Dokument-Nr. 18920
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- NJW 2014, 3719Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 3719
- Landgericht Landshut, Urteil04.10.2012, 23 O 2386/12
- Oberlandesgericht München, Urteil25.03.2013, 17 U 4579/12
Bundesgerichtshof Urteil30.09.2014
Verbraucher kann der Zahlungspflicht aus einer " %-Finanzierung" nicht seine Gewährleistungsrechte entgegenhaltenBGH entscheidet über Einwendungsdurchgriff bei sogenannter " %-Finanzierung"
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Verbraucher, der einen Kauf durch einen verbundenen, unentgeltlichen Darlehensvertrag (sogenannte " %-Finanzierung") finanziert hat, Gewährleistungsrechte, die ihm wegen Mängeln der gekauften Sache gegen den Verkäufer zustehen, nicht dem Anspruch des finanzierenden Kreditinstituts auf Rückzahlung des Darlehens entgegenhalten kann.
In dem zugrunde liegenden Fall erwarb der Kläger am 4. März 2011 von einem Baumarkt zwei Türen zum Preis von 6.389,15 Euro einschließlich Montage. Gleichzeitig unterschrieb er in dem Baumarkt, der seine Produkte mit einer " %-Finanzierung" bewarb, auf einem dort bereitliegenden Formular der beklagten Bank einen Antrag auf Abschluss eines Darlehensvertrages, den die Bank am 21. Juni 2011 annahm. Der Darlehensvertrag enthielt die Anweisung des Klägers an die Bank, den von ihm ratenweise zurückzuzahlenden Nettodarlehensbetrag, der - ebenso wie der Preis der Türen - 6.389,15 Euro betrug, an den Baumarkt auszuzahlen. Aufgrund einer Vereinbarung mit dem Baumarkt zahlte die Bank nur 5.973,86 Euro an diesen.
Kläger sieht sich nicht zur Rückzahlung des Darlehens an die beklagte Bank verpflichtet
Nach dem Einbau der Türen rügte der Kläger Mängel. In einem selbständigen Beweisverfahren stellte der gerichtlich bestellte Sachverständige Mängelbeseitigungskosten von 5.415,50 Euro und eine Wertminderung von 550 Euro fest. Der Kläger trat deshalb gegenüber dem Baumarkt vom Vertrag zurück und ist der Auffassung, er sei nach den §§ 358, 359 BGB in der bei Abschluss des Vertrages im März/Juni 2011 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) zur Rückzahlung des Darlehens an die Bank nicht verpflichtet.
OLG: Bank hat gegen Kläger Anspruch auf Rückzahlung des an den Baumarkt ausgezahlten Betrages
Seine Klage auf Feststellung, dass der Bank aus dem Darlehensvertrag keine Rechte mehr zustehen, blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bank gegen den Kläger gemäß § 488 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des an den Baumarkt ausgezahlten Betrages von 5.973,86 Euro habe. Auf seinen Rücktritt vom Vertrag mit dem Baumarkt könne der Kläger sich gegenüber der Bank nicht berufen, weil die Voraussetzungen eines Einwendungsdurchgriffs gemäß §§ 358, 359 BGB aF nicht vorlägen. Dieser setze einen Verbraucherdarlehensvertrag, d.h. gemäß § 491 Abs. 1 BGB einen entgeltlichen Darlehensvertrag voraus. Ein solcher liege nicht vor, weil der Kläger der Bank für die Gewährung des Darlehens kein gesondertes Entgelt habe zahlen müssen.
Kläger kann sich gegenüber der Beklagten nicht auf den Rücktritt vom Vertrag mit dem Baumarkt berufen
Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers gegen diese Entscheidung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Bank gegen den Kläger aufgrund des Darlehensvertrages vom März/Juni 2011 gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des an den Baumarkt ausgezahlten Darlehens hat. Der Kläger kann sich gegenüber der Bank nicht auf seinen Rücktritt vom Vertrag mit dem Baumarkt berufen. Ein Einwendungsdurchgriff gemäß §§ 358, 359 BGB aF setzt einen Verbraucherdarlehensvertrag, d.h. gemäß § 491 Abs. 1 BGB einen entgeltlichen Darlehensvertrag voraus. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschriften, die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens bewusst an den in § 491 BGB verwandten Begriff des Verbraucherdarlehensvertrages angepasst worden sind. Auch der Einwendungsdurchgriff gemäß Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22. Mai 2008, S. 66) gilt gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie nicht für zins- und gebührenfreie Kreditverträge.
Beklagte erhält nur den an den Baumarkt ausgezahlten Betrag zurück
Der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag ist kein entgeltlicher Darlehensvertrag, weil die Bank für das dem Kläger eingeräumte Kapitalnutzungsrecht keine Gegenleistung erhält. In dem Vertrag sind weder Zinsen noch Gebühren vereinbart worden. Auch die Differenz zwischen dem Nettodarlehensbetrag von 6.389,15 Euro und dem von der Bank an den Baumarkt ausgezahlten Betrag von 5.973,86 Euro kann nicht als Gegenleistung des Klägers angesehen werden. In Höhe dieses Differenzbetrages hat die Bank den vertraglichen Anspruch des Klägers auf Auszahlung des vollen Nettodarlehensbetrages nicht erfüllt. Da der Kläger gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB nur die Rückzahlung des tatsächlich zur Verfügung gestellten Darlehens in Höhe von 5.973,86 Euro schuldet, erhält die Bank nur den an den Baumarkt ausgezahlten Betrag zurück. Sie erhält keinen darüber hinausgehenden Vermögensvorteil, der als Gegenleistung des Klägers für das ihm eingeräumte Kapitalnutzungsrecht angesehen werden könnte.
Vorschriften in der bei Abschluss des Darlehensvertrages im März/Juni 2011 geltenden Fassung
§ 358 BGB
(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines mit diesem Vertrag verbundenen Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden.
[...]
(3) Ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung und ein Verbraucherdarlehensvertrag sind verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert, oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient. [...]
(4) [...] Der Darlehensgeber tritt im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs oder der Rückgabe bereits zugeflossen ist.
§ 359 BGB
Der Verbraucher kann die Rückzahlung des Darlehens verweigern, soweit Einwendungen aus dem verbundenen Vertrag ihn gegenüber dem Unternehmer, mit dem er den verbundenen Vertrag geschlossen hat, zur Verweigerung seiner Leistung berechtigen würden. [...]
§ 488 BGB
(1) [...] Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.
§ 491 BGB
(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer (Verbraucherdarlehensvertrag), soweit in den Absätzen 2 oder 3 oder in den §§ 503 bis 505 nichts anderes bestimmt ist.
Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22. Mai 2008, S. 66)
Art. 2 Geltungsbereich
(1) Diese Richtlinie gilt für Kreditverträge.
(2) Diese Richtlinie gilt nicht für:
[...]
f) zins- und gebührenfreie Kreditverträge [...]
[...]
Art. 15 Verbundene Kreditverträge
[...]
(2) Werden die unter einen verbundenen Kreditvertrag fallenden Waren oder Dienstleistungen nicht oder nur teilweise geliefert oder entsprechen sie nicht dem Warenlieferungs- oder Dienstleistungsvertrag, so kann der Verbraucher Rechte gegen den Kreditgeber geltend machen, wenn er nach den geltenden Rechtsvorschriften oder den Bestimmungen des Warenlieferungs- oder Dienstleistungsvertrags seine Rechte gegen den Lieferanten oder den Dienstleistungserbringer geltend gemacht hat, diese aber nicht durchsetzen konnte. Die Mitgliedsstaaten bestimmen, in welchem Maße und unter welchen Bedingungen diese Rechtsmittel ausgeübt werden können.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.10.2014
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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