21.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil19.06.2018

Krankenhaus steht auch ohne vertrag­s­ärztliche Einweisung eines Versicherten Vergütung für Behandlung zuVersicherte mit Akutsymptomatik dürfen von Krankenhaus nicht ohne Untersuchung mangels vertrag­s­ärzt­licher Einweisung weggeschickt werden

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat entschieden, dass der Vergü­tungs­an­spruch eines zugelassenen Krankenhauses gegen eine Krankenkasse für eine erforderliche und wirtschaftliche teilstationäre Behandlung ihres Versicherten keine vertrag­s­ärztliche Einweisung in das Krankenhaus voraussetzt.

Im zugrunde liegenden Verfahren forderte die klagende Kranken­haus­trägerin vergeblich für die teilstationäre Behandlung des bei der beklagten Krankenkasse Versicherten 5596,24 Euro. Die Beklagte lehnte jegliche Zahlung ab, da die Behandlung ohne vertrag­s­ärztliche Einweisung (als "Selbst­ein­weisung") erfolgte.

Anders als das Sozialgericht Hannover hat das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen die Beklagte zur Zahlung nebst Zinsen verurteilt.

Vertrag­s­ärztliche Verordnung ist auch außerhalb von Notfällen keine formale Voraussetzung für Anspruch

Zu Recht, wie das Bundes­so­zi­al­gericht entschied. Der Vergütungsanspruch für Kranken­h­aus­be­handlung entstehe unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolge und erforderlich und wirtschaftlich sei. Eine vertrag­s­ärztliche Verordnung sei auch außerhalb von Notfällen keine formale Voraussetzung des Anspruchs, so das Gericht. Dies riefe Versor­gungs­mängel hervor und setzte die Krankenhäuser bei der Aufnahmeprüfung unzumutbaren Haftungsrisiken aus. Sie dürfen Versicherte, die sich ohne vertrag­s­ärztliche Einweisung mit einer Akutsymptomatik vorstellen, nicht einfach ohne Untersuchung wegschicken. Die hiervon abweichende Vereinbarung im nieder­säch­sischen Landesvertrag verstoße laut Bundes­so­zi­al­gericht gegen Bundesrecht.

Hinweise zur Rechtslage

§ 39 Fünftes Buch Sozial­ge­setzbuch (i.d.F. durch Art. 3 Nr. 2 KHRG v. 17.3.2009, BGBl I 534 m.W.v. 25.3.2009) - Auszug -

(1) 1Die Kranken­h­aus­be­handlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. 2Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. [...]

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

[...]

§ 73 Fünftes Buch Sozial­ge­setzbuch

[...]

(2) 1 Die vertrag­s­ärztliche Versorgung umfasst die

[...]

7. Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Kranken­trans­porten sowie Kranken­h­aus­be­handlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabi­li­ta­ti­o­ns­ein­rich­tungen,

[...]

§ 109 Fünftes Buch Sozial­ge­setzbuch

[...]

(4) [...] 2 Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versor­gungs­auftrags zur Kranken­h­aus­be­handlung (§ 39) der Versicherten verpflichtet.

[...]

§ 112 Fünftes Buch Sozial­ge­setzbuch

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam schließen mit der Landes­kran­ken­h­aus­ge­sell­schaft oder mit den Vereinigungen der Kranken­haus­träger im Land gemeinsam Verträge, um sicherzustellen, dass Art und Umfang der Kranken­h­aus­be­handlung den Anforderungen dieses Gesetzbuchs entsprechen.

(2) 1 Die Verträge regeln insbesondere

1. die allgemeinen Bedingungen der Kranken­h­aus­be­handlung einschließlich der a) Aufnahme und Entlassung der Versicherten, [...]

§ 3 des Vertrags nach § 112 SGB V zwischen der nieder­säch­sischen Kranken­h­aus­ge­sell­schaft und den Krankenkassen

[...]

(2) Kranken­h­aus­be­handlung (stationär oder teilstationär/vor- und nachstationär) wird durchgeführt, wenn sie - von Notfällen abgesehen - von einem Kassen-/Vertragsarzt verordnet ist und nach Art oder Schwere der Krankheit die medizinische Versorgung gemeinsam mit der pflegerischen Betreuung nur mit den Mitteln eines Krankenhauses möglich ist, das heißt ambulante kassen-/vertrag­s­ärztliche Versorgung nicht ausreicht.

[...]

(4) Ein Notfall im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere vor, wenn sich der Versicherte infolge von Verletzung, Krankheit oder sonstigen Umständen in Lebensgefahr befindet oder der Gesund­heits­zustand in kurzer Zeit eine wesentliche Verschlech­terung befürchten lässt, sofern nicht unverzüglich stationäre Behandlung eingeleitet wird. Bei Einweisung durch einen Notarzt des Rettungs­dienstes liegt in jedem Fall ein Notfall vor.

[...]

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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