14.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil07.05.2009

Arbeits­lo­sengeld II - Lebens­ver­si­che­rungen müssen bei Härtefall nicht verkauft werdenPflicht zur Verwertung von Lebens­ver­si­che­rungen kann bei langjährig Selbständigen eine besondere Härte bedeuten

Die Pflicht zur Verwertung von Lebens­ver­si­che­rungen kann bei langjährig Selbständigen im Falle eines vorliegenden Härtefalls ausscheiden. Dies entschied das Bundes­so­zi­al­gericht.

Die 1950 geborene schwer­be­hinderte Klägerin, die überwiegend selbständig tätig war, ohne Beiträge zur gesetzlichen Renten­ver­si­cherung entrichtet zu haben, beantragte im Dezember 2005 bei dem beklagten Grund­si­che­rungs­träger Arbeits­lo­sengeld II (Alg II). Sie verfügte seinerzeit über sieben Kapita­l­le­bens­ver­si­che­rungen mit einem Rückkaufwert von ca 80.000 Euro, weswegen die Beklagte den Antrag der Klägerin ablehnte. Die dagegen erhobene Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg.

Landes­so­zi­al­gericht ging zuvor von einem zu strengen, rechtlich unzutreffenden Maßstab aus

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat das Urteil des Landes­so­zi­al­ge­richts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landes­so­zi­al­gericht zurückverwiesen. In der Sache hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden, dass bei langjährig Selbständigen eine Pflicht zur Verwertung von Lebens­ver­si­che­rungen wegen Vorliegens eines Härtefalls ausscheiden kann, wenn eine Kumulation von Umständen vorliegt. Ob dies bei der Klägerin der Fall war, konnte der Senat allerdings wegen fehlender Feststellungen des Landes­so­zi­al­ge­richts nicht abschließend entscheiden. Das Landes­so­zi­al­gericht hat zu Unrecht auch bei der überwiegend selbständig tätig gewesenen Klägerin das Vorliegen eines Härtefalls schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, die Verwertung ihrer Lebens­ver­si­che­rungs­verträge vor Eintritt in den Ruhestand vertraglich in der Form auszuschließen, wie sie von § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II gefordert wird. Das Landes­so­zi­al­gericht ist insofern in Bezug auf Hilfebedürftige, die im Verlauf ihres Erwerbslebens überwiegend nicht in der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung pflicht­ver­sichert waren, von einem zu strengen, rechtlich unzutreffenden Maßstab ausgegangen. Maßgebend ist insoweit lediglich, ob die Lebens­ver­si­che­rungs­verträge objektiv und subjektiv zur Altersvorsorge zweckbestimmt waren.

Verwertung

Verwertung der Lebensversicherung entstehen würde'> Um feststellen zu können, ob die geforderte Verwertung der Lebens­ver­si­che­rungen der Klägerin für diese eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6, 2. Alternative SGB II bedeuten würde, wird das Landes­so­zi­al­gericht zu ermitteln haben, inwieweit bei der Klägerin eine Versor­gungslücke besteht. Dies liegt bereits deshalb nahe, weil die Klägerin bei Vollendung des 65. Lebensjahres nur mit einer monatlichen Rente aus der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung in Höhe von 257,10 Euro rechnen kann. Hierbei wird auch zu ermitteln sein, über welches Restleis­tungs­vermögen die Klägerin verfügt. Ihr wurde ein GdB von 50 zuerkannt. Das Bundes­so­zi­al­gericht geht dabei davon aus, dass die Restleis­tungs­fä­higkeit auch Indiz dafür sein kann, inwiefern die Klägerin überhaut noch in der Lage sein wird, eine neue, zusätzliche Rente­n­an­wart­schaft durch Erwer­b­s­tä­tigkeit aufzubauen. Gegebenenfalls wird auch zu berücksichtigen sein, aus welchem Grund und für welche Dauer der Klägerin Berufs­un­fä­hig­keits­renten gewährt werden, sowie über welche Berufs­aus­bil­dungen und Fertigkeiten die Klägerin verfügt. Das Landes­so­zi­al­gericht wird auch zu berücksichtigen haben, dass die besondere Härte im Sinne dieser Regelung möglicherweise noch nicht zu Beginn des Bewil­li­gungs­zeitraums vorlag, als die Klägerin 55 Jahre alt war, gegebenenfalls aber später im Verlauf des Rechtsstreits eingetreten sein könnte.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 17/09 des BSG vom 07.05.2009

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