18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine Geldbörse mit einer Gesundheitskarte von einer deutschen Krankenversicherung.
ergänzende Informationen

Bundessozialgericht Urteil19.06.2018

Krankenhaus steht auch ohne vertrag­s­ärztliche Einweisung eines Versicherten Vergütung für Behandlung zuVersicherte mit Akutsymptomatik dürfen von Krankenhaus nicht ohne Untersuchung mangels vertrag­s­ärzt­licher Einweisung weggeschickt werden

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat entschieden, dass der Vergü­tungs­an­spruch eines zugelassenen Krankenhauses gegen eine Krankenkasse für eine erforderliche und wirtschaftliche teilstationäre Behandlung ihres Versicherten keine vertrag­s­ärztliche Einweisung in das Krankenhaus voraussetzt.

Im zugrunde liegenden Verfahren forderte die klagende Kranken­haus­trägerin vergeblich für die teilstationäre Behandlung des bei der beklagten Krankenkasse Versicherten 5596,24 Euro. Die Beklagte lehnte jegliche Zahlung ab, da die Behandlung ohne vertrag­s­ärztliche Einweisung (als "Selbst­ein­weisung") erfolgte.

Anders als das Sozialgericht Hannover hat das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen die Beklagte zur Zahlung nebst Zinsen verurteilt.

Vertrag­s­ärztliche Verordnung ist auch außerhalb von Notfällen keine formale Voraussetzung für Anspruch

Zu Recht, wie das Bundes­so­zi­al­gericht entschied. Der Vergütungsanspruch für Kranken­h­aus­be­handlung entstehe unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolge und erforderlich und wirtschaftlich sei. Eine vertrag­s­ärztliche Verordnung sei auch außerhalb von Notfällen keine formale Voraussetzung des Anspruchs, so das Gericht. Dies riefe Versor­gungs­mängel hervor und setzte die Krankenhäuser bei der Aufnahmeprüfung unzumutbaren Haftungsrisiken aus. Sie dürfen Versicherte, die sich ohne vertrag­s­ärztliche Einweisung mit einer Akutsymptomatik vorstellen, nicht einfach ohne Untersuchung wegschicken. Die hiervon abweichende Vereinbarung im nieder­säch­sischen Landesvertrag verstoße laut Bundes­so­zi­al­gericht gegen Bundesrecht.

Hinweise zur Rechtslage

Erläuterungen

§ 39 Fünftes Buch Sozial­ge­setzbuch (i.d.F. durch Art. 3 Nr. 2 KHRG v. 17.3.2009, BGBl I 534 m.W.v. 25.3.2009) - Auszug -

(1) 1Die Kranken­h­aus­be­handlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. 2Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. [...]

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

[...]

§ 73 Fünftes Buch Sozial­ge­setzbuch

[...]

(2) 1 Die vertrag­s­ärztliche Versorgung umfasst die

[...]

7. Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Kranken­trans­porten sowie Kranken­h­aus­be­handlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabi­li­ta­ti­o­ns­ein­rich­tungen,

[...]

§ 109 Fünftes Buch Sozial­ge­setzbuch

[...]

(4) [...] 2 Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versor­gungs­auftrags zur Kranken­h­aus­be­handlung (§ 39) der Versicherten verpflichtet.

[...]

§ 112 Fünftes Buch Sozial­ge­setzbuch

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam schließen mit der Landes­kran­ken­h­aus­ge­sell­schaft oder mit den Vereinigungen der Kranken­haus­träger im Land gemeinsam Verträge, um sicherzustellen, dass Art und Umfang der Kranken­h­aus­be­handlung den Anforderungen dieses Gesetzbuchs entsprechen.

(2) 1 Die Verträge regeln insbesondere

1. die allgemeinen Bedingungen der Kranken­h­aus­be­handlung einschließlich der a) Aufnahme und Entlassung der Versicherten, [...]

§ 3 des Vertrags nach § 112 SGB V zwischen der nieder­säch­sischen Kranken­h­aus­ge­sell­schaft und den Krankenkassen

[...]

(2) Kranken­h­aus­be­handlung (stationär oder teilstationär/vor- und nachstationär) wird durchgeführt, wenn sie - von Notfällen abgesehen - von einem Kassen-/Vertragsarzt verordnet ist und nach Art oder Schwere der Krankheit die medizinische Versorgung gemeinsam mit der pflegerischen Betreuung nur mit den Mitteln eines Krankenhauses möglich ist, das heißt ambulante kassen-/vertrag­s­ärztliche Versorgung nicht ausreicht.

[...]

(4) Ein Notfall im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere vor, wenn sich der Versicherte infolge von Verletzung, Krankheit oder sonstigen Umständen in Lebensgefahr befindet oder der Gesund­heits­zustand in kurzer Zeit eine wesentliche Verschlech­terung befürchten lässt, sofern nicht unverzüglich stationäre Behandlung eingeleitet wird. Bei Einweisung durch einen Notarzt des Rettungs­dienstes liegt in jedem Fall ein Notfall vor.

[...]

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil26062

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI