21.11.2024
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Dokument-Nr. 32302

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Urteil26.10.2022BundesgerichtshofXII ZR 89/21
Vorinstanzen:
  • Landgericht Düsseldorf, Urteil11.12.2019, 12 O 63/19
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil07.10.2021, 20 U 116/20
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Bundesgerichtshof Urteil26.10.2022

BGH verbietet Abschaltoption für gemietete AutobatterienKlausel zur Fernabschaltung einer Autobatterie durch den Vermieter unwirksam

Vermieter von Batterien für Elektroautos dürfen diese nicht per digitalem Fernzugriff abschalten. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden und eine entsprechende Klausel in Allgemeinen Geschäfts­bedingungen (AGB) für unwirksam erklärt.

Der Kläger hat als Verbrau­cher­schutz­verein gegen die Beklagte, eine französische Bank, die Unterlassung der Verwendung von AGB-Klauseln bei Vermietung von Batterien für Elektro­fahrzeuge geltend gemacht. Die Beklagte vermietet Batterien für von ihren Kunden gekaufte oder geleaste Elektro­fahrzeuge. Hierfür verwendet sie "Allgemeine Batterie-Mietbedingungen", die ihr als Vermieterin im Fall der außer­or­dent­lichen Vertragsbeendigung durch Kündigung nach entsprechender Ankündigung die Sperre der Aufla­demög­lichkeit der Batterie erlauben. Der Kläger macht geltend, die AGB-Klausel sei unwirksam, weil sie eine unangemessene Benachteiligung der Mieter enthalte. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung einer Verwendung der Klausel gegenüber Verbrauchern verurteilt. Das Berufungs­gericht hat die von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen. Das Sperren der Aufla­demög­lichkeit stelle eine verbotene Eigenmacht gemäß § 858 Abs. 1 BGB dar; ein Eingriff in die unmittelbare Sachherrschaft des Besitzers dürfe aber nur aufgrund eines staatlichen Vollstre­ckungs­titels erfolgen.

BGH lässt Frage von Ansprüchen aus Besitzerschutz offen

Der Bundes­ge­richtshof hat die Entscheidung des Berufungs­ge­richts im Ergebnis bestätigt. Dabei bedurfte die Annahme des Berufungs­ge­richts, die Sperrung der Aufla­demög­lichkeit löse Ansprüche der Mieter aus Besitzschutz aus, keiner abschließenden Beurteilung. Zwar stellt ein Fernzugriff auf die vermietete Batterie eine Besitzstörung im Sinne des § 858 BGB dar. Ein Besitzschutz gegen die bloße Besitzstörung wäre aber ausgeschlossen, wenn der Vermieter aufgrund seiner Zugriffs­mög­lichkeit auf die Batterie deren Mitbesitzer geblieben wäre. Unter Mitbesitzern bestünde nach § 866 BGB ein Besitzschutz nur gegen eine - hier nicht vorliegende - vollständige Entziehung des Besitzes. Die in der Literatur umstrittene Frage, ob in solchen Fällen ein Mitbesitz vorliegt, bedurfte hier aber keiner Entscheidung.

Klausel stellt einseitige Vertrags­ge­staltung dar

Denn die streit­ge­gen­ständliche Klausel stellt jedenfalls eine einseitige Vertrags­ge­staltung dar, mit der die Beklagte missbräuchlich die eigenen Interessen auf Kosten der Mieter durchzusetzen versucht, ohne deren Interessen angemessen zu berücksichtigen. Durch die allein in der Macht des Vermieters liegende Sperr­mög­lichkeit wird die Last, sich die weitere Nutzung zu sichern, auf den Mieter abgewälzt. Darin liegt jedenfalls dann eine unangemessene Benachteiligung des Mieters als Verbraucher, wenn dieser die Weiterbenutzung seines - gesondert erworbenen, geleasten oder gemieteten - E-Fahrzeugs im Streitfall nur durch gerichtliche Geltendmachung einer weiteren Gebrauchs­über­lassung der Batterie erreichen kann. Zwar liegt es grundsätzlich im berechtigten Interesse des Vermieters, dass er nach wirksamer Beendigung des Mietvertrags die weitere Nutzung des Mietobjekts unterbinden kann. Auf der anderen Seite steht aber das Interesse des Mieters, sich die weitere Vertrags­er­füllung zu sichern. Dieses ist jedenfalls dann als berechtigt anzuerkennen, wenn die Wirksamkeit der Kündigung zwischen den Vertrags­parteien streitig ist. Beruft sich etwa der Mieter auf eine Mietminderung oder ein Zurück­be­hal­tungsrecht wegen Mängeln, so läuft er Gefahr, dass der Vermieter ungeachtet dessen die Kündigung erklärt und das Mietobjekt per Fernzugriff sperrt. Das gewinnt insbesondere dann an Bedeutung, wenn das Mietobjekt und dessen fortgesetzte Nutzung für den Mieter von erheblichem Interesse sind.

Mietkaution und Nutzungs­ent­schä­digung möglich

Dementsprechend ist die gesetzliche Risiko­ver­teilung beim Mietverhältnis dadurch geprägt, dass der Vermieter aufgrund der Überlassung des Mietobjekts grundsätzlich das Risiko der nach Mietver­trags­be­en­digung fortgesetzten (Ab-)Nutzung trägt. Dagegen kann er sich durch Vereinbarung einer Mietkaution absichern. Außerdem steht ihm ein Anspruch auf Nutzungs­ent­schä­digung nach § 546 a BGB zu. Die streit­ge­gen­ständliche Klausel erlaubt dagegen einen Zugriff auf die Batterie und mittelbar auch auf das E-Fahrzeug, das für den Mieter infolge der Batte­rie­sperrung nutzlos wird. Dadurch, dass die Batterie herstell­er­ge­bunden und mit dem E-Fahrzeug verknüpft ist, hat der Mieter keine zumutbare Möglichkeit, die gesperrte Batterie durch ein anderes Fabrikat zu ersetzen, um das E-Fahrzeug weiter betreiben zu können. Mit dem E-Fahrzeug wird somit neben der Batterie ein wesentlich höherwertiger Vermö­gens­be­standteil für ihn unbrauchbar bzw. ein Nutzungsrecht daran entwertet. Hinzu kommt, dass das längerfristig angeschaffte bzw. gesondert gemietete oder geleaste E-Fahrzeug vom Mieter nicht selten beruflich genutzt wird und regelmäßig auch für die private Lebens­ge­staltung von wesentlicher Bedeutung ist.

Klausel verstößt gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB

Wenn unter diesen Umständen bei einem Streit über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen außer­or­dent­lichen Kündigung abweichend von der gesetzlichen Risiko­ver­teilung die Klagelast durch allgemeine Geschäfts­be­din­gungen auf den Mieter abgewälzt werden soll, verstößt die entsprechende Klausel gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB. Denn der mit der Sperrung einhergehende Ausschluss von der Nutzung der Batterie und folglich auch des E-Fahrzeugs geht mit seinen Wirkungen über die Batterie als Mietobjekt wesentlich hinaus. Eine solche Gestaltung lässt sich auch nicht durch das Interesse der Beklagten an der Sicherung gegen den mit der Abnutzung der Batterie nach Vertrags­be­en­digung verbundenen Vermö­gens­schaden rechtfertigen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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