24.11.2024
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Dokument-Nr. 7157

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Urteil17.12.2008BundesgerichtshofVIII ZR 274/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2009, 194Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2009, Seite: 194
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Euskirchen, Urteil05.08.2005, 17 C 260/05
  • Landgericht Bonn, Urteil07.09.2006, 8 S 146/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil17.12.2008

Unwirksame Preis­an­pas­sungs­klausel in einem Gasversorgungs-SondervertragBGH stärkt erneut Verbrau­cher­rechte

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die in einem Gasversorgungs-Sondervertrag enthaltene Preis­an­pas­sungs­klausel "Der vorstehende Gaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt" nicht klar und verständlich und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB unwirksam ist.

In dem Verfahren streiten die Parteien um die Wirksamkeit von einseitig vorgenommenen Gaspreis­er­hö­hungen. Die Beklagte ist ein regionales Gasver­sor­gungs­un­ter­nehmen; die Kläger sind Eigentümer eines Hausgrundstücks. Sie schlossen mit der Beklagten im Mai 2003 einen "Gasversorgungs-Sondervertrag" zur Versorgung ihres Wohnhauses mit Erdgas ab. In dem von der Beklagten vorformulierten Vertrag ist die zitierte Preis­an­pas­sungs­klausel enthalten. Nachdem der Arbeitspreis zunächst zum 1. Januar 2004 gesenkt worden war, erhöhte ihn die Beklagte zum 1. Januar 2005 um ,5 Cent/kWh, zum 1. Oktober 2005 um ,4 Cent/kWh und zum 1. Januar 2006 um ,46 Cent/kWh auf zuletzt 4,51 Cent/kWh (jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer).

Mit ihrer Klage haben die Kläger die Feststellung begehrt, dass die von der Beklagten vorgenommenen Preiserhöhungen unwirksam seien. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen.

Die dagegen gerichtete Revision der Kläger hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat festgestellt, dass die von der Beklagten gegenüber den Klägern vorgenommenen Erhöhungen der Erdgaspreise zum 1. Januar 2005, 1. Oktober 2005 und 1. Januar 2006 unwirksam sind. Ein Recht zur einseitigen Änderung des Gaspreises steht der Beklagten nicht zu, weil die Preis­an­pas­sungs­klausel unwirksam ist. Sie ist nicht hinreichend klar und verständlich und benachteiligt die Kunden der Beklagten deshalb unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Klausel regelt zwar die Voraussetzung für eine Preisänderung. Nicht hinreichend klar geregelt ist aber, wie sich die Gaspreise bei Vorliegen der Voraussetzung ändern sollen. Unklar ist insbesondere, ob die Änderung in einem bestimmten Verhältnis zur Änderung der allgemeinen Tarifpreise erfolgen und welches Verhältnis dies gegebenenfalls sein soll. Die Bestimmung ist in diesem Punkt objektiv mehrdeutig. Es ergeben sich zumindest drei Ausle­gungs­mög­lich­keiten (nominale Übertragung der Tarif­prei­s­än­derung, prozentuale Übertragung der Tarif­prei­s­än­derung oder ein einseitiges Leistungs­be­stim­mungsrecht ohne feste rechnerische Bindung an die Tarif­prei­s­än­derung).

Der Bundes­ge­richtshof hat offen gelassen, ob Preis­an­pas­sungs­klauseln in Sonder­kun­den­ver­trägen einer Prüfung nach § 307 BGB standhalten, wenn sie entsprechend den Regelungen in § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) gestaltet sind, an deren Stelle ab dem 8. November 2006 die Gasgrund­ver­sor­gungs­ver­ordnung (GasGVV) getreten ist. Eine Entscheidung darüber war nicht erforderlich. Denn eine entsprechende Übernahme der Regelungen der AVBGasV lässt sich der von der Beklagten verwendeten Preis­an­pas­sungs­klausel schon deshalb nicht entnehmen, weil keine Klarheit darüber besteht, in welcher Weise die Preisänderungen bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erfolgen haben. Insbesondere folgt aus der Klausel nicht klar und verständlich, ob der Beklagten ein einseitiges Leistungs­be­stim­mungsrecht zustehen soll, wie es sich aus § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ergibt (vgl. BGH: Anfechtung von Gaspreis­er­hö­hungen nur sehr begrenzt möglich und BGH zur Kontrolle des Gaspreises gemäß § 315 BGB nach Tariferhöhung des Gasversorgers).

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 234/08 des BGH vom 17.12.2008

der Leitsatz

BGB § 307 Abs. 1; AVBGasV § 4

In dem formularmäßigen Erdgas­son­der­vertrag eines Gasver­sor­gungs­un­ter­nehmens mit seinen Kunden ist die Preis­an­pas­sungs­klausel

"Der vorstehende Gaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt."

gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB unwirksam, weil sie hinsichtlich des Umfangs der Preisänderung nicht klar und verständlich ist und die Kunden deswegen unangemessen benachteiligt.

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