18.10.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 8696

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Urteil29.10.2009BundesgerichtshofZR 180/07 und I ZR 188/07
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GRUR 2010, 455Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2010, Seite: 455
  • JuS 2010, 826 (Volker Emmerich)Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2010, Seite: 826, Entscheidungsbesprechung von Volker Emmerich
  • NJW-RR 2010, 917Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2010, Seite: 917
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Vorinstanzen:
  • Kammergericht Berlin, Urteil21.09.2007, 5 U 199/06 und 5 U 198/06
  • Landgericht Berlin, Urteil21.11.2006, 102 O 67/06 und 102 O 66/06
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil29.10.2009

BGH: Zeitungs­vertrieb über "Stumme Verkäufer" grundsätzlich zulässigVorgehensweise des Springer-Verlages stellt keine wettbe­wer­bs­widrige Marktstörung dar

Für Zeitungsverlage ist es grundsätzlich zulässig, den Vertrieb von Zeitungen auch über Verkaufsboxen – so genannte "Stumme Verkäufer" – vorzunehmen, aus denen Zeitungen vom Verbraucher gegen Bezahlung des Kaufpreises entnommen werden dürfen. Ein solches Vorgehen ist nicht als wettbe­wer­bs­widrig oder marktbehindernd einzustufen. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Die Kläger sind Berliner Zeitungsverlage, die die "Berliner Zeitung", den "Berliner Kurier" und den "Tagesspiegel" herausgeben. Die Beklagte ist die Axel Springer AG, die in Berlin über einen Marktanteil – bezogen auf die verkauften Exemplare – von 50 % verfügt. Der Springer-Verlag plant, seine Zeitung "WELT KOMPAKT" zu einem Kaufpreis von 70 Cent auch über ungesicherte Verkaufshilfen, so genannte "Stumme Verkäufer", abzusetzen. Die Kläger hatten die Ansicht vertreten, diese Vertriebsart sei wettbewerbswidrig, weil sie in erheblichem Umfang auf eine Gratisabgabe hinauslaufe und die Verbraucher durch die Möglichkeit, sich die Zeitung ohne Bezahlung zu verschaffen, übermäßig angelockt würden. Auch führe die von der Beklagten geplante Praxis zu einer allgemeinen Markt­be­hin­derung.

Das Landgericht hat den deswegen von den Klägern erhobenen Unter­las­sungs­klagen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klagen geführt.

Übertriebenes Anlocken von Verbrauchern nicht zu erwarten

Der Bundes­ge­richtshof hat die Klageabweisung bestätigt. Ein Unter­las­sungs­an­spruch wegen übertriebenen Anlockens bestehe jedenfalls deshalb nicht, weil es an einer unangemessenen unsachlichen Einflussnahme auf die Personen fehle, die sich durch die beanstandete Geschäfts­methode der Beklagten dazu verleiten lassen, die in deren Verkaufs­au­tomaten angebotenen Zeitungen ohne Bezahlung zu entnehmen. Außerdem verdiene die Entschei­dungs­freiheit von Verbrauchern keinen Schutz, die sich durch die ungesicherten Verkaufsboxen zu einem Diebstahl verleiten ließen.

Vertrieb über stumme Verkäufer keine ernste Gefahr für Wettbewerb

Das beanstandete Verhalten des Springer-Verlages stelle auch keine wettbe­wer­bs­widrige Marktstörung dar. Unter diesem Gesichtspunkt könne einem Anbieter zwar untersagt werden, seine Waren in großem Umfang zu verschenken, wenn dadurch andere Wettbewerber aus dem Markt gedrängt werden und deswegen die ernstliche Gefahr bestehe, dass der Wettbewerb auf dem fraglichen Markt erheblich eingeschränkt werde. Der Vertrieb über stumme Verkäufer begründe aber eine solche ernste Gefahr für den Wettbewerb nicht. Dies hatte der Bundes­ge­richtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1996 noch anders beurteilt.

Zeitung nur gegen Bezahlung

Im Streitfall kam hinzu, dass sich der Springer-Verlag gegenüber den Klägern verpflichtet hatte, auf den Verkaufsboxen deutlich darauf hinzuweisen, dass eine Zeitung nur gegen Bezahlung des Kaufpreises entnommen werden dürfe, Diebstahl verfolgt werde und Kontrolleure im Einsatz seien.

Quelle: ra-online, BGH

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