23.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 31874

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Urteil13.06.2022BundesgerichtshofVla ZR 680/21
Vorinstanzen:
  • Landgericht Ravensburg, Urteil13.04.2021, 4 O 379/20
  • Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil18.11.2021, 14 U 58/21
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil13.06.2022

Gewährung von Restscha­den­s­ersatz auch bei EU-Reimport im DieselskandalFahrzeugkauf muss als Voraussetzung auf eine durchgreifende mittelbare Vermögens­verschiebung beruhen

Der Bundes­ge­richtshof hat darüber entschieden, unter welchen Voraussetzungen Restscha­den­s­ersatz bei EU-Reimporten im sogenannten Dieselskandal zu gewähren ist.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 30.000 € nebst Zinsen abzüglich einer Nutzungs­ent­schä­digung Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie zur Erstattung von vorge­richt­lichen Rechts­ver­fol­gungs­kosten zu verurteilen und den Annahmeverzug der Beklagten festzustellen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers, mit der er die Höhe der anzurechnenden Nutzungs­ent­schä­digung etwas reduziert und hilfsweise beantragt hat, die Beklagte zur Zahlung von 7.500 € ohne Zug-um-Zug-Vorbehalt zu verurteilen, hat das Berufungs­gericht die Beklagte unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels gemäß dem Hilfsantrag ohne Zug-um-Zug-Vorbehalt verurteilt, 2.250 € an den Kläger zu zahlen. Dabei hat das Berufungs­gericht angenommen, die Beklagte sei dem Grunde nach gemäß §§ 826, 31 BGB zum Schadensersatz in Form der Rückgän­gig­machung des Kaufvertrags über das Fahrzeug verpflichtet. Dieser Anspruch sei jedoch verjährt. Die Beklagte habe allerdings gemäß §§ 826, 852 Satz 1 BGB den auf Kosten des Klägers erlangten Kaufpreis herauszugeben, soweit er ihr nach Abzug der Herstel­lungs­kosten und der Händlermarge verblieben sei. Dass der Kläger das Fahrzeug nicht direkt von der Beklagten, sondern über einen Händler als reimportierten EU-Neuwagen erworben habe, schließe die Anwendung des § 852 Satz 1 BGB nicht aus. Auch wenn die Beklagte das Neufahrzeug zunächst in das EU-Ausland verkauft und den Kaufpreis unmittelbar von dem erwerbenden Händler erhalten habe, habe sie ihn doch bei wirtschaft­licher Betrachtung nicht auf dessen Kosten, sondern auf Kosten des Klägers erlangt.

Anspruch nur bei mittelbarer Vermö­gens­ver­schiebung

Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung des Klägers weiterverfolgt hat, hatte ebenso Erfolg wie die Anschluss­re­vision des Klägers, mit der er seine Berufungs­anträge teilweise weiter geltend gemacht hat. Revision und Anschluss­re­vision führten im Umfang des Angriffs der Parteien in der Revisi­ons­instanz zur Aufhebung des Berufungs­urteils und zur Zurück­ver­weisung der Sache an das Berufungs­gericht. Dabei hielt die Annahme des Berufungs­ge­richts, der Anspruch aus §§ 826, 31 BGB sei verjährt, einer revisi­ons­recht­lichen Überprüfung stand. Die vom Berufungs­gericht getroffenen Feststellungen reichten aber nicht aus, um einen Anspruch des Klägers aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB zu bejahen. Wie der Bundes­ge­richtshof nach Erlass des Berufungs­urteils am 21. März 2022 für den Erwerb von Neuwagen über einen Händler ohne Bezug zum EU-Ausland bereits entschieden hat, hängt die Frage, ob der Erwerber nach Verjährung des Anspruchs aus §§ 826, 31 BGB einen Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB geltend machen kann, von den vom Tatrichter festzu­stel­lenden Umständen des Einzelfalls ab. Liegt danach dem Neuwagenkauf eines nach § 826 BGB durch den Fahrzeug­her­steller Geschädigten bei einem Händler die Bestellung des bereit­zu­stel­lenden Fahrzeugs durch den Händler bei dem Fahrzeug­her­steller zugrunde und schließen der Fahrzeug­her­steller und der Händler einen Kaufvertrag über das Fahrzeug, aufgrund dessen der Fahrzeug­her­steller gegen den Händler einen Anspruch auf Zahlung des Händle­rein­kauf­s­preises erlangt, ist dem Grunde nach ein Anspruch aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB gegeben, weil der schadens­aus­lösende Vertragsschluss zwischen dem Geschädigten und dem Händler einerseits und der Erwerb des Anspruchs auf Zahlung des Händle­rein­kauf­s­preises bzw. der Erwerb des Händle­rein­kauf­s­preises durch den Fahrzeug­her­steller andererseits auf derselben, wenn auch mittelbaren Vermö­gens­ver­schiebung beruhen. Hat der Händler dagegen das streit­ge­gen­ständliche Fahrzeug unabhängig von einer Bestellung des Geschädigten vor dem Weiterverkauf auf eigene Kosten und eigenes Absatzrisiko erworben, fehlt es an dem für §§ 826, 852 Satz 1 BGB erforderlichen Zurech­nungs­zu­sam­menhang. Nach Verjährung des Anspruchs aus §§ 826, 31 BGB besteht dann auch kein Anspruch aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB.

Grundsätzen gelten auch für den Erwerb von EU-Reimporten

Mit der heutigen Entscheidung hat der Bundes­ge­richtshof klargestellt, dass diese Grundsätze auch für den Erwerb im Wege des EU-Reimports gelten. Die Beteiligung eines weiteren, im EU-Ausland ansässigen Zwischen­händlers neben dem inländischen Händler und Verkäufer schließt eine Vermö­gens­ver­schiebung vom geschädigten Erwerber zum Hersteller eines vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Dieselfahrzeugs im Sinne von §§ 826, 852 Satz 1 BGB nicht aus. Erforderlich ist jedoch auch hier, dass der Fahrzeugerwerb durch den geschädigten Erwerber zu einem korre­spon­die­renden Vermö­gens­zuwachs beim Hersteller geführt hat. Das ist nur dann der Fall, wenn weder der inländische Händler noch der ausländische Zwischenhändler das Fahrzeug zuvor unabhängig von der Bestellung des Geschädigten auf eigene Kosten und eigenes Absatzrisiko erworben haben. Das Berufungs­gericht wird nach Zurück­ver­weisung der Sache Gelegenheit haben, zu dieser entschei­dungs­re­le­vanten Frage weitere Feststellungen zu treffen. Sollte es zu dem Ergebnis gelangen, dem Kläger stehe dem Grunde nach ein Anspruch aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB zu, wird es bei der Bemessung der Höhe des Anspruchs die Entscheidungen des Bundes­ge­richtshofs vom 21. Februar 2022 zu beachten haben.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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