21.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 31492

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Bundesgerichtshof Urteil02.03.2022

BGH: Raummiete für coronabedingt abgesagte Hochzeitsfeier muss bei möglicher Terminverlegung bezahlt werdenBGH zur Mietzah­lungs­pflicht bei coronabedingter Absage einer Hochzeitsfeier

Der Bundes­ge­richtshof hatte zu entscheiden, ob die Mieter der für eine Hochzeitsfeier gemieteten Räume zur vollständigen Zahlung der Miete verpflichtet sind, wenn die Feier aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte. Es kommt dabei auf den Einzelfall an.

Die Kläger, die am 11. Dezember 2018 standesamtlich geheiratet hatten, mieteten bei der Beklagten Räume für eine am 1. Mai 2020 geplante Hochzeitsfeier mit ca. 70 Personen. Nach mündlichen Vertrags­ver­hand­lungen übersandte die Beklagte den Klägern eine auf den 5. April 2019 datierte Rechnung über die vereinbarte Miete von 2.600 €, die von den Klägern beglichen wurde. Die geplante Hochzeitsfeier konnte nicht durchgeführt werden, weil aufgrund der nordrhein-westfälischen Corona­schutz­ver­ordnung in der ab dem 27. April 2020 gültigen Fassung Veranstaltungen sowie Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen untersagt worden waren. Am 23. März 2020 bot die Beklagte den Klägern unter Angabe von Alter­na­tiv­terminen an, die Hochzeitsfeier zu verschieben. Mit Schreiben vom 24. April 2020 baten die Kläger um Rückzahlung der geleisteten Miete und erklärten gleichzeitig den Rücktritt vom Vertrag.

Amtsgericht wies Klage auf Rückzahlung der vollen Miete ab - Landgericht verurteilte den Beklagten auf Rückzahlung der halben Miete

Das Amtsgericht hat die auf Rückzahlung der vollen Miete gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht das Urteil abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Kläger 1.300 € nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundes­ge­richtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die erstin­sta­nzliche Entscheidung wieder­her­ge­stellt. Die Anschluss­re­vision der Kläger hat er zurückgewiesen.

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie nicht zu einer Unmöglichkeit im Sinne der §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB geführt haben. Denn der Beklagten war es trotz des zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier in Nordrhein-Westfalen geltenden Veran­stal­tungs­verbots und der angeordneten Kontakt­be­schrän­kungen nicht unmöglich, den Klägern den Gebrauch der Mietsache entsprechend dem vereinbarten Mietzweck zu gewähren. Ebenso zutreffend hat das Landgericht eine Minderung des Mietzinses nach § 536 Abs. 1 BGB abgelehnt. Durch die Corona­schutz­ver­ordnung wurde weder den Klägern die Nutzung der angemieteten Räume noch der Beklagten tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträum­lich­keiten verboten. Das Mietobjekt stand daher trotz der Regelungen in der Corona­schutz­ver­ordnung, die die Durchführung der geplanten Hochzeitsfeier untersagte, weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung. Eine Geschäfts­schließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolgt, stellt somit keinen Mangel der Mietsache iSv § 536 Abs. 1 BGB dar. Beides hat der Senat in seiner grundlegenden Entscheidung vom 12. Januar 2022 (XII ZR 8/21) bereits ausgeführt. Gleiches gilt, wenn aus diesem Grund in Räumlichkeiten, die von Privatpersonen bei einem gewerblichen Anbieter angemietet wurden, eine dort geplante Veranstaltung nicht stattfinden konnte. Damit stand der Klägerin auch kein Recht zum Rücktritt nach § 326 Abs. 5 BGB oder zur außer­or­dent­lichen Kündigung des Mietvertrags nach § 543 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB zu.

Anspruch auf Anpassung des Mietvertrags aufgrund der Regelungen zur Störung der Geschäfts­grundlage

Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht den Klägern im vorliegenden Einzelfall auch kein Anspruch aus § 313 Abs. 1 BGB (Störung der Geschäfts­grundlage) auf Anpassung des Mietvertrags dahingehend zu, dass sie von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Miete vollständig oder teilweise befreit wären. Zwar kommt nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs (Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21) für den Fall einer Geschäfts­schließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolgt, ein solcher Anpas­sungs­an­spruch grundsätzlich in Betracht. Nach der vorliegenden Entscheidung gilt dies auch für Räume, die zur Durchführung einer Veranstaltung gemietet wurden, wenn die Feier aufgrund von hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte.

Dies bedeutet aber nicht, dass der Mieter in diesen Fällen stets eine Anpassung der Miete verlangen kann. Ob ihm ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (§ 313 Abs. 1 BGB). Die Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäfts­grundlage führt nur ausnahmsweise zur völligen Beseitigung des Vertrags­ver­hält­nisses; in aller Regel ist der Vertrag nach Möglichkeit aufrecht­zu­er­halten und lediglich in einer den berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung tragenden Form der veränderten Sachlage anzupassen. Nur wenn dies nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist, kann nach § 313 Abs. 3 BGB der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten oder bei Dauer­schuld­ver­hält­nissen den Vertrag kündigen.

BGH: Kläger haben Anspruch auf terminliche Verlegung der Hochzeitsfeier

Im vorliegenden Fall beschränkt sich der Anpas­sungs­an­spruch der Kläger nach § 313 Abs. 1 BGB auf die von der Beklagten angebotene Verlegung der Hochzeitsfeier, weil bereits dadurch eine inter­es­sen­ge­rechte Verteilung des Pandemierisikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung hergestellt werden kann. Die Beklagte hat den Klägern bereits am 23. März 2020 eine Vielzahl von Ausweich­terminen, auch für das Jahr 2021, angeboten. Den Klägern wäre zum Zeitpunkt der Berufungs­ent­scheidung eine Verlegung der Hochzeitsfeier auch zumutbar gewesen. Sie hatten bereits im Dezember 2018 standesamtlich geheiratet und die Hochzeitsfeier stand daher nicht, wie regelmäßig, im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer standes­amt­lichen oder kirchlichen Trauung. Die Kläger haben auch keine anderen Gründe dafür vorgetragen, dass die Feier ausschließlich am 1. Mai 2020 und nicht auch zu einem späteren Termin hätte stattfinden können. Sollten sie inzwischen endgültig auf eine Hochzeitsfeier verzichten wollen, fiele diese Entscheidung allein in ihren Risikobereich und hätte daher auf die vorzunehmende Vertrags­an­passung keine Auswirkung. Denn sie beträfe das allgemeine Verwen­dungs­risiko eines Mieters und stünde nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit der pande­mie­be­dingten Störung der Geschäfts­grundlage.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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