14.12.2024
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Dokument-Nr. 33890

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Bundesverfassungsgericht Urteil09.04.2024

Gesetzliche Regelungen über die Vaterschafts­anfechtung durch leibliche Väter sind mit dem Eltern­grundrecht unvereinbarBVerfG stärkt Rechte leiblicher Väter

Das Bundes­verfassungs­gericht hat entschieden, dass die gesetzliche Regelung über das Recht des leiblichen Vaters, die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes für sein Kind anzufechten, mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Sie trägt dem Eltern­grundrecht leiblicher Väter nicht hinreichend Rechnung. Diese gehören zu den Eltern im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) und können sich auf das Eltern­grundrecht ebenso wie die rechtlichen Eltern des Kindes berufen.

Das Eltern­grundrecht bedarf einer Ausgestaltung durch den Gesetzgeber. Er kann dabei — abweichend vom bisherigen Recht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) — die rechtliche Elternschaft des leiblichen Vaters neben der Mutter und dem rechtlichen Vater vorsehen. Hält er dagegen an einer Beschränkung der rechtlichen Elternschaft auf zwei Elternteile fest, muss zugunsten des leiblichen Vaters ein hinreichend effektives Verfahren zur Verfügung stehen, das ihm ermöglicht, anstelle des bisherigen rechtlichen Vaters selbst rechtlicher Vater seines Kindes zu werden. Letzterem genügt das bisherige Recht vor allem deshalb nicht, weil es nicht erlaubt, eine bestehende oder vormalige sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinem leiblichen Vater sowie dessen bisherige Bemühungen um die rechtliche Vaterschaft zu berücksichtigen.

Erfolglose Vater­schafts­an­fechtung

Der Beschwer­de­führer ist feststehend leiblicher Vater eines 2020 nichtehelich geborenen Kindes. Mit der Mutter des Kindes führte der Beschwer­de­führer eine Beziehung und lebte auch mit ihr in einem Haushalt. Nach der Trennung der Mutter von dem Beschwer­de­führer hatte dieser weiterhin Umgang mit seinem Kind. Die Mutter ging eine neue Beziehung ein. Nachdem der Beschwer­de­führer einen Antrag auf Feststellung seiner Vaterschaft gestellt hatte, erkannte der neue Partner der Mutter die Vaterschaft für das Kind mit ihrer Zustimmung an und ist so dessen rechtlicher Vater geworden. Im Anfech­tungs­ver­fahren hat das Oberlan­des­gericht in zweiter Instanz den Antrag des Beschwer­de­führers auf Feststellung, er und nicht der rechtliche Vater sei Vater des Kindes, als unbegründet abgewiesen. Die Vaterschaftsanfechtung des Beschwer­de­führers scheitere an der inzwischen bestehenden sozial-familiären Beziehung des neuen Partners der Mutter und rechtlichen Vaters zu dem Kind. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwer­de­führer eine Verletzung seines in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Elternrechts. § 1600 Abs. 2 und 3 BGB in seiner Anwendung durch das Gericht mache es ihm als leiblichem Vater unmöglich, die rechtliche Vaterschaft für das Kind zu erlangen.

Aussetzung bereits eingeleiteter Anfech­tungs­ver­fahren

Laut BVerfG trägt die maßgebliche Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 1600 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB) den Anforderungen an das Eltern­grundrecht leiblicher Väter nicht hinreichend Rechnung und beeinträchtigt dieses, ohne dass dies verfas­sungs­rechtlich gerechtfertigt ist. Die für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärte Regelung in § 1600 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 BGB über die Vater­schafts­an­fechtung bleibt bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens bis zum 30. Juni 2025, in Kraft. Das BVerfG hob den Naumburger Beschluss nun auf und verwies das Verfahren zurück an das OLG. Der Vater könne dort eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer gesetzlichen Neuregelung beantragen.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)

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