21.11.2024
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Dokument-Nr. 29183

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Urteil10.09.2020BundessozialgerichtB 3 P 2/19 R, B 3 P 3/19 R und B 3 P 1/20 R
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Bundessozialgericht Urteil10.09.2020

BSG: Keine strengen Anforderungen an den Wohngrup­pen­zu­schlag zugunsten pflege­be­dürftiger MenschenKein Wohngrup­pen­zu­schlag bei (verkappte) vollstationäre Versorgungsform

Das Bundes­sozial­gerichts hat in drei Revisi­ons­ver­fahren über den Anspruch auf einen Wohngrup­pen­zu­schlag nach § 38 a Sozial­ge­setzbuch Elftes Buch - SGB XI - für pflege­be­dürftige Bewohner von Wohngruppen entschieden. Die sämtlich den Zuschlag ablehnenden Urteile der Landes­sozia­lgerichte sind aufgehoben worden. Das Bundes­so­zi­al­gericht misst dem gesetzlichen Ziel der Leistung, ambulante Wohnformen pflege­be­dürftiger Menschen unter Beachtung ihres Selbst­bestimmungs­rechts zu fördern, hohe Bedeutung bei und hält einen strengen Maßstab für die Anforderungen an den Wohngrup­pen­zu­schlag nicht für gerechtfertigt.

Trotz der Zielrichtung des Gesetzes wäre der Zuschlag (derzeit 214 Euro monatlich) allerdings zu versagen, wenn es sich nicht im Rechtssinne um eine ambulant betreute Wohngruppe, sondern faktisch um eine (verkappte) vollstationäre Versorgungsform handelt, oder wenn die in der Wohngruppe erbrachten Leistungen nicht über diejenigen der häuslichen Pflege hinausgehen. Für gesetzlich begünstigte Wohn- und Versor­gungs­formen ist maßgebend, dass die Betroffenen im Sinne einer "gemein­schaft­lichen Wohnung" die Möglichkeit haben, Gemein­schaft­s­ein­rich­tungen zu nutzen, und dass sie die Übernahme einzelner Aufgaben außerhalb der reinen Pflege durch Dritte selbstbestimmt organisieren können.

Keine strengen Formvorgaben für gemein­schaftliche Beauftragung

Die "gemein­schaftliche Beauftragung" einer Person zur Verrichtung der im Gesetz genannten, die Wohngruppe unterstützenden Tätigkeiten muss sich an der Förderung der Vielfalt individueller Versor­gungs­formen und der Praktikabilität messen lassen. Deshalb unterliegt eine gemein­schaftliche Beauftragung keinen strengen Formvorgaben und kann auch durch nachträgliche Genehmigung erfolgen. Dafür reicht es aus, wenn innerhalb der Maximalgröße der Wohnge­mein­schaft von zwölf Personen einschließlich der die Leistung begehrenden pflege­be­dürftigen Person mindestens zwei weitere pflege­be­dürftige Mitglieder an der gemein­schaft­lichen Beauftragung mitwirken.

Beauftragten dürfen noch andere Dienst­leis­tungen im Rahmen der pflegerischen Versorgung übernehmen

Bei der beauftragten Person kann es sich auch um mehrere Personen und ebenfalls um eine juristische Person handeln, die dann wiederum durch namentlich benannte natürliche Personen die für die Aufga­be­n­er­füllung nötige regelmäßige Präsenz sicherstellt. Auch schadet es nicht, wenn die Beauftragten noch andere Dienst­leis­tungen im Rahmen der pflegerischen Versorgung übernehmen, solange keine solch enge Verbindung zur pflegerischen Versorgung besteht, dass diese als stationäre Vollversorgung zu qualifizieren wäre.

Keine abschließenden Entscheidungen durch BSG

Das Bundes­so­zi­al­gericht war gleichwohl an abschließenden Entscheidungen über die begehrten Zuschläge gehindert, weil die befassten Landes­so­zi­al­ge­richte noch Feststellungen zum Vorliegen weiterer Anspruchs­vor­aus­set­zungen treffen müssen.

Quelle: Bundessozialgericht, ra-online (pm/ab)

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