18.10.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 20525

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Urteil27.01.2015BundesgerichtshofXI ZR 174/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2015, 348Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 348
  • NJW 2015, 1440Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 1440
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Bamberg, Urteil09.10.2012, 1 O 91/12
  • Oberlandesgericht Bamberg, Urteil17.04.2013, 3 U 229/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil27.01.2015

Entgeltklausel mit "Preis pro Buchungsposten" für Kontoführung von Privat­gi­ro­konten unwirksamBGH zur Entgeltklausel für Buchungen bei der Führung privater Girokonten

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass eine Klausel, die als Teilentgelt für die Kontoführung einen einheitlichen "Preis pro Buchungsposten" festlegt, unwirksam ist.

Der klagende Verbrau­cher­schutz­verband des zugrunde liegenden Verfahrens nimmt die beklagte Bank auf Unterlassung der Verwendung folgender, die Kontoführung von Privat­gi­ro­konten betreffender Klausel gegenüber Verbrauchern in Anspruch, die eine Klausel zu einem vierteljährlich fälligen Grundpreis für die Kontoführung ergänzt:

"Preis pro Buchungsposten ,35 EUR".

BGH erklärt Klausel für unwirksam

Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Der Bundes­ge­richtshof hat die Beklagte auf die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision verurteilt, die Verwendung dieser oder einer inhaltsgleichen Klausel zu unterlassen oder unter Verweis auf die Klausel ein Entgelt von Verbrauchern zu verlangen. Außerdem hat er den Kläger ermächtigt, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der Beklagten als Verwenderin auf deren Kosten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten bekanntzumachen.

Klausel wälzt Aufwand zur Erfüllung von Pflichten der Bank auf Kunden ab

Zur Begründung führte der Bundes­ge­richtshof aus, dass nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB* solche Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen unter anderem der Inhaltskontrolle unterliegen, durch die von Rechts­vor­schriften abweichende Regelungen vereinbart werden. Das trifft auf die vom Kläger beanstandete Klausel zu. Sie ist so auszulegen, dass sie auch Buchungen bepreist, die bei der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungs­auftrags anfallen. Mit der Bepreisung solcher Buchungen weicht die Beklagte von § 675 y Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB** ab. Nach dieser Vorschrift hat die Bank als Zahlungs­dienst­leister keinen Anspruch auf ein Entgelt, wenn ein Zahlungsauftrag fehlerhaft ausgeführt wird. Die Beklagte verlangt dagegen ,35 Euro. Außerdem wälzt sie mittels der vom Kläger beanstandeten Klausel Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten auf ihre Kunden ab. Die Beklagte hat von Gesetzes wegen in Fällen der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungs­auftrags das Zahlungskonto wieder auf den sachlich richtigen Stand zu bringen. Indem sie für solche Berich­ti­gungs­bu­chungen ein Entgelt verlangt, die von Gesetzes wegen unentgeltlich vorzunehmen sind, setzt sie die von ihr formulierte Klausel der Inhalts­kon­trolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB aus.

AGBs wirken sich unzulässig zum Nachteil des Kunden aus

Die vom Kläger beanstandete Klausel ist nicht nur kontrollfähig, sondern auch unwirksam. Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen, die zum Nachteil des Kunden gegen (halb-)zwingendes Recht verstoßen, benachteiligen ihn zugleich mit der Folge ihrer Unwirksamkeit unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Von den Vorgaben des § 675 y BGB darf nach § 675 e Abs. 1 BGB*** nicht zum Nachteil eines Verbrauchers als Zahlungs­dienst­nutzers abgewichen werden. Aus den oben genannten Gründen enthält die vom Kläger beanstandete Klausel solche abweichenden Regelungen.

* § 307 Inhalts­kon­trolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2.wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen, durch die von Rechts­vor­schriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Wird ein Zahlungsvorgang vom Zahler ausgelöst, kann dieser von seinem Zahlungs­dienst­leister im Fall einer nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung des Zahlungs­auftrags die unverzügliche und ungekürzte Erstattung des Zahlungsbetrags verlangen. Wurde der Betrag einem Zahlungskonto des Zahlers belastet, ist dieses Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne den fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang befunden hätte. Soweit vom Zahlungsbetrag entgegen § 675 q Abs. 1 Entgelte abgezogen wurden, hat der Zahlungs­dienst­leister des Zahlers den abgezogenen Betrag dem Zahlungs­emp­fänger unverzüglich zu übermitteln. Weist der Zahlungs­dienst­leister des Zahlers nach, dass der Zahlungsbetrag rechtzeitig und ungekürzt beim Zahlungs­dienst­leister des Zahlungs­emp­fängers eingegangen ist, entfällt die Haftung nach diesem Absatz.

(2) Wird ein Zahlungsvorgang vom oder über den Zahlungs­emp­fänger ausgelöst, kann dieser im Fall einer nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung des Zahlungs­auftrags verlangen, dass sein Zahlungs­dienst­leister diesen Zahlungsauftrag unverzüglich, gegebenenfalls erneut, an den Zahlungs­dienst­leister des Zahlers übermittelt. Weist der Zahlungs­dienst­leister des Zahlungs­emp­fängers nach, dass er die ihm bei der Ausführung des Zahlungs­vorgangs obliegenden Pflichten erfüllt hat, hat der Zahlungs­dienst­leister des Zahlers dem Zahler gegebenenfalls unverzüglich den ungekürzten Zahlungsbetrag entsprechend Absatz 1 Satz 1 und 2 zu erstatten. Soweit vom Zahlungsbetrag entgegen § 675 q Abs. 1 und 2 Entgelte abgezogen wurden, hat der Zahlungs­dienst­leister des Zahlungs­emp­fängers den abgezogenen Betrag dem Zahlungs­emp­fänger unverzüglich verfügbar zu machen.

[...]

(4) Ein Zahlungs­dienst­nutzer kann von seinem Zahlungs­dienst­leister über die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 hinaus die Erstattung der Entgelte und Zinsen verlangen, die der Zahlungs­dienst­leister ihm im Zusammenhang mit der nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung des Zahlungs­vorgangs in Rechnung gestellt oder mit denen er dessen Zahlungskonto belastet hat.

[...]

*** § 675 e Abweichende Vereinbarungen

(1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, darf von den Vorschriften dieses Untertitels nicht zum Nachteil des Zahlungs­dienst­nutzers abgewichen werden.

[...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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