Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Mann schenkte seiner Freundin im Jahr 2000 ein kostenloses unbefristetes Wohnrecht auf seinem mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück. Das Wohnrecht sollte auch nach einer Trennung weiterbestehen. Die Freundin war, als der Mann sie kennenlernte, als Prostituierte tätig. Zur Zeit der Schenkung lebten sie in einer Lebensgemeinschaft. Im Jahr 2005 heirateten sie. Die Ehe hielt drei Jahre. Der Ex-Ehemann widerrief nach der Scheidung die Schenkung und begründete dies damit, dass die Ex-Frau seit 2001 wieder als Prostituierte tätig gewesen sei und zudem eine Affäre hatte. Die Ex-Frau akzeptierte dies nicht und verlangte von ihrem ehemaligen Mann die Räumung und Herausgabe seines Grundstücks. Das Landgericht Schwerin gab der Klage statt. Die Berufung des Ex-Mannes vor dem Oberlandesgericht Rostock war erfolglos. Er legte daher Revision ein.
Der Bundesgerichtshof führte zunächst aus, dass nach § 530 Abs. 1 BGB der Schenker die Schenkung widerrufen könne, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker groben Undanks schuldig gemacht habe. Der Widerruf setzt aber nicht nur eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus, sondern ferner, dass die Verfehlung Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten ist, die in erheblichen Maße die Dankbarkeit vermissen lasse, die der Schenker erwarten könne. Wann dies der Fall sei, sei anhand einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Es müsse erkennbar sein, dass der Beschenkte dem Schenker nicht die durch Rücksichtnahme geprägte Dankbarkeit entgegenbringe, die der Schenker erwarten dürfe. Anhaltspunkte dafür, was der Schenker erwarten dürfe, können neben dem Gegenstand und der Bedeutung der Schenkung auch die näheren Umstände bieten, die zur Schenkung geführt und deren Durchführung bestimmt haben.
Dieser Verpflichtung zu einer insbesondere die näheren Umstände der Schenkung berücksichtigenden Gesamtwürdigung sei das Oberlandesgericht nach Auffassung des BGH nicht genügend nachgekommen.
Die Beantwortung der Frage, so der BGH weiter, was der Ex-Mann hier als Schenker habe erwarten dürfen, richte sich in erster Linie nach den Vorstellungen der Parteien, die der Schenkung zugrunde lagen. Grundlage der Schenkung sei hier gewesen, dass die Ex-Frau die Prostitution aufgeben und der Ex-Mann ihr eine gesicherte neue Lebensgrundlage verschaffen wollte. Sie habe ihm versprochen, nicht mehr als Prostituierte tätig zu sein. Die Ex-Frau hatte sich jedoch über das Versprechen hinweggesetzt und die Prostitution wieder aufgenommen. Dies habe einer von Dankbarkeit geprägten Rücksichtnahme auf die Belange des Ex-Mannes widersprochen. Es habe eine schwere Verletzung der Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die Belange des Ex-Manns vorgelegen. Ihr Verhalten habe in erheblichem Maße jede Dankbarkeit vermissen lassen.
Ein Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks gemäß § 530 Abs. 1 BGB sei somit nach Ansicht des BGH wirksam gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.01.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)