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Bundessozialgericht Urteil12.06.2008
Krankenkasse muss bei Erschleichen einer Krankenhausbehandlung durch missbräuchliche Verwendung einer Versichertenkarte nicht zahlenKrankenhaus trägt Kostenrisiko
Ein Krankenhaus trägt das Kostenrisiko für eine Krankenhausbehandlung, die ein in Deutschland nicht krankenversicherter Patient in Anspruch genommen hat, indem er die ihm von einem tatsächlich Versicherten überlassene Krankenversichertenkarte missbräuchlich benutzt und Personenidentität mit dem Versicherten vorgespiegelt hat. Dies gilt zumindest solange, wie die Krankenkasse - so hier - während der Behandlungszeit keine konkreten Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung der Krankenversichertenkarte hat. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden.
Ein Versicherter hatte seine - nicht mit einem Lichtbild versehene - Krankenversichertenkarte einem Freund überlassen, der seinerzeit nicht krankenversichert war, wegen einer Erkrankung aber eine medizinische Behandlung benötigte. Unter dem Namen des Versicherten und unter Vorlage von dessen Krankenversichertenkarte ließ sich der Patient zunächst bei einem niedergelassenen Vertragsarzt, der ihn nicht kannte, ambulant behandeln und eine Verordnung über eine notwendige Krankenhausbehandlung ausstellen. In einem Krankenhaus legte er diese Verordnung vor und unterzeichnete den Behandlungsvertrag, die Einverständniserklärung zu den geplanten medizinischen Maßnahmen sowie Empfangsbestätigungen jeweils mit dem Namen des Versicherten. Die Krankenkasse erteilte dem Krankenhaus zugunsten des in der Aufnahmeanzeige genannten Versicherten eine Kostenzusage unter dem "Vorbehalt eines Widerrufs, sofern und solange eine Mitgliedschaft bei unserer Kasse besteht". Die Behandlung fand in der Zeit vom 16. bis zum 29. März 2004 statt. Nach Aufdeckung des Betrugs nahm die Beklagte die Kostenzusage zurück und verlangte die Rückzahlung der Behandlungskosten, weil der Patient über seine Identität getäuscht habe und mit ihm kein Versicherungsverhältnis bestehe.
Bundessozialgericht: Kostenrisiko trägt das Krankenhaus
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass das Krankenhaus das Kostenrisiko für eine Krankenhausbehandlung trägt, die ein in Deutschland nicht krankenversicherter Patient in Anspruch genommen hat, indem er die ihm von einem tatsächlich Versicherten überlassene Krankenversichertenkarte missbräuchlich benutzt und Personenidentität mit dem Versicherten vorgespiegelt hat. Dies gilt zumindest solange, wie die Krankenkasse - so hier - während der Behandlungszeit keine konkreten Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung der Krankenversichertenkarte hat. Das Bundessozialgericht hat deshalb die Sprungrevision des Krankenhausträgers gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückgewiesen, das den Erstattungsanspruch der Krankenkasse bejaht hatte.
Kostenzusage der Versicherung gilt für den versicherten Patienten nicht für den tatsächlich behandelten Patienten
Auf die Kostenzusage konnte sich das Krankenhaus schon deshalb nicht berufen, weil sie ausdrücklich den Versicherten und nicht den tatsächlich behandelten Patienten betraf. Die vertragsärztliche Verordnung konnte keine Haftung der Krankenkasse begründen, weil der Vertragsarzt bei der Überweisung eines Patienten in ein Krankenhaus nicht als Vertreter der Krankenkasse fungiert. Auf die Krankenversichertenkarte konnte sich das Krankenhaus nicht stützen, weil diese nur in der vertragsärztlichen Versorgung, also im ambulanten Bereich, als "Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen" gilt und ansonsten nur für die Abrechnung der zugunsten der Versicherten erbrachten Leistungen mit den Leistungserbringern verwendet werden darf (§ 15 Abs. 2 und § 291 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Das Krankenhaus konnte sich auch nicht darauf berufen, dass Vertragsärzte insoweit privilegiert sind, als die Krankenkasse ihnen gegenüber bei Benutzung einer falschen Krankenversichertenkarte grundsätzlich haftet, und zwar gegen Abtretung des gegen den Patienten gerichteten Vergütungsanspruchs (zB § 19 Abs. 7 Bundesmantelvertrag-Ärzte). Eine solche Regelung hätte einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Krankenhausträgern und den Krankenkassen bedurft, die es - jedenfalls bisher - nicht gibt. Der Einwand der Erfüllung einer Nichtschuld (§ 814 BGB) war unbegründet, weil zwar eine Mitarbeiterin der Krankenkasse am Tage der Bezahlung der Rechnung vom Betrug Kenntnis hatte, nicht aber die - insoweit maßgebenden - Mitarbeiter der Abrechnungsstelle.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.06.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 23/08 des BSG vom 12.06.2008
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