23.11.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 10766

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Urteil21.12.2010BundesgerichtshofXI ZR 52/08
Vorinstanzen:
  • Landgericht Köln, Urteil19.01.2006, 15 O 393/05
  • Oberlandesgericht Köln, Urteil16.01.2008, 13 U 27/06
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil21.12.2010

BGH zur Berechnung laufender Zinsen in Prämi­en­spa­r­ver­trägen bei unwirksamer Zinsän­de­rungs­klauselBank steht bei Unwirksamkeit der Zinsän­de­rungs­klausel kein geschäfts­po­li­tisches Ermessen bei Festlegung des laufenden Zinssatzes zu

Der Bank steht bei Unwirksamkeit der Zinsän­de­rungs­klausel in einem Prämi­en­spa­r­vertrag kein geschäfts­po­li­tisches Ermessen bei Festlegung des stattdessen geltenden laufenden Zinssatzes zu. Die entstandene Vertragslücke ist vielmehr im Wege einer ergänzenden Vertrags­aus­legung (§§ 133,157 BGB) durch Heranziehung von Zinssätzen zu schließen, die der Zinsentwicklung des konkreten Prämi­en­spa­r­vertrags möglichst nahe kommen. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls begehrt von den beklagten Banken aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihrer Geschwister die Nachzahlung von Zinsen aus 24 ausgelaufenen Sparverträgen. Die Sparverträge wurden zwischen dem 25. September 1986 und dem 30. März 1989 mit einer Laufzeit von jeweils 15 Jahren und einer Kündigungsfrist von vier Jahren geschlossen. Sie sahen laufende, nach den Bedingungen der Beklagten für Sparkonten "jeweils durch Aushang im Kassenraum der kontoführenden Stelle bekannt gegebene Zinsen" sowie abschließende Bonuszahlungen von bis zu 15 % der Sparsumme vor. Auf Grundlage einer von der Bundesbank veröf­fent­lichten "Zeitreihe WZ9816" und fünfjähriger gleitender Durch­schnitt­s­zinsen wurden von den Beklagten die Zinsen angepasst und am Ende der regulären Vertrags­laufzeit das sich daraus ergebende Guthaben zuzüglich des jeweiligen Bonus ausbezahlt. Die Klägerin, die die Zinsän­de­rungs­klausel für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge gewährte Verzinsung für zu niedrig hält, hat die Beklagten auf Zahlung von 38.698,62 Euro bzw. 37.812,57 Euro jeweils zuzüglich Zinsen in Anspruch genommen. Die Klage ist in erster Instanz abgewiesen worden. Auf die Berufung der Klägerin sind die Beklagten zur Zahlung von jeweils 4.074,24 Euro nebst Zinsen verurteilt worden. Die von dem Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der diese ihre Zahlungsanträge weiterverfolgt, führte zur Aufhebung des Berufungs­urteils und zur Zurück­ver­weisung der Sache an das Berufungs­gericht.

Durch Unwirksamkeit der Zinsän­de­rungs­klausel entstandene Vertragslücke kann nicht durch einseitiges Leistungs­be­stim­mungsrecht der Banken geschlossen werden

Der Bundes­ge­richtshof hat entsprechend den zuletzt in seinem Urteil vom 13. April 2010 dargestellten Grundsätzen entschieden, dass die Zinsän­de­rungs­klausel in den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen der Beklagten gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, weil sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kontrol­lier­barkeit möglicher Zinsänderungen aufweist. Die durch die Unwirksamkeit der Zinsän­de­rungs­klausel entstandene Vertragslücke konnte - entgegen der Auffassung des Berufungs­ge­richts - nicht durch ein einseitiges Leistungs­be­stim­mungsrecht der beklagten Banken zur Zinsanpassung gemäß § 315 Abs. 1 BGB geschlossen werden. Die erforderliche ergänzende Vertrags­aus­legung (§§ 133, 157 BGB) verlangt vielmehr die Klärung, welche Regelung die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der Klausel nach dem Vertragszweck und unter angemessener Abwägung der beiderseitigen Interessen gewählt hätten. Dagegen besteht kein Raum für ein einseitiges geschäfts­po­li­tisches Ermessen der beklagten Banken.

Referenzzins muss sich bei Spareinlagen grundsätzlich an Zinsen für vergleichbare langfristige Spareinlagen orientieren

Der Referenzzins, dessen Veränderung nach dem mutmaßlichen Parteiwillen Anlass und Höhe der Zinsanpassungen bestimmt, hat sich bei Spareinlagen, die wegen des damit verbundenen Verlustes der Abschlussboni wirtschaftlich sinnvoll nicht vorzeitig gekündigt werden, grundsätzlich an Zinsen für vergleichbare langfristige Spareinlagen zu orientieren. Diesen Anforderungen entspricht die vom Berufungs­gericht akzeptierte Berechnung der beklagten Banken nicht.

Ansprüche der Klägerin auf Zinsnachzahlung zu Unrecht um fiktive Kapita­l­er­trag­steuer gekürzt

Schließlich hat der Bundes­ge­richtshof beanstandet, dass das Berufungs­gericht Ansprüche der Klägerin auf Zinsnachzahlung um fiktive Kapita­l­er­trag­steuer gekürzt hat, die angefallen wäre, wenn die beklagten Banken in zurückliegenden Jahren höhere Zinsen gezahlt hätten. Da solche Steuern bisher weder entstanden noch von den Banken für die Klägerin an die Finanzbehörden abgeführt worden sind, konnten sie das von den Beklagten zu verzinsende Kapital bisher nicht reduzieren und beeinflussen damit – ungeachtet einer künftigen Abfüh­rungs­pflicht der Banken im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung nachträglicher Zinsen – das bei Beendigung der Sparverträge bestehende Guthaben nicht.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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