15.11.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 13470

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Urteil08.05.2012BundesgerichtshofXI ZR 61/11 und XI ZR 437/11
Vorinstanzen zu XI ZR 61/11:
  • Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil03.08.2010, 7 O 466/10
  • Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil25.01.2011, 3 U 1606/10
Vorinstanzen zu XI ZR 437/11:
  • Landgericht Bamberg, Urteil19.01.2011, 1 O 46/10
  • Oberlandesgericht Bamberg, Urteil28.09.2011, 3 U 80/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil08.05.2012

BGH erklärt Ausla­ge­n­er­satz­klausel von Sparkassen- und Bank-AGB für unwirksamPrivatkunden durch Klausel unangemessen benachteiligt

Der Bundes­ge­richtshof hat auf zwei Verbandsklagen eines Verbrau­cher­schutz­vereins gegen eine Sparkasse sowie gegen eine Bank entschieden, dass eine die Auslagen betreffende AGB-Klausel im Bankverkehr mit Privatkunden, nicht verwendet werden darf, weil sie diese unangemessen benachteiligt und deswegen nach § 307 BGB* unwirksam ist

Die im zugrunde liegenden Fall streit­ge­gen­ständliche AGB-Klausel der - inhaltlich gleichlautenden - Bestimmungen in Nr. 18 AGB-Sparkassen und in Nr. 12 Abs. 6 AGB-Banken lautet wie folgt:

Erläuterungen
"Auslagen

Die [Sparkasse/Bank] ist berechtigt, dem Kunden Auslagen in Rechnung zu stellen, die anfallen, wenn die [Sparkasse/Bank] in seinem Auftrag oder seinem mutmaßlichen Interesse tätig wird (insbesondere für Ferngespräche, Porti) oder wenn Sicherheiten bestellt, verwaltet, freigegeben oder verwertet werden (insbesondere Notarkosten, Lagergelder, Kosten der Bewachung von Sicherungsgut)."

BGH weist Revision von Bank und Sparkasse zurück

Die Instanzgerichte haben der Unter­las­sungsklage jeweils stattgegeben. Die Revisionen der beklagten Sparkasse und der beklagten Bank hat der Bundes­ge­richtshof zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Klausel hält Inhalts­kon­trolle nicht stand

Der erste Regelungs­ab­schnitt der streitigen Klausel ["Die (Sparkasse/Bank) ist berechtigt, dem Kunden Auslagen in Rechnung zu stellen, die anfallen, wenn die (Sparkasse/Bank) in seinem Auftrag oder seinem mutmaßlichen Interesse tätig wird (insbesondere für Ferngespräche, Porti")] enthalte keine Preisabrede für eine entgeltliche Dienstleistung der Sparkasse bzw. Bank. Vielmehr gehe es um Auslagenersatz für Tätigkeiten des Geldinstituts im Rahmen eines Auftrags (§§ 662 ff. BGB) oder einer berechtigten Geschäfts­führung ohne Auftrag (§§ 677, 683 BGB). Nach der - auch im Rahmen einer Geschäfts­führung ohne Auftrag geltenden - Vorschrift des § 670 BGB** könne der Beauftragte jedoch nur solche Aufwendungen ersetzt verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten dürfe. Diese Einschränkung sehe die streitige Klausel nicht vor. Sie könne ihr auch nicht im Wege der Auslegung, die am Verständ­nis­ho­rizont eines rechts­un­kundigen durch­schnitt­lichen Verbrauchers auszurichten sei, entnommen werden. Insbesondere ergebe sie sich nicht allein aus dem Begriff der "Auslagen", der auch umgangs­sprachlich weitgehend mit demjenigen der "Aufwendungen" gleichgesetzt werde. Die bloße Anknüpfung an einen "Auftrag" des Kunden oder an dessen "mutmaßliches Interesse" helfe insoweit ebenfalls nicht weiter, da sich hieraus nichts für die Frage der Erfor­der­lichkeit konkret angefallener Kosten ergebe. Der hiernach eröffneten Inhalts­kon­trolle halte die Klausel mit ihrem ersten Regelungs­ab­schnitt nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, weil der Sparkasse bzw. Bank danach ein über die gesetzlichen Schranken des § 670 BGB hinausgehender Aufwen­dungs­er­satz­an­spruch gegen ihre Kunden zustehe.

Aufwen­dungs­ersatz kann nur verlangt werden, wenn Übernahme der Geschäfts­führung dem Interesse und Willen des Geschäftsherrn entspricht

Der zweite Regelungs­ab­schnitt der streitigen Klausel ["oder wenn Sicherheiten bestellt, verwaltet, freigegeben oder verwertet werden (insbesondere Notarkosten, Lagergelder, Kosten der Bewachung von Sicherungsgut")] unterliege ebenfalls der Inhalts­kon­trolle. Nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs seien gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB solche Klauseln kontrollfähig, durch die allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten im eigenen Interesse auf den Kunden abgewälzt werde. Das treffe auf den zweiten Regelungs­ab­schnitt der angegriffenen Bestimmung zu. Die gesetzliche Einschränkung, dass Aufwen­dungs­ersatz nur zum Zwecke der Ausführung des Auftrags (§ 670 BGB) bzw. nur dann verlangt werden könne, wenn die Übernahme der Geschäfts­führung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspreche, komme darin nicht zum Ausdruck. Sie lasse sich in diesem Zusammenhang der Klausel gleichfalls nicht im Wege der Auslegung - insbesondere auch hier nicht allein anhand des Ausla­gen­be­griffs - entnehmen. Zudem lägen die angeführten Tätigkeiten des Bestellens, Verwaltens und Verwertens von Sicherheiten allein im Interesse der Sparkasse bzw. Bank. Die Freigabe von Sicherheiten, mit der das Kreditinstitut regelmäßig nur einer eigenen Verpflichtung nachkomme, sei lediglich die Kehrseite ihrer Bestellung. Der danach eröffneten Inhalts­kon­trolle halte auch der zweite Regelungs­ab­schnitt der streitigen Klausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, weil der Sparkasse bzw. Bank danach ein - zudem unein­ge­schränkter - Aufwen­dungs­er­satz­an­spruch für in ihrem eigenen Interesse liegende Tätigkeiten zustehe.

* § 307 BGB

Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen, durch die von Rechts­vor­schriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

** § 670 BGB

Ersatz von Aufwendungen

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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