Dokument-Nr. 14787
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- GE 2012, 686Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2012, Seite: 686
- GuT 2012, 29Zeitschrift: Gewerbemiete und Teileigentum (GuT), Jahrgang: 2012, Seite: 29
- NJW-RR 2012, 909Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2012, Seite: 909
- NZM 2012, 502Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2012, Seite: 502
- Amtsgericht Mitte, Urteil23.06.2010, 15 C 376/09
- Verzicht des Vermieters auf Kündigung wegen Eigenbedarfs bedarf der SchriftformLandgericht Berlin, Urteil06.05.2011, 63 S 439/10
- Kündigung wegen Eigenbedarfs: Benennung der Person, für die die Wohnung benötigt wird, für Kündigungsschreiben ausreichendBundesgerichtshof, Urteil06.07.2011, VIII ZR 317/10
- Neuer Erwerber eines Grundstücks ist an Regelung zum Verzicht zur Eigenbedarfskündigung in früherem Kaufvertrag gebundenLandgericht Berlin, Beschluss18.04.2019, 64 S 220/18
Bundesgerichtshof Urteil24.01.2012
BGH: Kündigungsbeschränkungen und Auswechslungen des Mietgegenstandes bedürfen der SchriftformInformationsinteresse eines potentiellen Grundstückserwerbers ist zu beachten
Beschränkt der Eigentümer einer Mietwohnung sein Recht auf Kündigung ein, so bedarf dies der Schriftform. Dies gilt auch für eine Auswechslung des Mietgegenstandes. Es ist insofern das Interesse eines potentiellen Grundstückserwerbers zu beachten, Kenntnis von seinen Rechten und Pflichten zu erlangen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall wechselten die Mieter einer Wohnung im Jahr 2003 ihre Wohnung innerhalb des selben Hauses aus. Für die alte Wohnung bestand seit 1996 ein Mietvertrag in dem eine Kündigungsbeschränkung wegen Eigenbedarfs vereinbart wurde. Für die neue Wohnung wurde kein schriftlicher Mietvertrag geschlossen. Inzwischen kam es zu einem Eigentümerwechsel. Der neue Eigentümer kündigte den Mietern wegen Eigenbedarfs. Diese waren jedoch der Meinung, dass die Kündigung wegen der Beschränkung im Mietvertrag von 1996 nicht wirksam sei und weigerten sich auszuziehen. Daraufhin erhob der Eigentümer Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Beide Vorinstanzen gaben der Klage statt. Das Berufungsgericht (LG Berlin, Urt. v. 06.05.2011 - 63 S 439/10) war der Meinung, dass die Kündigungsbeschränkung nicht griff, da sie nicht Bestandteil des neuen Mietverhältnisses geworden sei. Es hätte insofern ein neuer schriftlicher Mietvertrag vorliegen müssen. Die Mieter meinten, dass das Abstellen auf das Schriftformerfordernis ein bloßer Formalismus sei, da der neue Eigentümer durch den alten Mietvertrag von der Kündigungsbeschränkung wusste. Sie legten daher Revision ein.
Austausch des Mietobjekts bedarf der Schriftform
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Eigentümers. Die Fortgeltung des ursprünglichen Mietvertrages unter Auswechslung des Mietgegenstands hätte in Schriftform vereinbart werden müssen. Denn die Schriftform gemäß § 550 Satz 1 BGB werde nur dann gewahrt, wenn sich alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere der Mietgegenstand, der Mietzins sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses aus der Urkunde ergeben.
Schriftformerfordernis für Kündigungsausschlüsse
Zudem führe bereits der Ausschluss lediglich bestimmter Kündigungsgründe zu einer Formbedürftigkeit der mietvertraglichen Vereinbarung gemäß § 550 BGB, so der BGH weiter. Denn Die Formbedürftigkeit ziele darauf ab, es einem in einen bestehenden Mietvertrag eintretenden Grundstückserwerber zu erleichtern, sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen zu unterrichten. Dies gelte insbesondere für dauerhafte Beschränkungen eines Sonderkündigungsrechts wegen Eigenbedarfs (vgl. BGH, Urt. v. 04.04.2007 - VIII ZR 223/06).
Schriftformerfordernis nicht lediglich formalistisch
Die fehlende Schriftform sei auch nicht nach Ansicht des BGH formalistisch. Denn lasse man die Kenntniserlangung der Kündigungsbeschränkung durch den alten Mietvertrag genügen, werde man nicht dem verfolgten Zweck des Schriftformerfordernisses gerecht. Dieser bestehe neben einer Sicherstellung der Beweisbarkeit langfristiger Abreden und einer Warnung der Vertragsparteien vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen in erster Linie darin, einem künftigen potenziellen Grundstückserwerber allein aus der Vertragsurkunde die Möglichkeit einzuräumen, sich über Umfang und Inhalt der auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten zuverlässig zu informieren. Es genüge nicht auf ein für das alte Mietobjekt ausgestellten Vertrag ohne eine schriftliche Fortgeltungsvereinbarung zurückzugreifen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.01.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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