21.11.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 21369

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Urteil28.07.2015BundesgerichtshofXI ZR 434/14
Vorinstanzen:
  • Landgericht Baden-Baden, Urteil27.11.2012, 3 O 242/11
  • Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil09.09.2015, 17 U 339/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil28.07.2015

Bankgebühren: Kontoführungs­klausel "Preis pro Buchungsposten" unwirksamUnwirksame Entgeltklausel für Buchungen bei der Führung von Geschäfts­gi­ro­konten

Eine Kontoführungs­klausel, die einen einheitlichen "Preis pro Buchungsposten" für ein Geschäfts­gi­rokonto festlegt, ist unwirksam. Das hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Der Kläger, ein eingetragener Kaufmann, nimmt die beklagte Sparkasse aus eigenem und abgetretenem Recht auf Rückzahlung von vereinnahmten Kontoführungsgebühren in Anspruch.

Der Kläger und die Zedenten sind auf dem Gebiet der Vermittlung und Verwaltung von Versi­che­rungs­ver­trägen tätig und übernehmen dabei auch das Beitragsinkasso im Auftrag des jeweiligen Versicherers; sie verwalten ca. 25.000 Versi­che­rungs­verträge. Dabei kommt es häufig zu einer Rückbelastung von Lastschriften, wofür die Beklagte auf der Grundlage ihrer Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen und des Preis- und Leistungs­ver­zeich­nisses - neben den Fremdgebühren und einem mit dem Kläger gesondert vereinbarten Entgelt für die Bearbeitung der Rücklast­schriften - ein "Buchungs­pos­tenentgelt" ("Preis pro Buchungsposten") in Höhe von ,32 € erhebt.

Kläger verlangt Buchungs­pos­tenentgelte in Höhe von 77.637,38 € nebst Zinsen von der Bank zurück

Mit der Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung der von der Beklagten in den Jahren 2007 bis 2011 berechneten Buchungs­pos­tenentgelte in Höhe von 77.637,38 € nebst Zinsen. Er meint, die Buchungs­pos­ten­klausel verstoße gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB* und sei daher unwirksam.

Die Klage hat vor dem Landgericht Erfolg gehabt, während sie vom Oberlan­des­gericht abgewiesen worden ist. Auf die vom Oberlan­des­gericht zugelassene Revision hat der XI. Zivilsenat dem Kläger Recht gegeben und das landge­richtliche Urteil wieder­her­ge­stellt. Die Entscheidung beruht auf folgenden Erwägungen:

Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen unter anderem solche Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen der Inhalts­kon­trolle, durch die von Rechts­vor­schriften abweichende Regelungen vereinbart werden. Das trifft auf die vom Kläger beanstandete Klausel sowohl für den Zeitraum vor als auch nach Inkrafttreten des Zahlungs­diens­te­rechts (§§ 675 c ff. BGB) am 31. Oktober 2009 zu. Die Klausel ist so auszulegen, dass sie auch Buchungen bepreist, die im Zuge von Bareinzahlungen auf das Konto wie auch Barabhebungen am Schalter sowie im Rahmen der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungs­auftrags anfallen. Mit der Bepreisung von Ein- und Auszahlungen am Bankschalter unterliegt die streitige Klausel - jedenfalls für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten des Zahlungs­diens­te­rechts - als Preis­ne­be­n­abrede der richterlichen Inhalts­kon­trolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 307 Abs. 1 und 2 BGB, weil die Ein- und Auszahlungen nach den Kategorien des Bürgerlichen Gesetzbuchs entweder einem Darlehen (§§ 488 ff. BGB) oder einer unregelmäßigen Verwahrung (§ 700 BGB) zuzuordnen sind und sich aus der gesetzlichen Regelung beider Vertragstypen Grundsätze für die Frage der Entgeltlichkeit von Ein- und Auszahlungen entnehmen lassen. Mit der Bepreisung von Buchungen, die im Rahmen der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungs­auftrags anfallen, weicht die Beklagte von den seit dem 31. Oktober 2009 geltenden § 675 u Satz 2, § 675 y Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB ab. Nach diesen Vorschriften hat die Bank als Zahlungs­dienst­leisterin keinen Anspruch auf ein Entgelt, wenn ein Zahlungsauftrag fehlerhaft oder ohne Autorisierung ausgeführt wird. Die Beklagte verlangt dagegen ,32 €.

Posten­preis­klausel ist unwirksam

Die vom Kläger beanstandete Posten­preis­klausel ist auch unwirksam. Für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten des Zahlungs­diens­te­rechts ergibt sich die Unange­mes­senheit der Klausel daraus, dass durch sie mangels Freipos­ten­re­gelung auch Ein- und Auszahlungen bepreist werden, die indes als Akte zur Begründung oder Erfüllung von Darlehens- oder Verwah­rungs­ver­hält­nissen zu werten sind, für die nach den gesetzlichen Regelungen des Darlehens und der unregelmäßigen Verwahrung kein Entgelt vorgesehen ist (vgl. Senatsurteile vom 30. November 1993 - XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254 und vom 7. Mai 1996 - XI ZR 217/95, BGHZ 133, 10, jeweils für ein privates Girokonto). Für die Zeit nach Inkrafttreten des Zahlungs­diens­te­rechts weicht die Bepreisung jedweder Buchung jedenfalls von der Vorschrift des § 675 u BGB ab, wonach die Bank als Zahlungs­dienst­leisterin keinen Anspruch auf ein Entgelt bei Ausführung eines nicht autorisierten Zahlungs­auftrags hat. Von dieser Regelung darf gemäß § 675 e Abs. 4 BGB*** auch nicht zum Nachteil eines Unternehmers als Zahlungs­dienst­nutzer abgewichen werden. Danach ergibt sich die Nichtigkeit der Klausel auch aus § 134 BGB.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pm)

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