24.11.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 18920

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Urteil30.09.2014BundesgerichtshofXI ZR 168/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2014, 3719Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 3719
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Landshut, Urteil04.10.2012, 23 O 2386/12
  • Oberlandesgericht München, Urteil25.03.2013, 17 U 4579/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil30.09.2014

Verbraucher kann der Zahlungspflicht aus einer " %-Finanzierung" nicht seine Gewährleistungs­rechte entgegenhaltenBGH entscheidet über Einwendungs­durch­griff bei sogenannter " %-Finanzierung"

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass ein Verbraucher, der einen Kauf durch einen verbundenen, unentgeltlichen Darle­hens­vertrag (sogenannte " %-Finanzierung") finanziert hat, Gewährleistungs­rechte, die ihm wegen Mängeln der gekauften Sache gegen den Verkäufer zustehen, nicht dem Anspruch des finanzierenden Kreditinstituts auf Rückzahlung des Darlehens entgegenhalten kann.

In dem zugrunde liegenden Fall erwarb der Kläger am 4. März 2011 von einem Baumarkt zwei Türen zum Preis von 6.389,15 Euro einschließlich Montage. Gleichzeitig unterschrieb er in dem Baumarkt, der seine Produkte mit einer " %-Finanzierung" bewarb, auf einem dort bereitliegenden Formular der beklagten Bank einen Antrag auf Abschluss eines Darle­hens­ver­trages, den die Bank am 21. Juni 2011 annahm. Der Darle­hens­vertrag enthielt die Anweisung des Klägers an die Bank, den von ihm ratenweise zurück­zu­zah­lenden Netto­da­r­le­hens­betrag, der - ebenso wie der Preis der Türen - 6.389,15 Euro betrug, an den Baumarkt auszuzahlen. Aufgrund einer Vereinbarung mit dem Baumarkt zahlte die Bank nur 5.973,86 Euro an diesen.

Kläger sieht sich nicht zur Rückzahlung des Darlehens an die beklagte Bank verpflichtet

Nach dem Einbau der Türen rügte der Kläger Mängel. In einem selbständigen Beweisverfahren stellte der gerichtlich bestellte Sachverständige Mängel­be­sei­ti­gungs­kosten von 5.415,50 Euro und eine Wertminderung von 550 Euro fest. Der Kläger trat deshalb gegenüber dem Baumarkt vom Vertrag zurück und ist der Auffassung, er sei nach den §§ 358, 359 BGB in der bei Abschluss des Vertrages im März/Juni 2011 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) zur Rückzahlung des Darlehens an die Bank nicht verpflichtet.

OLG: Bank hat gegen Kläger Anspruch auf Rückzahlung des an den Baumarkt ausgezahlten Betrages

Seine Klage auf Feststellung, dass der Bank aus dem Darle­hens­vertrag keine Rechte mehr zustehen, blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Zur Begründung hat das Berufungs­gericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bank gegen den Kläger gemäß § 488 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des an den Baumarkt ausgezahlten Betrages von 5.973,86 Euro habe. Auf seinen Rücktritt vom Vertrag mit dem Baumarkt könne der Kläger sich gegenüber der Bank nicht berufen, weil die Voraussetzungen eines Einwen­dungs­durch­griffs gemäß §§ 358, 359 BGB aF nicht vorlägen. Dieser setze einen Verbrau­cher­da­r­le­hens­vertrag, d.h. gemäß § 491 Abs. 1 BGB einen entgeltlichen Darle­hens­vertrag voraus. Ein solcher liege nicht vor, weil der Kläger der Bank für die Gewährung des Darlehens kein gesondertes Entgelt habe zahlen müssen.

Kläger kann sich gegenüber der Beklagten nicht auf den Rücktritt vom Vertrag mit dem Baumarkt berufen

Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision des Klägers gegen diese Entscheidung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Bank gegen den Kläger aufgrund des Darle­hens­ver­trages vom März/Juni 2011 gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des an den Baumarkt ausgezahlten Darlehens hat. Der Kläger kann sich gegenüber der Bank nicht auf seinen Rücktritt vom Vertrag mit dem Baumarkt berufen. Ein Einwen­dungs­durchgriff gemäß §§ 358, 359 BGB aF setzt einen Verbrau­cher­da­r­le­hens­vertrag, d.h. gemäß § 491 Abs. 1 BGB einen entgeltlichen Darle­hens­vertrag voraus. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschriften, die im Laufe des Gesetz­ge­bungs­ver­fahrens bewusst an den in § 491 BGB verwandten Begriff des Verbrau­cher­da­r­le­hens­ver­trages angepasst worden sind. Auch der Einwen­dungs­durchgriff gemäß Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbrau­cher­kre­dit­verträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22. Mai 2008, S. 66) gilt gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie nicht für zins- und gebührenfreie Kreditverträge.

Beklagte erhält nur den an den Baumarkt ausgezahlten Betrag zurück

Der zwischen den Parteien geschlossene Darle­hens­vertrag ist kein entgeltlicher Darle­hens­vertrag, weil die Bank für das dem Kläger eingeräumte Kapita­l­nut­zungsrecht keine Gegenleistung erhält. In dem Vertrag sind weder Zinsen noch Gebühren vereinbart worden. Auch die Differenz zwischen dem Netto­da­r­le­hens­betrag von 6.389,15 Euro und dem von der Bank an den Baumarkt ausgezahlten Betrag von 5.973,86 Euro kann nicht als Gegenleistung des Klägers angesehen werden. In Höhe dieses Diffe­renz­be­trages hat die Bank den vertraglichen Anspruch des Klägers auf Auszahlung des vollen Netto­da­r­le­hens­be­trages nicht erfüllt. Da der Kläger gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB nur die Rückzahlung des tatsächlich zur Verfügung gestellten Darlehens in Höhe von 5.973,86 Euro schuldet, erhält die Bank nur den an den Baumarkt ausgezahlten Betrag zurück. Sie erhält keinen darüber hinausgehenden Vermö­gens­vorteil, der als Gegenleistung des Klägers für das ihm eingeräumte Kapita­l­nut­zungsrecht angesehen werden könnte.

Vorschriften in der bei Abschluss des Darle­hens­ver­trages im März/Juni 2011 geltenden Fassung

§ 358 BGB

(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer gerichtete Willen­s­er­klärung wirksam widerrufen, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines mit diesem Vertrag verbundenen Verbrau­cher­da­r­le­hens­vertrags gerichtete Willen­s­er­klärung nicht mehr gebunden.

[...]

(3) Ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung und ein Verbrau­cher­da­r­le­hens­vertrag sind verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert, oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbrau­cher­da­r­le­hens­vertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient. [...]

(4) [...] Der Darlehensgeber tritt im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs oder der Rückgabe bereits zugeflossen ist.

§ 359 BGB

Der Verbraucher kann die Rückzahlung des Darlehens verweigern, soweit Einwendungen aus dem verbundenen Vertrag ihn gegenüber dem Unternehmer, mit dem er den verbundenen Vertrag geschlossen hat, zur Verweigerung seiner Leistung berechtigen würden. [...]

§ 488 BGB

(1) [...] Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

§ 491 BGB

(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für entgeltliche Darle­hens­verträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer (Verbrau­cher­da­r­le­hens­vertrag), soweit in den Absätzen 2 oder 3 oder in den §§ 503 bis 505 nichts anderes bestimmt ist.

Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbrau­cher­kre­dit­verträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22. Mai 2008, S. 66)

Art. 2 Geltungsbereich

(1) Diese Richtlinie gilt für Kreditverträge.

(2) Diese Richtlinie gilt nicht für:

[...]

f) zins- und gebührenfreie Kreditverträge [...]

[...]

Art. 15 Verbundene Kreditverträge

[...]

(2) Werden die unter einen verbundenen Kreditvertrag fallenden Waren oder Dienst­leis­tungen nicht oder nur teilweise geliefert oder entsprechen sie nicht dem Warenlieferungs- oder Dienst­leis­tungs­vertrag, so kann der Verbraucher Rechte gegen den Kreditgeber geltend machen, wenn er nach den geltenden Rechts­vor­schriften oder den Bestimmungen des Warenlieferungs- oder Dienst­leis­tungs­vertrags seine Rechte gegen den Lieferanten oder den Dienst­leis­tungs­er­bringer geltend gemacht hat, diese aber nicht durchsetzen konnte. Die Mitglieds­s­taaten bestimmen, in welchem Maße und unter welchen Bedingungen diese Rechtsmittel ausgeübt werden können.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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