23.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 33078

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Bundesgerichtshof Urteil10.07.2023

BGH verneint Haftung von Motorhersteller im DieselskandalKeine Haftung ohne Vorsatz

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass ein Motorhersteller, der nicht zugleich Fahrzeug­her­steller ist, Käufern der vom sogenannten Dieselskandal betroffenen Fahrzeugen nur dann haftet, wenn er entweder selbst im Sinne der §§ 826, 31 BGB sittenwidrig vorsätzlich gehandelt hat oder wenn er dem Fahrzeug­her­steller nach § 823 Abs. 2, § 830 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV vorsätzlich Beihilfe zu dessen vorsätzlichem Inver­kehr­bringen eines Kraftfahrzeugs mit einer inhaltlich unrichtigen Über­einstimmungs­bescheinigung geleistet hat.

Der Kläger nimmt die beklagte Motor­her­stellerin, die nicht zugleich Fahrzeug­her­stellerin ist, wegen der Verwendung unzulässiger Abschalt­ein­rich­tungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch. Der Kläger kaufte am 9. April 2019 von einem Händler ein gebrauchtes Kraftfahrzeug eines anderen Fahrzeug­her­stellers, das mit einem von der Beklagten entwickelten und hergestellten Motor der Baureihe EA 897 (Euro 6) ausgerüstet ist. Das Fahrzeug war bereits zuvor von einem vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) angeordneten Rückruf wegen einer unzulässigen Abschalt­ein­richtung betroffen. Ein von der Beklagten zur Beseitigung der vom KBA beanstandeten Abschalt­ein­richtung erstelltes Software-Update hatte das KBA am 1. August 2018 freigegeben. Die im Wesentlichen auf Erstattung des Kaufpreises abzüglich des Wertes gezogener Nutzungen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs gerichtete Klage hat vor dem Landgericht weitgehend Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungs­gericht die Klage insgesamt abgewiesen, weil der Kläger weder nach §§ 826, 31 BGB noch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schadensersatz von der Beklagten verlangen könne. Das gelte auch, soweit der Kläger sein Begehren auf das Vorhandensein eines Thermofensters stütze. Mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision hat der Kläger die Wieder­her­stellung des erstin­sta­nz­lichen Urteils begehrt.

Haftung knüpft Überein­stim­mungs­be­schei­nigung an

Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen, weil er aufgrund der bindenden Feststellungen des Berufungs­ge­richts davon auszugehen hatte, der Beklagten falle weder selbst eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung des Klägers zur Last noch habe sie vorsätzlich Beihilfe dazu geleistet, dass der Fahrzeug­her­steller das Fahrzeug vorsätzlich mit einer inhaltlich unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung - hier: bezogen auf ein in das Fahrzeug verbautes Thermofenster - in den Verkehr gebracht habe. Zwar steht, wie der Bundes­ge­richtshof nach Erlass des Berufungs­urteils entschieden hat, dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalt­ein­richtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 versehenen Kraftfahrzeugs unter den Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch gegen den Fahrzeug­her­steller auf Ersatz des Diffe­renz­schadens zu. Die Sonderpflicht, eine mit den (unions-)gesetzlichen Vorgaben konvergierende Überein­stim­mungs­be­schei­nigung auszugeben, trifft indessen nur den Fahrzeug­her­steller, nicht den Motorhersteller. Der Bundes­ge­richtshof hat die Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV unter Berück­sich­tigung der Rechtsprechung des EuGH in dessen Urteil vom 21. März 2023 in seinen Urteilen vom 26. Juni 2023 auf die Erteilung einer unrichtigen Überein­stim­mungs­be­schei­nigung gestützt, die der Fahrzeug­her­steller in seiner Eigenschaft als Inhaber einer EG-Typgenehmigung gemäß Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG jedem Fahrzeug beilegt und die gemäß Art. 3 Nr. 36 der Richtlinie 2007/46/EG nicht nur die Übereinstimmung des erworbenen Fahrzeugs mit dem genehmigten Typ, sondern auch die Einhaltung aller Rechtsakte bescheinigt. Die Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV knüpft an die Erteilung einer unzutreffenden Überein­stim­mungs­be­schei­nigung durch den Fahrzeug­her­steller an.

Überein­stim­mungs­be­schei­nigung wird nur vom Fahrzeug­her­steller ausgegeben

Der Motorhersteller kann deshalb, weil er die Überein­stim­mungs­be­schei­nigung nicht ausgibt, nach den allgemeinen und durch das Unionsrecht unangetasteten Grundsätzen des deutschen Deliktsrechts weder Mittäter einer Vorsatztat des Fahrzeug­her­stellers noch mittelbarer (Vorsatz-)Täter hinter dem (gegebenenfalls fahrlässig handelnden) Fahrzeug­her­steller sein, weil ihn nicht die hierzu erforderliche Sonderpflicht trifft. Eine bei Sonderdelikten mögliche Beteiligung der Beklagten als Motor­her­stellerin im Sinne des § 830 Abs. 2 BGB an einer deliktischen Schädigung des Fahrzeug­her­stellers, die ebenfalls geeignet gewesen wäre, ihre deliktische Haftung zu begründen, kam nach den nicht beachtlich angegriffenen Feststellungen des Berufungs­ge­richts nicht in Betracht. Zwar kann Beihilfe auch zu Sonderdelikten geleistet werden, bei denen der Gehilfe nicht Täter sein kann. Voraussetzung ist allerdings nicht nur, dass der Gehilfe mit doppeltem Vorsatz hinsichtlich der fremden rechtswidrigen Tat und der eigenen Unter­stüt­zungs­leistung gehandelt hat. Bedingung einer Beteiligung ist vielmehr weiter eine Vorsatztat des Fahrzeug­her­stellers. Die vorsätzliche Förderung einer fahrlässigen Tat erfüllt die Voraussetzungen des § 830 Abs. 2 BGB nicht. Eine Vorsatztat des Fahrzeug­her­stellers hat das Berufungs­gericht, ohne dass die Revision dem beachtlich entge­gen­ge­treten wäre, nicht festgestellt.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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