15.11.2024
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Bundessozialgericht Beschluss27.01.2009

Bundes­so­zi­al­gericht hält abgesenkte Hartz-IV-Leistungen für Kinder unter 14 Jahre für verfas­sungs­widrigVorlage des Bundes­so­zi­al­ge­richts an das Bundes­ver­fas­sungs­gericht

Der für Kinder bis 14 Jahre geltende Hartz-IV-Satz ist nach Auffassung des Bundes­so­zi­al­ge­richts verfas­sungs­widrig. Der Gesetzgeber habe den Satz nicht ausreichend begründet. Die Richter setzten daher zwei Verfahren aus und riefen das Bundes­ver­fas­sungs­gericht an.

Das Bundes­so­zi­al­gericht hält § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II, der die Regelleistung für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres auf 60 vH der für alleinstehende Erwachsene maßgebenden Regelleistung festsetzt, für verfassungswidrig. Der Senat gründet die Annahme von Verfassungswidrigkeit auf einen Verstoß gegen

a) Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 1, 6 Abs. 2, 20 Abs. 1 Grundgesetz, weil die Regel­leistung für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres um 40 vH gegenüber der maßgebenden Regelleistung für Erwachsene herabgesetzt worden ist, ohne dass der für Kinder notwendige Bedarf ermittelt und definiert wurde,

b) Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz, weil das Sozialgeld für Kinder von Empfängern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II abschließend und bedarfsdeckend sein soll, während Kinder von Sozia­l­hil­fe­emp­fängern nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII abweichende Bedarfe geltend machen können und

c) Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz, weil § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II die Höhe der Regel­leistung für alle Kinder und Jugendlichen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres einheitlich mit 60 vH festsetzt, ohne dabei weitere Altersstufen vorzusehen.

Regelsatz muss auf Basis einer detaillierten normativen Wertung des Kinder- und Jugend­li­chen­bedarfs festgesetzt werden

Nach Auffassung des Senats wäre der Gesetzgeber gehalten gewesen, in dem grund­rechts­sen­siblen Bereich der Sicherung des Existenz­mi­nimums von Kindern den Regelsatz auf der Basis einer detaillierten normativen Wertung des Kinder- und Jugend­li­chen­bedarfs festzusetzen. Nur eine solche Festsetzung ermöglicht den Gerichten, eine begründete Entscheidung darüber zu treffen, inwieweit der Betrag von 207 Euro noch im Gestal­tungs­spielraum des Gesetzgebers lag. Der Senat geht weiterhin davon aus, dass der Gesetzgeber den ihm von Verfassungs wegen zustehenden Gestal­tungs­spielraum nicht überschritten hat, als er die Regelleistung zur Sicherung des Lebens­un­terhalts für alleinstehende Erwachsene (nach § 20 Abs. 2 SGB II) mit 345 Euro festgesetzt hat. Die Annahme von Verfas­sungs­wid­rigkeit der Vorschrift über die Regelleistung für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres lässt nicht den Schluss zu, dass der Betrag von 207 Euro in jedem Fall als nicht ausreichend anzusehen ist, um den Lebensunterhalt von Kindern unter 14 Jahren zu sichern. Der 14. Senat des Bundes­so­zi­al­ge­richts hat in beiden Fällen gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz das Verfahren ausgesetzt und dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II verfas­sungsgemäß ist.

Hinweise zur Rechtslage:

§ 20 Abs. 2 SGB II

(1) …

(2) Die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, in den alten Bundesländern einschließlich Berlin (Ost) 345 Euro, in den neuen Bundesländern 331 Euro.

§ 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II

(1) Nicht erwerbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfe­be­dürftigen in Bedarfs­ge­mein­schaft leben, erhalten Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches haben. Das Sozialgeld umfasst die sich aus § 19 Satz 1 ergebenden Leistungen. Hierbei gelten ergänzend folgende Maßgaben:

1. Die Regelleistung beträgt bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vom Hundert und im 15. Lebensjahr 80 vom Hundert der nach § 20 Abs. 2 maßgebenden Regelleistung; …

Quelle: ra-online, BSG

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