine Beeidigung nach dem Gerichts­dol­met­scher­gesetz. Dieses sieht für die allgemeine Beeidigung insbesondere das Erfordernis einer Dolmet­scher­prüfung vor, das nach dem bisher für die Beschwer­de­füh­re­rinnen maßgeblichen Landesrecht nicht galt.

Die Beschwer­de­führerin des Verfahrens 1 BvR 105/24 ist allgemein beeidigte Übersetzerin. Sie wendet sich gegen eine Neuregelung des SAG GVG, die die Regelungen des Gerichts­dol­met­scher­ge­setzes zur allgemeinen Beeidigung auf Übersetzer erstreckt. Somit kann sich die Beschwer­de­führerin zukünftig nicht mehr auf ihre nach saarländischem Recht erteilte allgemeine Beeidigung berufen, sondern muss bundes­rechtliche Anforderungen erfüllen. Allgemeine Beeidigungen nach saarländischen Vorschriften enden am 31. Dezember 2027.

Wesentliche Erwägungen der Kammer

Die Verfas­sungs­be­schwerden sind unzulässig.

1. Die Beschwer­de­füh­re­rinnen beider Verfahren haben bereits nicht dargelegt, den Grundsatz der Subsidiarität der Verfas­sungs­be­schwerde beachtet zu haben. Dieser verlangt, alle Mittel zu nutzen, die der geltend gemachten Grund­rechts­ver­letzung abhelfen können.

Die Beschwer­de­füh­re­rinnen haben überwiegend schon nicht vorgetragen, überhaupt einen Antrag zur Erlangung einer behördlichen Entscheidung über eine allgemeine Beeidigung nach der neuen Gesetzesfassung gestellt zu haben. Soweit sie ihn gestellt haben, haben sie jedenfalls nicht vorgetragen, den Rechtsweg gegen eine ablehnende Entscheidung vor den Fachgerichten erschöpft zu haben. Sie haben auch nicht dargelegt, dass die Beschreitung des fachge­richt­lichen Rechtswegs nach einer behördlichen Entscheidung in ihrem Fall nicht zumutbar sei oder eine andere Ausnahme von der Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte bestehe. Schon die Frage, ob im Fall der bisher nach Landesrecht allgemein beeidigten Dolmetscher oder Übersetzer eine Verlängerung der allgemeinen Beeidigung oder eine Neuerteilung zu beantragen ist und die dafür maßgeblichen Normen gegebenenfalls verfas­sungs­kon­former Auslegung zugänglich sind, ist jedoch fachgerichtlich zu klären. Auch die tatsächlich von den angegriffenen Neuregelungen ausgehenden Belastungen, insbesondere für die als Dolmet­sche­rinnen tätigen Beschwer­de­füh­re­rinnen, sind bisher in vielerlei Hinsicht unklar und der fachge­richt­lichen Aufarbeitung zugänglich. Das gilt etwa hinsichtlich des individuellen Vorbe­rei­tungs­auf­wandes für eine Dolmet­scher­prüfung unter Berück­sich­tigung von Vorkenntnissen und Prüfungstiefe, für die Prüfungs­in­fra­s­truktur, die mit den Prüfungen einhergehenden Verwal­tungs­a­bläufe oder das Vorhandensein und die Kosten von Vorbe­rei­tungs­kursen. Die Beschwer­de­füh­re­rinnen setzen sich auch mit den Möglichkeiten und der Zumutbarkeit des Eilrechts­schutzes nicht ausreichend auseinander.

2. Es fehlt auch an hinreichendem Vortrag zur unmittelbaren und gegenwärtigen Betroffenheit der Beschwer­de­füh­re­rinnen in beiden Verfahren. Sie haben nicht dargelegt, schon jetzt und gerade durch die angegriffenen gesetzlichen Vorschriften und nicht erst durch den mit einem Antrag herbei­zu­füh­renden behördlichen Vollzugsakt, auf den es in der Sache ankommt, in ihrer Berufsfreiheit eingeschränkt zu sein.

3. Die Möglichkeit einer Grund­rechts­ver­letzung haben die Beschwer­de­füh­re­rinnen ebenfalls nicht ausreichend dargelegt. Eine Verletzung der Berufsfreiheit wegen unver­hält­nis­mäßiger neuer Berufs­zu­gangs­re­ge­lungen etwa in Form neu eingeführter Prüfungen ist angesichts jahrelanger Berufstätigkeit zwar denkbar. Sie hängt aber von den genauen Antrags­er­for­der­nissen für eine Beeidigung und gegebenenfalls von den genauen Inhalten einer Dolmetscher- oder Überset­zer­prüfung beziehungsweise den Voraussetzungen für eine Gleich­wer­tig­keits­a­n­er­kennung, von den Bewer­tungs­maß­stäben und den vorhandenen Rahmen­be­din­gungen sowie von dem tatsächlichen Vorbe­rei­tungs­aufwand ab. Hierzu fehlt eine substantiierte Ausein­an­der­setzung.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/pt)

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