15.11.2024
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Dokument-Nr. 23404

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Urteil08.11.2016BundesgerichtshofXI ZR 552/15
Vorinstanzen:
  • Landgericht Heilbronn, Urteil21.05.2015, Bi 6 O 50/15
  • Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil19.11.2015, 2 U 75/15
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Bundesgerichtshof Urteil08.11.2016

BGH erklärt Formu­la­r­klauseln über Darle­hens­ge­bühren in Bauspa­r­ver­trägen für unwirksamKlausel weicht vom wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass eine vorformulierte Bestimmung über eine "Darlehensgebühr" in Höhe von 2 Prozent der Darlehenssumme in Bauspa­r­ver­trägen zwischen Verbrauchern und Unternehmern unwirksam ist.

Von den ursprünglich terminierten drei Verfahren zur Zulässigkeit von Darle­hens­ge­bühren in Bauspa­r­ver­trägen war nach Rücknahme von zwei Revisionen noch das Verfahren XI ZR 552/15 zu entscheiden. In dieser Sache klagte ein Verbrau­cher­schutz­verband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Er wandte sich mit der Unter­las­sungsklage nach § 1 UKlaG gegen eine in den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) der beklagten Bausparkasse enthaltene Klausel, wonach mit Beginn der Auszahlung des Bauspa­r­da­r­lehens eine "Darlehensgebühr" in Höhe von 2 Prozent des Bauspa­r­da­r­lehens fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen wird (§ 10 ABB)*.

Der Kläger war der Ansicht, dass die angegriffene Klausel gegen § 307 BGB** verstoße, und nahm die Beklagte darauf in Anspruch, die Verwendung der Klausel gegenüber Verbrauchern zu unterlassen.

"Darlehensgebühr" ist eine der gerichtlichen Klausel­kon­trolle unterliegende Preis­ne­be­n­abrede

Die Klage wurde in beiden Vorinstanzen abgewiesen. Die von dem Oberlan­des­gericht zugelassene Revision des Klägers hatte Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass es sich bei der "Darlehensgebühr" um eine der gerichtlichen Klausel­kon­trolle unterliegende sogenannte Preis­ne­be­n­abrede handele. Die Klausel sei dahingehend zu verstehen, dass mit der Gebühr keine konkrete vertragliche Gegenleistung bepreist werde. Vielmehr diente die Gebühr der Abgeltung von Verwal­tungs­aufwand, der für Tätigkeiten der Beklagten im Zusammenhang mit den Bauspardarlehen anfällt.

Aufwand für Tätigkeiten darf nicht auf den Kunden abgewälzt werden

Damit weicht die Klausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Denn zum einen wird mit dieser Gebühr ein Entgelt erhoben, das abweichend vom gesetzlichen Leitbild für Darle­hens­verträge, das nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB*** einen laufzeit­ab­hängigen Zins vorsieht, nicht laufzeit­ab­hängig ausgestaltet ist. Dieses Leitbild ist entgegen der Ansicht des Oberlan­des­ge­richts auch für Bauspa­r­da­r­le­hens­verträge maßgeblich. Zum anderen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen dann mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung unvereinbar, wenn Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder neben­ver­traglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Das aber sieht die angegriffene Klausel vor.

Vertragspartner der Bausparkasse werden unangemessen benachteiligt

Diese Abweichungen der Klausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung benachteiligen die Vertragspartner der Bausparkasse unangemessen. Insbesondere wird die Gebühr nicht im kollektiven Gesamtinteresse der Bauspa­r­ge­mein­schaft erhoben, da sie keinen Beitrag zur Gewährleistung der Funkti­o­ns­fä­higkeit des Bausparwesens leistet. Die Darlehensgebühr wird auch nicht durch Indivi­du­a­l­vorteile für Bausparkunden, wie z.B. günstige Darlehenszinsen, ausgeglichen, da diesen bereits nicht unerhebliche Nachteile, etwa eine Abschlussgebühr, gegenüberstehen.

* § 10 Darlehensgebühr

Erläuterungen
Mit Beginn der Darle­hens­aus­zahlung wird eine Darlehensgebühr in Höhe von 2 % des Bauspa­r­da­r­lehens - bei der Wahl gemäß § 9 Abs. 3 vor Abzug des Disagios - fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen (Darlehensschuld).

** § 307 BGB Inhalts­kon­trolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen, durch die von Rechts­vor­schriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

*** § 488 Vertrags­ty­pische Pflichten beim Darle­hens­vertrag

(1) Durch den Darle­hens­vertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

[...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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