24.11.2024
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Sie sehen eine Geldbörse mit einer Gesundheitskarte von einer deutschen Krankenversicherung.
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Bundessozialgericht Urteil12.06.2008

Krankenkasse muss bei Erschleichen einer Kranken­h­aus­be­handlung durch missbräuchliche Verwendung einer Versi­cher­tenkarte nicht zahlenKrankenhaus trägt Kostenrisiko

Ein Krankenhaus trägt das Kostenrisiko für eine Kranken­h­aus­be­handlung, die ein in Deutschland nicht kranken­ver­si­cherter Patient in Anspruch genommen hat, indem er die ihm von einem tatsächlich Versicherten überlassene Kranken­ver­si­cher­tenkarte missbräuchlich benutzt und Perso­ne­n­i­dentität mit dem Versicherten vorgespiegelt hat. Dies gilt zumindest solange, wie die Krankenkasse - so hier - während der Behandlungszeit keine konkreten Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung der Kranken­ver­si­cher­tenkarte hat. Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden.

Ein Versicherter hatte seine - nicht mit einem Lichtbild versehene - Kranken­ver­si­cher­tenkarte einem Freund überlassen, der seinerzeit nicht kranken­ver­sichert war, wegen einer Erkrankung aber eine medizinische Behandlung benötigte. Unter dem Namen des Versicherten und unter Vorlage von dessen Kranken­ver­si­cher­tenkarte ließ sich der Patient zunächst bei einem nieder­ge­lassenen Vertragsarzt, der ihn nicht kannte, ambulant behandeln und eine Verordnung über eine notwendige Kranken­h­aus­be­handlung ausstellen. In einem Krankenhaus legte er diese Verordnung vor und unterzeichnete den Behand­lungs­vertrag, die Einver­ständ­ni­s­er­klärung zu den geplanten medizinischen Maßnahmen sowie Empfangs­be­stä­ti­gungen jeweils mit dem Namen des Versicherten. Die Krankenkasse erteilte dem Krankenhaus zugunsten des in der Aufnahmeanzeige genannten Versicherten eine Kostenzusage unter dem "Vorbehalt eines Widerrufs, sofern und solange eine Mitgliedschaft bei unserer Kasse besteht". Die Behandlung fand in der Zeit vom 16. bis zum 29. März 2004 statt. Nach Aufdeckung des Betrugs nahm die Beklagte die Kostenzusage zurück und verlangte die Rückzahlung der Behand­lungs­kosten, weil der Patient über seine Identität getäuscht habe und mit ihm kein Versi­che­rungs­ver­hältnis bestehe.

Bundes­so­zi­al­gericht: Kostenrisiko trägt das Krankenhaus

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat entschieden, dass das Krankenhaus das Kostenrisiko für eine Kranken­h­aus­be­handlung trägt, die ein in Deutschland nicht kranken­ver­si­cherter Patient in Anspruch genommen hat, indem er die ihm von einem tatsächlich Versicherten überlassene Kranken­ver­si­cher­tenkarte missbräuchlich benutzt und Perso­ne­n­i­dentität mit dem Versicherten vorgespiegelt hat. Dies gilt zumindest solange, wie die Krankenkasse - so hier - während der Behandlungszeit keine konkreten Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung der Kranken­ver­si­cher­tenkarte hat. Das Bundes­so­zi­al­gericht hat deshalb die Sprungrevision des Kranken­haus­trägers gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückgewiesen, das den Erstat­tungs­an­spruch der Krankenkasse bejaht hatte.

Kostenzusage der Versicherung gilt für den versicherten Patienten nicht für den tatsächlich behandelten Patienten

Auf die Kostenzusage konnte sich das Krankenhaus schon deshalb nicht berufen, weil sie ausdrücklich den Versicherten und nicht den tatsächlich behandelten Patienten betraf. Die vertrag­s­ärztliche Verordnung konnte keine Haftung der Krankenkasse begründen, weil der Vertragsarzt bei der Überweisung eines Patienten in ein Krankenhaus nicht als Vertreter der Krankenkasse fungiert. Auf die Kranken­ver­si­cher­tenkarte konnte sich das Krankenhaus nicht stützen, weil diese nur in der vertrag­s­ärzt­lichen Versorgung, also im ambulanten Bereich, als "Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen" gilt und ansonsten nur für die Abrechnung der zugunsten der Versicherten erbrachten Leistungen mit den Leistungs­er­bringern verwendet werden darf (§ 15 Abs. 2 und § 291 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Das Krankenhaus konnte sich auch nicht darauf berufen, dass Vertragsärzte insoweit privilegiert sind, als die Krankenkasse ihnen gegenüber bei Benutzung einer falschen Kranken­ver­si­cher­tenkarte grundsätzlich haftet, und zwar gegen Abtretung des gegen den Patienten gerichteten Vergü­tungs­an­spruchs (zB § 19 Abs. 7 Bundes­man­tel­vertrag-Ärzte). Eine solche Regelung hätte einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Kranken­haus­trägern und den Krankenkassen bedurft, die es - jedenfalls bisher - nicht gibt. Der Einwand der Erfüllung einer Nichtschuld (§ 814 BGB) war unbegründet, weil zwar eine Mitarbeiterin der Krankenkasse am Tage der Bezahlung der Rechnung vom Betrug Kenntnis hatte, nicht aber die - insoweit maßgebenden - Mitarbeiter der Abrech­nungs­stelle.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 23/08 des BSG vom 12.06.2008

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