21.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil15.01.2019

Flugverspätung: Kein Anspruch auf Ausgleichs­zah­lungen aufgrund verzögerter Abfertigung wegen mehrstündigen Systemausfalls im Flugha­fen­terminalAusfall aller Computersysteme an Abfertigungs­schaltern eines Terminals kann außer­ge­wöhnliche Umstände begründen

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass Reisende keinen Anspruch auf Ausgleichs­zah­lungen nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c der Flug­gast­rechte­verordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) haben, wenn es zu verspäteten Flügen wegen einer verzögerten Abfertigung aufgrund eines mehrstündigen Systemausfalls in einem Flugha­fen­terminal kommt.

Die Klägerinnen der zugrunde liegenden Verfahren buchten bei dem beklagten Luftver­kehrs­un­ter­nehmen Flüge von New York nach London mit Anschlussflügen nach Stuttgart. Die Flüge von New York nach London starteten verspätet und landeten mehr als zwei Stunden nach der vorgesehenen Ankunftszeit. Infolgedessen erreichten die Reisenden den ursprünglich vorgesehenen Weiterflug in London nicht und kamen mit einer Verspätung von mehr als neun Stunden in Stuttgart an. Die Beklagte beruft sich auf außer­ge­wöhnliche Umstände und verlangten Ausgleichs­zah­lungen in Höhe von jeweils 600 Euro wegen verspäteter Flüge nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004).

Verspätete Flüge aufgrund Ausfalls aller Computersysteme

Das Berufungs­gericht wies in beiden Fällen die Klage ab. Nach seinen Feststellungen wurde die Verspätung der Flüge durch einen Ausfall aller Computersysteme an den Abfer­ti­gungs­schaltern des Terminals 7 am John-F.-Kennedy-Flughafen New York verursacht. Aufgrund eines Streiks bei dem für die Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­lei­tungen gegenüber dem Flugha­fen­be­treiber verant­wort­lichen Unternehmen konnte der Systemausfall erst nach 13 Stunden behoben werden.

Betrieb technischer Einrichtungen eines Flughafens fällt nicht in Verantwortungs- und Zustän­dig­keits­bereich des Luftver­kehrs­un­ter­nehmens

Der Bundes­ge­richtshof wies in beiden Fällen die Revision der Klägerinnen zurück. Nach den Urteilen des Bundes­ge­richtshofs ist das Berufungs­gericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein mehrstündiger Ausfall aller Computersysteme an den Abfer­ti­gungs­schaltern eines Terminals außer­ge­wöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung begründen kann. Der Betrieb der technischen Einrichtungen eines Flughafens, zu denen auch die Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­lei­tungen gehören, obliegt dem Flugha­fen­be­treiber. Ein Systemausfall, der darauf beruht, dass die Funkti­o­ns­fä­higkeit derartiger Einrichtungen durch einen technischen Defekt über einen längeren Zeitraum beeinträchtigt oder aufgehoben wird, stellt ein Ereignis dar, das von außen auf den Flugbetrieb des Luftver­kehrs­un­ter­nehmens einwirkt und dessen Ablauf beeinflusst. Ein derartiges Vorkommnis ist von diesem Unternehmen jedenfalls nicht zu beherrschen, da die Überwachung, Wartung und Reparatur derartiger Einrichtungen nicht in seinen Verantwortungs- und Zustän­dig­keits­bereich fällt.

Beklagte hat mit zumutbaren Maßnahmen Beein­träch­ti­gungen entgegengewirkt

Auch die Würdigung des Berufungs­ge­richts, dass die Beklagte mit der manuell und über Mitarbeiter in Washington telefonisch durchgeführten Abfertigung der Fluggäste alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um den durch den Systemausfall bedingten Beein­träch­ti­gungen entge­gen­zu­wirken, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Dass die Beklagte, wie die Revisionen rügen, durch ein Ausweichen auf die technischen Einrichtungen eines anderen Terminals die Verspätung hätte verhindern können, ist weder festgestellt noch vorgetragen.

Verspätung des Fluges von New York nach London hätte nicht verhindert werden können

Unerheblich ist, ob die Beklagte, wie die Revisionen ferner meinen, den Start des gebuchten Flugs von London nach Stuttgart verschieben, die Klägerinnen auf einen anderen Flug von London nach Stuttgart umbuchen oder einen zusätzlichen Flug nach Stuttgart hätte durchführen können. Selbst wenn darin der Beklagten zumutbare Maßnahmen gesehen würden, kommt es hierauf nicht an, weil damit die für Art. 5 Abs. 3 der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung allein erhebliche Verspätung des Fluges von New York nach London nicht hätte verhindert werden können.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Flugga­st­rech­te­ver­ordnung

Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichs­zah­lungen in folgender Höhe:

[...]

c) 600 Euro bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

Art. 5 Abs. 3 Flugga­st­rech­te­ver­ordnung

Ein ausführendes Luftfahrt­un­ter­nehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichs­zah­lungen gemäß Art. 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außer­ge­wöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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