14.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil08.05.2018

Preisklauseln für sogenannte Zinscap-Prämie bzw. Zins­sicherungs­gebühr im Geschäfts­verkehr mit Verbrauchern unwirksamKlauseln führen zu unangemessener Benachteiligung von Vertrags­partnern

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass bestimmte von einer Bank verwendete und für Darle­hens­verträge mit einem variablen Zinssatz vorformulierte Klauseln im Geschäfts­verkehr mit Verbrauchern unwirksam sind.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls, ein Verbrau­cher­schutz­verein, wandte sich mit der Unter­las­sungsklage nach § 1 UKlaG gegen Klauseln, mit denen die beklagte Bank in Darle­hens­ver­trägen mit einem variablen Zinssatz von ihren Kunden eine sogenannte Zinscap-Prämie bzw. Zinssi­che­rungs­gebühr erhebt. Die beanstandeten vorformulierten Klauseln lauteten:

Erläuterungen
"Zinscap-Prämie: ... % Zinssatz p.a. ... % variabel*

*Bis zum ... beträgt der Zinssatz mindestens ... p.a. und höchstens ... p.a.

Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig."

und

"Zinssi­che­rungs­gebühr: ... % Zinssatz p.a. ... % variabel*

*Bis zum ... beträgt der Zinssatz mindestens ... p.a. und höchstens ... p.a.

Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig."

Der Verbrau­cher­schutz­verein war der Ansicht, die beanstandeten Klauseln verstießen gegen § 307 BGB, und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung in Verträgen mit Verbrauchern zu unterlassen.

Verfahrensgang

Das Landgericht wies die Klage ab, das Oberlan­des­gericht gab ihr auf die Berufung des Klägers statt. Mit ihrer vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision begehrte die Beklagte die Wieder­her­stellung des erstin­sta­nz­lichen Urteils.

Angefochtene Klauseln stellen Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen dar

Der Bundes­ge­richtshofs wies die Revision der Beklagten zurück. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unter­las­sungs­an­spruch zu. Bei den angefochtenen Klauseln handele es sich um Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen. Wenngleich die Zinscap-Prämie bzw. Zinssi­che­rungs­gebühr in einzelnen Verträgen mit Kunden der Beklagten je unter­schiedliche Prozentsätze aufweisen würden, seien die Klauseln - wie dies für das Vorliegen Allgemeiner Geschäfts­be­din­gungen vorausgesetzt wird - auch insoweit vorformuliert, weil die Höhe der Zinscap-Prämie bzw. der Zinssi­che­rungs­gebühr nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungs­ge­richts von der Beklagten anhand bestimmter Vorgaben errechnet werde. Ein "Aushandeln" der Zinscap-Prämie bzw. der Zinssi­che­rungs­gebühr habe die insoweit darle­gungs­pflichtige Beklagte nicht hinreichend dargetan.

Streitige Bestimmungen unterliegen der Inhalts­kon­trolle

Die Klauseln unterlägen ferner gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 und 2 BGB der Inhaltskontrolle, weil sie jeweils eine von Rechts­vor­schriften abweichende Regelung vorsehen. Sie seien laut Gericht aus der maßgeblichen Sicht eines rechtlich nicht vorgebildeten Durch­schnitts­kunden so zu verstehen, dass mit der Vereinbarung eines variablen Zinssatzes nebst Festlegung einer Zinsober- und -untergrenze eine Regelung über die Zinshöhe getroffen und zugleich in Gestalt der Zinscap-Prämie bzw. Zinssi­che­rungs­gebühr innerhalb der von der Beklagten als einheitliche Regelung ausgestalteten Bestimmung ein zusätzliches laufzei­t­u­n­ab­hängiges (Teil-)Entgelt für die Überlassung der Darlehensvaluta festgelegt werde. Denn die Zinscap-Prämie bzw. Zinssi­che­rungs­gebühr dienten dazu, der Bank für den Fall, dass der variable Zins die vereinbarte Zinsobergrenze überschreite, einen Ausgleich für entgehende Zins(mehr)einnahmen zu verschaffen und stellten damit ein weiteres (Teil-)Entgelt dar, das der Darlehensnehmer zusammen mit dem Zins als Gegenleistung für die Überlassung der Darlehensvaluta schulde. Nach der zugrunde zu legenden kunden­feind­lichsten Auslegung (§ 305 c Abs. 2 BGB*) sei die Zinscap-Prämie bzw. Zinssi­che­rungs­gebühr auch laufzei­t­u­n­ab­hängig ausgestaltet, da sie bei Vertragsschluss sofort fällig werde, ohne dass die angegriffenen Klauseln eine anteilige Erstattung für den Fall vorzeitiger Vertrags­be­en­digung vorsehen würde. Mit diesem Klausel­ver­ständnis unterlägen die streitigen Bestimmungen der Inhalts­kon­trolle, weil dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zufolge allein der laufzeit­ab­hängige Zins der Preis und damit die Gegenleistung für die Überlassung der Darlehensvaluta sei, so der Bundes­ge­richtshof.

unangemessene Benachteiligung

unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner'> Der hiernach eröffneten Inhalts­kon­trolle halten die Klauseln nicht stand. Die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB indiziert eine unangemessene Benachteiligung des Vertrags­partners. Umstände, nach denen die Klauseln auf der Grundlage einer umfassenden Inter­es­se­n­ab­wägung die Kunden der Beklagten gleichwohl nicht unangemessen benachteiligen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 1 UKlaG Unterlassungs- und Wider­rufs­an­spruch bei Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen

Wer in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechts­ge­schäft­lichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden.

§ 307 BGB Inhalts­kon­trolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen, durch die von Rechts­vor­schriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

§ 305 c Überraschende und mehrdeutige Klauseln

[...]

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäfts­be­din­gungen gehen zu Lasten des Verwenders.

§ 488 BGB Vertrags­ty­pische Pflichten beim Darle­hens­vertrag

(1) Durch den Darle­hens­vertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

[...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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