18.10.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss23.05.2022

BVerfG: Pflicht zur Beteiligung von Anwohnern und standortnahen Gemeinden an Windparks im Grundsatz zulässigEingriff in die Berufsfreiheit der Vorhabenträger gerechtfertigt

Das Bundes­verfassungs­gericht hat entschieden, dass das Gesetz über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern (Bürger- und Gemeinden­beteiligungs­gesetz - BüGembeteilG) ganz überwiegend mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

.Nach § 3 BüGembeteilG dürfen in Mecklenburg-Vorpommern Windener­gie­anlagen nur durch eine „Projekt­ge­sell­schaft“ errichtet und betrieben werden, die ausschließlich der Erzeugung von Windenergie dient. Der Vorhabenträger hat gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BüGembeteilG den „Kaufbe­rech­tigten“ mindestens 20 % der Anteile an der Projekt­ge­sell­schaft anzubieten. Kaufberechtigt sind Personen, die in einer Entfernung von nicht mehr als fünf Kilometer vom Standort des Windparks leben und diejenigen Gemeinden, auf deren Gebiet sich die Anlage befindet oder die nicht mehr als fünf Kilometer vom Standort entfernt liegen. Der Vorhabenträger kann stattdessen als „wirtschaftliche Surrogate“ einer gesell­schafts­recht­lichen Beteiligung den kaufbe­rech­tigten Gemeinden die jährliche Zahlung einer „Ausgleichs­abgabe“ und den Anwohnern den Erwerb eines Sparprodukts anbieten; die Höhe der Abgabe und die Verzinsung des Sparprodukts bemessen sich nach dem Ertrag der Projekt­ge­sell­schaft. Zur Zahlung der Abgabe kommt es indes nur dann, wenn die Gemeinden auf eine gesell­schafts­rechtliche Beteiligung an der Projekt­ge­sell­schaft verzichten (§ 10 Abs. 7 Satz 2 BüGembeteilG). Nach § 4 Abs. 3 BüGembeteilG hat der Vorhabenträger unverzüglich nach Erhalt der immis­si­ons­schutz­recht­lichen Genehmigung oder nach dem Gewinn einer Ausschreibung die kaufbe­rech­tigten Gemeinden im Einzelnen über das Vorhaben und die wirtschaft­lichen Rahmendaten eines Anteilserwerbs zu informieren. Diese Pflicht besteht auch dann, wenn der Vorhabenträger die Gemeinden nicht an der Projekt­ge­sell­schaft beteiligen, sondern stattdessen die Zahlung der Abgabe anbieten will. In diesem Fall ist die Information der unverzüglich nach Erhalt der immis­si­ons­schutz­recht­lichen Genehmigung abzugebenden Erklärung über das Angebot zur Zahlung der Abgabe beizufügen (§ 10 Abs. 6 Satz 2 BüGembeteilG). Die Beschwer­de­führerin ist ein Unternehmen der Windener­gie­b­ranche. Mit ihrer Verfas­sungs­be­schwerde greift die Beschwer­de­führerin unmittelbar Vorschriften des BüGembeteilG an und rügt eine Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), der Eigen­tums­freiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) und der abgaben­recht­lichen Belas­tungs­gleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG).

Gesetz­ge­bungs­kom­petenz des Landes gegeben

Das Bürger- und Gemein­den­be­tei­li­gungs­gesetz ist formell und überwiegend auch materiell verfas­sungsgemäß. Die Gesetz­ge­bungs­kom­petenz des Landes ist gegeben. Insbesondere schaffen die Pflichten der Vorhabenträger zur Gründung von Projekt­ge­sell­schaften und zur Beteiligung Dritter an denselben selbst kein zur konkurrierenden Gesetz­ge­bungs­be­fugnis des Bundes für das „Recht der Wirtschaft“ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG gehörendes und vom Bund bereits umfassend geregeltes Gesell­schaftsrecht, sondern sind kompe­tenz­rechtlich dem Teilbereich „Energie­wirt­schaftsrecht“ dieses Kompetenztitels zuzuordnen. Insoweit entfalten bundes­ge­setzliche Regelungen - auch wegen der im Erneuerbare-Energien-Gesetz enthaltenen Öffnungsklausel zugunsten weitergehender landes­recht­licher Regelungen zur Bürger­be­tei­ligung und zur Steigerung der Akzeptanz für den Bau neuer Windener­gie­anlagen - keine Sperrwirkung nach Art. 72 Abs. 1 GG. Auch die von den Vorhabenträgern anstelle des Erwerbs von Anteilen an der Projekt­ge­sell­schaft an die standortnahen Gemeinden zu zahlende Abgabe ist kompe­tenz­rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Abgabe ist keine Steuer im Sinne des Art. 105 GG. Das Gesetz trifft Vorkehrungen für eine Verwendung der Mittel aus der Abgabe allein zu dem Zweck, die Akzeptanz neuer Windener­gie­anlagen bei den Einwohnerinnen und Einwohnern der Gemeinde zu verbessern. Für die in den standortnahen Gemeinden lebenden Personen soll durch die gesetzlich vorgegebene Verwendung der Abgabemittel konkret erfahrbar werden, dass die Erzeugung von Windenergie nicht nur Beein­träch­ti­gungen der Landschaft mit sich bringt, sondern auch die örtliche Lebensqualität verbessert. Damit dient die Abgabe nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung nicht der Finanzierung gemeindlicher Aufgaben, sondern - wie auch die alternative Pflicht zur gesell­schafts­recht­lichen Beteiligung an der Projekt­ge­sell­schaft - unmittelbar dem gemein­wohl­dien­lichen Ausbau der Windenergie an Land. Mit dieser Zielsetzung unterfällt die Abgabe ebenfalls der Sachge­setz­ge­bungs­kom­petenz des „Energie­wirt­schafts­rechts“ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG.

Zahlreiche verfas­sungs­rechtliche Pflichten und Ziele gefördert

Die angegriffenen Pflichten zur Gründung von Projekt­ge­sell­schaften und zur Beteiligung von Anwohnern und standortnahen Gemeinden an denselben durch den Erwerb von Anteilen und alternativ den Erwerb von Sparprodukten oder die Zahlung einer Abgabe an die Gemeinde verletzen die Vorhabenträger nicht in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit. Unmittelbarer Zweck dieser Pflichten ist die Verbesserung der Akzeptanz für neue Windener­gie­anlagen an Land zur Förderung des weiteren Ausbaus dieser erneuerbaren Energie. Damit dient das Gesetz - wie jede Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien - den legitimen Gemein­wohl­zielen des Klimaschutzes (Art. 20a GG), des Schutzes der Grundrechte vor den nachteiligen Folgen des Klimawandels und der Sicherung der Stromversorgung. Der klimaschädliche Ausstoß von CO2 verringert sich in dem Maße, in dem die herkömmliche Stromerzeugung auf erneuerbare Energien umgestellt und der Verbrauch fossiler Energieträger in anderen Sektoren wie Verkehr, Gebäude oder Industrie durch Strom aus erneuerbaren Energien oder durch unter Verwendung solchen Stroms erzeugte „grüne“ Energieträger wie zum Beispiel Wasserstoff ersetzt wird. Dies dient zugleich der verfas­sungs­recht­lichen Pflicht, Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) sowie das Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) auch durch eine Verringerung des Ausstoßes von CO2 vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen. Darüber hinaus sichert eine vermehrte Nutzung erneuerbarer Energien die Versorgung mit Strom. Insoweit besteht ein erhöhter Bedarf infolge der durch das Klimaschutzziel des Art. 20a GG gebotenen Rückführung der Stromgewinnung durch Verbrauch fossiler Energieträger bis hin zur Klima­neu­tralität bei gleichzeitiger gesetzlicher Entscheidung zum Ausstieg aus der Nutzung von Atomenergie. Darüber hinaus kann die vermehrte Nutzung von in Deutschland verfügbaren erneuerbaren Energien die Abhängigkeit von Energieimporten vermindern und die Eigenversorgung stärken.

Eignung und Erfor­der­lichkeit

Die den Vorhabenträgern auferlegten Pflichten sind im verfas­sungs­recht­lichen Sinne geeignet und erforderlich, um diese Gemeinwohlziele erreichen zu können. Insbesondere ist die Annahme des Gesetzgebers nicht zu beanstanden, dass die Akzeptanz für Windener­gie­anlagen an Land durch eine Beteiligung von Anwohnern und standortnahen Gemeinden an Windparks verbessert werden kann. Er konnte sich dafür auf - auch durch Umfra­ge­er­gebnisse gestützte - tragfähige Anhaltspunkte stützen, wonach es für die Akzeptanz förderlich ist, wenn der erhebliche Eingriff in das Landschaftsbild durch die weithin sichtbaren Windener­gie­anlagen dadurch „ausgeglichen“ wird, dass ein nennenswerter Teil der auf diese Weise erzeugten Wertschöpfung in der betroffenen Region verbleibt.

Angemessenheit des Eingriffs gegeben

Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Vorhabenträger steht nicht außer Verhältnis zum Gewicht und zur Dringlichkeit der verfolgten Gemein­wohl­zwecke. Allerdings weist der Eingriff in die Berufsfreiheit der Vorhabenträger eine beträchtliche Intensität auf. Die Pflicht zur Gründung von Projekt­ge­sell­schaften nimmt ihnen die Möglichkeit, Windparks durch ihr eigenes Unternehmen oder in einer sonst zweckdienlichen Art und Weise zu betreiben. Die unter­neh­me­rische Gestal­tungs­freiheit wird weiter durch gesetzliche Vorgaben zur akzep­tanz­stei­gernden und den kommu­na­l­recht­lichen Anforderungen an eine gesell­schafts­rechtliche Beteiligung von Gemeinden genügenden Ausgestaltung der Projekt­ge­sell­schaften eingeschränkt. Im Falle einer Ablehnung des Angebots zur Zahlung einer Abgabe sind die Vorhabenträger darüber hinaus gegen ihren Willen zur Aufnahme von Gemeinden in ihre Gesellschaft gezwungen. Durch die Pflicht zur Veräußerung von Anteilen in Höhe von insgesamt mindestens 20 % und alternativ zum Angebot des Erwerbs von Sparprodukten gegenüber den Anwohnern und zur Zahlung einer Abgabe an die Gemeinde als „wirtschaft­lichen Surrogaten“ einer gesell­schafts­recht­lichen Beteiligung wird der Ertrag der beruflichen Tätigkeit der Vorhabenträger entsprechend gemindert. Die Gründung der Projekt­ge­sell­schaft sowie die Ermittlung der Kaufbe­rech­tigten, des Kaufpreises der anzubietenden Gesell­schafts­anteile und des Ertragswerts der Projekt­ge­sell­schaft sind für die Vorhabenträger mit Aufwendungen von einigem Umfang verbunden. Hinzu kommen die Aufwendungen für die Erfüllung diverser Infor­ma­ti­o­ns­pflichten.

Beträchtliche Gemein­wohl­belange

Dem stehen Gemein­wohl­belange von ebenfalls beträchtlichem Gewicht gegenüber. Das gilt einmal für den Schutz des Klimas und der Grundrechte vor den Folgen des Klimawandels. Dieser Gewichtung steht nicht entgegen, dass die Strommenge, die infolge des in ihrem Anwen­dungs­bereich auf Mecklenburg-Vorpommern begrenzten Bürger- und Gemein­den­be­tei­li­gungs­ge­setzes durch eine vermehrte Nutzung der Windenergie ohne CO2-Emissionen erzielt werden kann, angesichts der gegenwärtig global emittierten Gesamtmenge an CO2 offensichtlich sehr gering ist. Gerade weil der Klimawandel durch zahlreiche, für sich genommen oftmals geringe Mengen an Treib­h­aus­ga­s­e­mis­sionen verursacht wird, kann er auch nur durch Maßnahmen zur Begrenzung all dieser Emissionen angehalten werden. Es liegt hier in der Natur der Sache, dass einzelnen Maßnahmen für sich genommen nicht die allein entscheidende Wirkung zukommt. Weil der Klimawandel aber nur angehalten werden kann, wenn all diese vielen, für sich genommen oft kleinen Mengen von CO2-Emissionen lokal vermieden werden, kann einer einzelnen Maßnahme nicht entge­gen­ge­halten werden, sie wirke sich nur geringfügig aus.

Gemein­wohl­be­deutung durch Gesamt­be­trachtung festzustellen

Ohnehin kann die Gemein­wohl­be­deutung von Maßnahmen der Länder oder Kommunen zur Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien nicht allein nach der Strommenge bemessen werden, die bezogen auf den jeweiligen räumlich begrenzten Anwen­dungs­bereich erzielt wird. Vielmehr kommt es auch auf eine Gesamt­be­trachtung der durch gleichartige Maßnahmen erzielten oder erzielbaren Strommenge an. Gemein­wohl­ver­stärkend kann sich insoweit insbesondere auswirken, dass Maßnahmen wegen ihres Pilotcharakters länder­über­greifende Bedeutung haben. Das ist hier der Fall. Offenkundig stößt der Ausbau der Windenergie an Land auf Akzep­tanz­probleme. Diese sind nach der verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers dort geringer, wo Windenergie durch lokal verankerte, auf das einzelne Projekt bezogene Gesellschaften unter kommunaler und bürger­schaft­licher Teilhabe erzeugt wird. Das Bürger- und Gemein­den­be­tei­li­gungs­gesetz sichert mit entsprechenden Verpflichtungen der Vorhabenträger eine bürger­schaftliche und kommunale Teilhabe an lokalen Projekten zur Erzeugung von Windenergie erstmals hoheitlich auch dort, wo sie eigeninitiativ nicht zustande kommt. Das Gesetz kann daher als Modell für vergleichbare Regelungen zur Sicherung einer akzep­tanz­stei­gernden bürger­schaft­lichen und kommunalen Beteiligung am Ausbau der Windenergie dienen.

Pilotcharakter für Verwirklichung von Klima­schutz­zielen

Darüber hinaus können einzelne Maßnahmen zum Ausbau erneuerbarer Energien Gemein­wohl­be­deutung dadurch erlangen, dass sie einen Beitrag zu dem in eine internationale Kooperation eingebundenen nationalen Klimaschutz leisten. Denn dem Ziel, den Klimawandel anzuhalten, kann es dienen, wenn die Staaten wechselseitig darauf vertrauen können, dass auch andere Staaten gewillt sind, den vereinbarten Klimaschutz zu realisieren. Vor diesem Hintergrund kann auch eine durch einzelne Maßnahmen bewirkte Verbesserung der nationalen Emissionsbilanz zum Gelingen des globalen Klimaschutzes beitragen. Für das Gemeinwohlziel der Sicherung der Stromversorgung kommt Maßnahmen zum Ausbau erneuerbarer Energien umso größere Bedeutung zu, je höher die dadurch erzielbare Strommenge ist. Denn die Stromversorgung ist umso besser gesichert, je mehr Strom aus in Deutschland verfügbaren erneuerbaren Energien erzeugt wird, der den aus dem Verbrauch fossiler Energieträger gewonnenen Strom ersetzen und den Eigen­ver­sor­gungs­anteil steigern kann. Danach ist die Bedeutung der durch das Bürger- und Gemein­den­be­tei­li­gungs­gesetz bewirkten Förderung des Ausbaus der Windenergie an Land für die Sicherung der Stromversorgung auch wegen des Pilotcharakters der Maßnahme nicht nur von untergeordneter Bedeutung.

Rechtfertigung möglich

Die danach insgesamt beträchtliche Gemein­wohl­be­deutung der den Vorhabenträgern auferlegten Pflichten vermag die damit verbundene Beschränkung der Berufsfreiheit derselben trotz ihrer Intensität zu rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat dem Belang einer Förderung des Ausbaus der Windenergie durch Akzep­tanz­stei­gerung nicht einseitig Vorrang gegenüber den gegenläufigen Interessen der Vorhabenträger gegeben. Dies gilt gerade auch für die besonders eingriff­sin­tensive Pflicht der Vorhabenträger zur Veräußerung von Anteilen an einer eigens zu gründenden und allein der Erzeugung von Windenergie dienenden Projekt­ge­sell­schaft. Sie beruht auf der vertretbaren Einschätzung des Gesetzgebers, dass die Akzeptanz für Windparks dann besonders hoch ist, wenn sie von einer lokal verankerten Projekt­ge­sell­schaft unter bürger­schaft­licher und kommunaler Mitver­ant­wortung betrieben werden. Das Eingriffs­gewicht dieser Pflicht wird dadurch erheblich gemildert, dass es den Vorhabenträgern freigestellt ist, den kaufbe­rech­tigten Anwohnerinnen und Anwohnern den Erwerb eines Sparprodukts anzubieten, um die sich aus der Gesell­schaf­ter­stellung einer Vielzahl von Einwohnern ergebenden Belastungen vermeiden zu können. Soweit die Vorhabenträger bei fehlender Zustimmung standortnaher Gemeinden zur Zahlung einer Abgabe gezwungen sind, Anteile an diese zu veräußern, ist dies zudem auf einen Umfang unterhalb der Sperrminorität begrenzt; die Gemeinden können daher weder das operative Geschäft der Projekt­ge­sell­schaft bestimmen noch Gesell­schaf­te­rent­schei­dungen blockieren. Außerdem können sich die Betei­li­gungs­pflichten auch privatnützig auswirken. Denn das gesetzliche Ziel, die Akzeptanz zu verbessern, um so eine Voraussetzung für die verstärkte Nutzung der Windenergie an Land zu schaffen, deckt sich mit dem Gesamtinteresse der Branche der Anlagen­be­treiber an einer Ausweitung der zur Erzeugung von Windenergie geeigneten Flächen. Dies relativiert die Schmälerung der Rendite, die die Vorhabenträger infolge der Beteiligung von Anwohnern und standortnahen Gemeinden an der Gewin­n­aus­schüttung oder am prognos­ti­zierten Ertrag der Projekt­ge­sell­schaft hinzunehmen haben.

Infor­ma­ti­o­ns­pflicht wegen damit verbundenen Aufwendungen unver­hält­nismäßig

Unver­hält­nismäßig ist hingegen die mit erheblichen Aufwendungen verbundene Pflicht zur unverzüglich nach Erhalt der immis­si­ons­schutz­recht­lichen Genehmigung abzugebenden umfassenden Information der standortnahen Gemeinden über das Vorhaben und die wirtschaft­lichen Daten eines Erwerbs von Anteilen an der Projekt­ge­sell­schaft, soweit sie auch für diejenigen Vorhabenträger besteht, welche den Gemeinden anstelle eines Anteilserwerbs die Zahlung einer Abgabe anbieten möchten. Nach den vorliegenden Erkenntnissen hängt die Entscheidung der Gemeinden weniger von den näheren wirtschaft­lichen Rahmendaten des Erwerbs von Anteilen an der Gesellschaft ab, zumal angesichts des strengen, ausschließlich auf die Erzeugung von Windenergie bezogenen Projekt­cha­rakters derselben ohnehin nicht von einem ernsthaften Verlustrisiko ausgegangen werden kann. Vielmehr gab es bereits im Gesetz­ge­bungs­ver­fahren Anhaltspunkte dafür, dass die Gemeinden im Regelfall wegen des mit einer gesell­schafts­recht­lichen Beteiligung verbundenen Verwal­tungs­aufwands von einem Anteilserwerb absehen und sich stattdessen für die Zahlung einer Abgabe entscheiden werden.

Ungleich­be­handlung ist gerechtfertigt

Die angegriffenen Regelungen greifen daneben nicht in die Eigen­tums­freiheit aus Art. 14 Abs. 1 GG ein, weil dieses Grundrecht hier durch das sachnähere Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verdrängt wird. Es liegt auch keine Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 GG vor, weil der Staat nicht gezielt auf Anteile einzelner Vorhabenträger an Projekt­ge­sell­schaften zugreift, um mit diesen Anteilen bestimmte öffentliche Aufgaben erfüllen zu können. Die ungleiche Behandlung der abgabe­pflichtigen Vorhabenträger gegenüber den dieser Abgabe nicht unterliegenden Steuer­pflichtigen ist verfas­sungs­rechtlich gerechtfertigt. Wie oben ausgeführt, dient die Abgabe nicht der Finanzierung gemeindlicher Aufgaben, sondern unmittelbar selbst der gemein­wohl­dien­lichen Förderung des Ausbaus der Windenergie an Land durch eine Verbesserung der Akzeptanz hierfür in der Bevölkerung. Die Abgabe ist als solche zur Erreichung der damit verfolgten Gemeinwohlziele des Klimaschutzes, des Schutzes von Grundrechten vor schädlichen Folgen des Klimawandels und der Sicherung der Stromversorgung geeignet, erforderlich und angemessen. Auch die Abgaben­be­lastung steht nicht außer Verhältnis zur Bedeutung dieser Ziele, zumal es in die Entschei­dungs­freiheit der Vorhabenträger fällt, ob sie den standortnahen Gemeinden die Zahlung der Abgabe anstelle einer gesell­schafts­recht­lichen Beteiligung an der Projekt­ge­sell­schaft anbieten wollen.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/cc)

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