21.11.2024
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Dokument-Nr. 31377

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Beschluss18.01.2022Bundesverfassungsgericht1 BvR 1565/21, 1 BvR 2058/21 u.a.
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Bundesverfassungsgericht Beschluss18.01.2022

Elf Verfassungs­beschwerden von Klimaschützern sind gescheitert

Das Bundes­verfassungs­gericht hat elf Verfassungs­beschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, die sich zum Teil gegen bereits bestehende Landes­klima­schutzgesetze und zum Teil gegen das Unterlassen einiger Landes­ge­setzgeber richteten, einen Reduktionspfad für Treibhausgase gesetzlich zu normieren.

Die Beschwer­de­füh­renden rügen unter Berufung auf den Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u. a. - Klimaschutz - die Verletzung von Grundrechten in ihrer die Freiheit über die Zeit sichernden Dimension sowie teilweise eine Verletzung von Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Die Beschwer­de­füh­renden sind überwiegend Minderjährige und junge Erwachsene. Sie machen geltend, ihre künftige Freiheit werde nicht hinreichend geschützt, weil enorme CO2-Reduk­ti­o­ns­lasten auf sie zukommen könnten, ohne dass die Landes­ge­setzgeber die erforderlichen Maßnahmen getroffen hätten, um die Belastung einzudämmen.

BVerfG: Verfas­sungs­be­schwerde ist gegen zulässige Gesam­te­mis­sionen zu richten

Das BVerfG hat die Verfas­sungs­be­schwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Es lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffenen Regelungen des Landesrechts gegen die verfas­sungs­rechtliche Verpflichtung verstoßen, grund­rechts­ge­schützte Freiheit über die Zeit zu sichern und verhältnismäßig zu verteilen. Die Beschwer­de­füh­renden können sich gegen Regelungen wenden, die festlegen, welche Menge an CO2 in näherer Zukunft insgesamt emittiert werden darf, wenn dadurch für anschließende Zeiträume grundrechtlich geschützte Freiheit eingriff­s­ähnlich eingeschränkt wird, indem schon jetzt – nicht bloß faktisch, sondern auch rechtlich vorwirkend – über künftig unausweichliche Grund­rechts­re­strik­tionen in Gestalt dann erforderlicher staatlicher Klima­schutz­maß­nahmen mitbestimmt wird. Die Verfassungsbeschwerde muss sich dabei grundsätzlich gegen die Gesamtheit der durch den adressierten Gesetzgeber zugelassenen Emissionen richten, weil regelmäßig nur diese, nicht aber punktuelles Tun oder Unterlassen des Staates die Reduktionlasten unver­hält­nismäßig auf die Zukunft verschieben könnte.

Keine eingriff­s­ähnliche Vorwirkung des Landesrechts

Inwiefern es sich bei den angegriffenen Landes­re­ge­lungen um solche gesamthaften Regelungen handelt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die angegriffenen Regelungen eingriff­s­ähnliche Vorwirkung entfalten. Das setzte voraus, dass die mit den Verfas­sungs­be­schwerden adressierten Gesetzgeber selbst jeweils einem grob erkennbaren Budget insgesamt noch zulas­sungs­fähiger CO2-Emissionen unterlägen. Nur dann zögen die hier angegriffenen Landes­re­ge­lungen im Anschluss an den geregelten Zeitraum rechtlich zwangsläufig jeweils eine bestimmte Emissi­ons­re­duk­ti­o­nslast und damit verbundene Freiheits­be­schrän­kungen nach sich. Den einzelnen Landes­ge­setz­gebern ist jedoch keine wenigstens grob überprüfbare Gesam­t­re­duk­ti­o­ngröße vorgegeben, die sie – auch auf Kosten grundrechtlich geschützter Freiheit – einzuhalten hätten. Eine solche landes­s­pe­zi­fische Reduk­ti­o­ns­maßgabe ist derzeit weder dem Grundgesetz noch dem einfachen Bundesrecht zu entnehmen. Eine Verletzung der gegenüber den Beschwer­de­füh­renden bestehenden Schutzpflichten vor den Gefahren des Klimawandels aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 GG kann nach der Entscheidung des Senats angesichts der bereits existierenden gesetzlichen Regelung auf Bundesebene derzeit nicht festgestellt werden. Es ist nicht ersichtlich, dass das Fehlen eines Landes­kli­ma­schutz­ge­setzes hieran etwas ändern könnte.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)

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