21.11.2024
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Dokument-Nr. 7743

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Urteil21.04.2009BundesgerichtshofXI ZR 55/08 und XI ZR 78/08
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 180, 257Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 180, Seite: 257
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil29.01.2008, 3 U 1887/07
  • Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil28.08.2007, 7 O 2244/07
  • Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil30.01.2008, 7 U 71/07
  • Landgericht Frankfurt (Oder), Urteil07.03.2007, 13 O 370/06
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil21.04.2009

BGH: Sparkassen dürfen Kundenentgelte nicht nach billigem Ermessen je nach Marktlage ändernBGH erklärt Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 der AGB-Sparkassen für unwirksam - Kreditverträge der Sparkassen müssen geändert werden

Sparkassen dürfen in ihren Allgemeinen Vertrags­be­din­gungen keine Klausel aufnehmen, in der sie erklären, dass Zinsen und Entgelte je nach Marktlage und Aufwand festgesetzt werden. Eine entsprechende Klausel benachteiligte die Kunden unangemessen, entschied der Bundes­ge­richtshof. Nach der Klausel erheben Sparkassen Entgelte auch für solche Leistungen, für die sie eine Vergütung nicht beanspruchen könnten, weil sie diese aufgrund eigener gesetzlicher oder neben­ver­trag­licher Pflichten erbringen müssten oder sie ausschließlich im eigenen Interesse vornehmen würden (z.B. Bearbeitung von Konten­pfän­dungen, Barauszahlungen am Schalter und Arbeiten im Zusammenhang mit der Abführung von Steuern).

Der unter anderem für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat auf die Verbandsklagen eines Verbrau­cher­schutz­ver­bandes gegen zwei Sparkassen entschieden, dass folgende Klausel, die Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB-Sparkassen nachgebildet ist, im Bankverkehr mit Privatkunden (Verbrauchern) nicht verwendet werden darf, weil sie diese unangemessen benachteiligt und deswegen nach § 307 BGB unwirksam ist:

Nr. 17 - Entgelte, Kosten und Auslagen

(...)

(2) Festsetzung und Ausweis der Entgelte

Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die Entgelte im Privat- und Geschäfts­kun­den­bereich von der Sparkasse unter Berück­sich­tigung der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus) und des Aufwandes nach gemäß § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches nachprüfbarem billigen Ermessen festgelegt und geändert. (...)

Die Instanzgerichte haben der Unter­las­sungsklage jeweils stattgegeben. Die Revisionen der beklagten Sparkassen hat der XI. Zivilsenat zurückgewiesen.

Kunden werden durch erhobene Entgelte unangemessen benachteiligt

Nach der im Verbands­kla­ge­prozess gebotenen kunden­feind­lichsten Auslegung berechtigt die Klausel die Sparkassen zur Erhebung von Entgelten auch für solche Leistungen, für die sie eine Vergütung nicht beanspruchen können, weil sie diese aufgrund eigener gesetzlicher oder neben­ver­trag­licher Pflichten erbringen müssen oder sie ausschließlich im eigenen Interesse vornehmen (z.B. Bearbeitung von Konten­pfän­dungen, Barauszahlungen am Schalter und Arbeiten im Zusammenhang mit der Abführung von Steuern). Klauseln die - wie die hier angegriffene - es einem Kreditinstitut ermöglichen, Entgelte für Tätigkeiten zu erheben, zu denen es gesetzlich und neben­ver­traglich verpflichtet ist oder die es im eigenen Interesse erbringt, halten nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs der Inhalts­kon­trolle nach § 307 BGB nicht stand, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweichen, nicht vereinbar sind und die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Preis­än­de­rungsrecht würde nicht gerechtfertigte Vorteile für die Sparkasse ermöglichen

Auch das in der Klausel enthaltene einseitige Preis­än­de­rungsrecht benachteiligt die Sparkas­sen­kunden unangemessen, weil die Voraussetzungen, die die Sparkassen zu einer Änderung berechtigen, unklar sind und die Klausel keine eindeutige Pflicht der Sparkassen zur Herabsetzung der Entgelte bei sinkenden Kosten enthält. Sie enthält für den Fall einer Preiserhöhung keine Bindung an den Umfang der Kosten­stei­gerung und für den Fall sinkender Kosten keine Verpflichtung der Sparkassen zur Senkung der Entgelte. Dadurch wird es den Sparkassen ermöglicht, Preisänderungen nicht nur zur Abwälzung eigener Kosten, sondern zur Steigerung ihres Gewinns vorzunehmen und so das ursprünglich vereinbarte vertragliche Äquiva­lenz­ver­hältnis zu ihren Gunsten zu verändern.

Auch Zinsan­pas­sungs­klausel hält Inhalts­kon­trolle nicht stand

Dies gilt auch hinsichtlich des in der Klausel enthaltenen einseitigen Zinsan­pas­sungs­rechts der Sparkassen. Zwar hat der Bundes­ge­richtshof mit Urteil vom 6. März 1986 (BGHZ 97, 212 ff.) eine unbestimmte Zinsan­pas­sungs­klausel einer Bank im Kreditgeschäft nicht als unwirksam angesehen, sondern ihr lediglich im Wege der Auslegung einen bestimmten Inhalt beigelegt. Der erkennende Senat hat aber bereits in der Vergangenheit Zweifel geäußert, ob an dieser Rechtsprechung noch festgehalten werden kann. Er gibt sie nunmehr in Übereinstimmung mit der zwischen­zeitlich ergangenen insta­nz­ge­richt­lichen Rechtsprechung und der ganz herrschenden Meinung in der Literatur auf. Auch für Zinsan­pas­sungs­klauseln sind die allgemeinen Grundsätze für Preis­an­pas­sungs­klauseln zu beachten. Danach muss eine Zinsän­de­rungs­klausel das Äquiva­lenz­prinzip beachten und darf die Bank nicht einseitig begünstigen. Nach diesen Grundsätzen hält das angegriffene Zinsan­pas­sungsrecht der Inhalts­kon­trolle ebenso wenig wie das Preis­än­de­rungsrecht stand.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

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