18.10.2024
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Sie sehen eine Geldbörse mit einer Gesundheitskarte von einer deutschen Krankenversicherung.

Dokument-Nr. 31698

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Bundessozialgericht Urteil26.04.2022

Krankenkasse muss nicht für Operationen durch Nichtarzt mit erschlichener Approbation zahlenApprobation begründet nur widerlegbare Vermutung fachlicher Qualifikation

Ein Krankenhaus hat keinen Anspruch auf Vergütung für Krankenhaus­behandlungen, an denen ein Nichtarzt als vermeintlicher Arzt mitgewirkt hat. Der Vergütungs­ausschluss gilt auch dann, wenn dem Nichtarzt zuvor eine echte Appro­ba­ti­o­ns­urkunde ausgestellt worden ist. Er erstreckt sich allerdings nicht auf eigenständige und abgrenzbare Behandlungs­abschnitte, an denen der Nichtarzt nicht mitgewirkt hat. Dies hat das Bundes­sozial­gerichts (BSG) entschieden.

P, der keine ärztliche Prüfung abgelegt hatte, erlangte seine ärztliche Approbation durch Vorlage gefälschter Zeugnisse. Das beklagte Krankenhaus beschäftigte ihn im Vertrauen auf die echte behördliche Appro­ba­ti­o­ns­urkunde. Nach Bekanntwerden der Täuschung nahm die zuständige Behörde die Approbation zurück. P wurde wegen Körper­ver­letzung und Urkun­den­fäl­schung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die klagende Krankenkasse verlangte vom Krankenhaus Rückerstattung der für Behandlungen gezahlten Vergütung, an denen P mitgewirkt hatte. Während das Sozialgericht die Klage abgewiesen hatte, hat das Landes­so­zi­al­gericht das Krankenhaus zur Erstattung der gesamten Vergütung für die noch streitigen Behand­lungsfälle ab 2012 verurteilt.

BSG verneint Vergü­tungs­an­spruch wegen Verletzung des Arztvorbehalts

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat nun entschieden, dass das Krankenhaus zur Erstattung der rechtsgrundlos gezahlten Vergütung verpflichtet ist. Zur Bestimmung des genauen Umfangs des Erstat­tungs­an­spruchs wurde das Verfahren an das Landes­so­zi­al­gericht zurückverwiesen. Für Kranken­h­aus­be­hand­lungen, an denen ein Nichtarzt mitgewirkt hat, besteht wegen des in der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung geltenden Arztvorbehalts kein Vergü­tungs­an­spruch. Voraussetzung der Erbringung ärztlicher Leistungen ist nicht nur die Approbation, sondern auch die fachliche Qualifikation als Arzt. Die Approbation ist zwar notwendige Voraussetzung für die Ausübung des Arztberufs. Sie spricht im Sinne einer widerlegbaren Vermutung auch dafür, dass der Betreffende über die medizinische Mindest­qua­li­fi­kation verfügt; sie fingiert diese aber nicht. Fehlt es an dieser, verletzt dies den Arztvorbehalt und damit das bei jeder Behandlung zu beachtende Qualitätsgebot. Unerheblich ist hierbei, ob die von P erbrachten Leistungen für sich genommen medizinisch mangelfrei waren und ob am Behand­lungs­ge­schehen noch andere Personen mitgewirkt haben. Denn bei der Kranken­h­aus­be­handlung handelt es sich um eine komplexe Gesamtleistung, die mit Fallpauschalen vergütet wird.

Ausnahme von dem Vergü­tungs­aus­schluss

Eine Ausnahme von dem Vergü­tungs­aus­schluss gilt lediglich für eigenständige und abgrenzbare Behand­lungs­ab­schnitte, an denen der Nichtarzt nicht mitgewirkt hat. Der Ausschluss des Vergü­tungs­an­spruchs dient allein der Einhaltung des Qualitätsgebots und soll keine darüber hinausgehende Sanktion des Leistungs­er­bringers bewirken. Er erstreckt sich daher nicht auf Teile der Behandlung, die vom Rechtsverstoß nicht erfasst sein können. Das Landes­so­zi­al­gericht muss nun feststellen, ob in den Behand­lungs­fällen eigenständige und abgrenzbare Behandlungen durchgeführt wurden, an denen P nicht mitgewirkt hat.

Quelle: Bundessozialgericht, ra-online (pm/cc)

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