18.10.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 5930

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Urteil16.04.2008BundesgerichtshofXII ZR 107/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DNotZ 2008, 855Deutsche Notar-Zeitschrift (DNotZ), Jahrgang: 2008, Seite: 855
  • FamRZ 2008, 1325Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2008, Seite: 1325
  • MDR 2008, 920Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2008, Seite: 920
  • NJW 2008, 2581Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2008, Seite: 2581
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Dortmund, Urteil11.07.2005, 172 F 2200/02
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil17.04.2008, 4 UF 208/02
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil16.04.2008

BGH zur Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hatte sich mit Fragen der Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts zu befassen.

Die Parteien hatten 1989 geheiratet. In ihrem Haushalt lebten ein 1983 geborenes Pflegekind aus der ersten Ehe des Ehemannes, zwei 1984 bzw. 1988 geborene Kinder der Ehefrau und ein 1989 geborenes gemeinsames Kind. Seit November 2005 sind die Ehegatten rechtskräftig geschieden. Das Oberlan­des­gericht hat der geschiedenen Ehefrau auf der Grundlage der Erwer­b­s­ein­künfte des Ehemannes, seines Vorteils aus mietfreiem Wohnen im eigenen Haus und seiner Unter­halts­pflicht für die jüngste Tochter einerseits sowie eigener fiktiver Erwer­b­s­ein­künfte aus einer Vollzeit­tä­tigkeit und weiterer Zinseinkünfte aus den im Zugewin­n­aus­gleich erhaltenen 66.500 € andererseits einen Unter­halts­an­spruch in zeitlich gestufter Höhe, zuletzt in Höhe von rund 240 €, zugesprochen.

Ehefrau verschwieg höheres Einkommen

Den Anspruch der Ehefrau auf Aufstockungsunterhalt hat das Oberlan­des­gericht wegen Verwirkung für die Dauer von einem Jahr um monatlich 100 € gekürzt. Nach Abschluss eines Vergleichs über den Trennungs­un­terhalt im September 2003, dem eigene Einkünfte in Höhe von 800 €/monatlich zu Grunde gelegt waren, hatte die Ehefrau erst im Dezember 2004 offenbart, dass sie bereits seit Dezember 2003 ein höheres eigenes Monatseinkommen von 1.184 € erzielte.

Die vom Ehemann angestrebte Befristung des nachehelichen Aufsto­ckungs­un­terhalts hat das Oberlan­des­gericht abgelehnt, weil solches nach einer Ehedauer von fast 13 Jahren nur bei außer­ge­wöhn­lichen Umständen in Betracht komme, die hier nicht vorlägen. Zwar arbeite die 50 Jahre alte Ehefrau wieder in ihrem alten Beruf. Wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes sei ihre Gelegenheit zu Fort- und Weiterbildung aber eingeschränkt gewesen. Gehaltseinbußen könnten deswegen nicht ausgeschlossen werden. Schließlich habe die Ehefrau während der Ehezeit auch nur geringe eigene Rente­n­an­wart­schaften erworben. Gegen dieses Urteil hatten beide Parteien Revision eingelegt.

BGH: Ehefrau hätte Ehemann ungefragt ihr höheres Einkommen offenbaren müssen

Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision der Ehefrau, mit der sie u.a. die einjährige Kürzung ihres nachehelichen Unterhalts angegriffen hatte, zurückgewiesen. Nach § 1579 Nr. 5 BGB ist ein Unter­halts­an­spruch zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemein­schaft­lichen Kindes grob unbillig wäre, weil der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermö­gen­s­in­teressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat. Eine solche Verletzung hat der Bundes­ge­richtshof darin gesehen, dass die Ehefrau den Ehemann die nicht unerhebliche Steigerung ihres eigenen Einkommens verschwiegen hat. Nach Abschluss des Vergleichs über den Trennungs­un­terhalt war die Ehefrau verpflichtet, den Ehemann auch ungefragt über einen erheblichen Anstieg ihres eigenen Einkommens zu informieren, weil sich dies auf die Höhe des geschuldeten Trennungs­un­terhalts auswirken konnte. Auch den Umfang der Kürzung des nachehelichen Unterhalts hat der Bundes­ge­richtshof nicht beanstandet.

Auf die Revision des Ehemannes hat der Bundes­ge­richtshof das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Weil die im Zeitpunkt der Ehescheidung 49 Jahre alte Ehefrau in der Lage ist, vollschichtig in ihrem erlernten Beruf als Kranken­schwester zu arbeiten, liegen ehebedingte Nachteile nicht mehr auf der Hand und müssten deswegen ggf. konkret von der Ehefrau vorgetragen werden. Ein solcher Nachteil ist im vorliegenden Fall nicht darin zu erblicken, dass die Ehefrau in der Ehezeit nur sehr geringe eigene Rente­n­an­wart­schaften erworben hat, weil für diese Zeit der Versor­gungs­aus­gleich durchgeführt wurde. Danach ist der Nachteil bei der Alters­ver­sorgung von beiden Ehegatten zu gleichen Teilen zu tragen. Das Berufungs­gericht wird deswegen erneut entscheiden müssen, ob und ab wann der nacheheliche Unter­halts­an­spruch entfällt und die Ehefrau darauf verwiesen ist, von ihren eigenen Einkünften zu leben.

Quelle: ra-online, BGH (pm)

der Leitsatz

BGB §§ 1578 b, 1579 Nr. 5; BGB a.F. §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2

a) Der objektive Tatbestand des für eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 5 BGB sprechenden Härtegrundes kann auch dadurch erfüllt sein, dass der Unter­halts­be­rechtigte den Verpflichteten nicht ungefragt über einen erheblichen Anstieg des eigenen Einkommens informiert (Fortführung des Senatsurteils vom 29. Januar 1997 - XII ZR 257/95 - FamRZ 1997, 483).

b) Hat der Unter­halts­be­rechtigte eine vollzeitige Erwer­b­s­tä­tigkeit in dem von ihm erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf aufgenommen, können ehebedingte Nachteile i.S. von § 1578 b BGB nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwer­b­s­tä­tigkeit während der Ehe bedingten geringeren Rente­n­an­wart­schaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versor­gungs­aus­gleich stattgefunden hat. Der Nachteil in der Versor­gungs­bilanz ist dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und damit vollständig ausgeglichen (Fortführung des Senatsurteils vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134).

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