Dokument-Nr. 11770
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- IMR 2011, 311Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2011, Seite: 311
- MDR 2011, 908Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2011, Seite: 908
- NJW-RR 2011, 1517Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2011, Seite: 1517
- NZM 2011, 773Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2011, Seite: 773
- WM 2011, 2144Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2011, Seite: 2144
- WuM 2011, 426Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2011, Seite: 426
- Amtsgericht Potsdam, Urteil09.10.2008, 24 C 264/08
- Landgericht Potsdam, Urteil23.07.2009, 11 S 230/08
- BGH: Vermieter bei angemessener wirtschaftlicher Verwertung seines Grundstücks zu Verwertungskündigung gegenüber Mietern berechtigtBundesgerichtshof, Urteil09.02.2011, VIII ZR 155/10
- Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung nur für Eigenbedarfs- und VerwertungskündigungenBundesgerichtshof, Urteil11.03.2009, VIII ZR 127/08
Bundesgerichtshof Urteil08.06.2011
Ein zur Verwertungskündigung berechtigender erheblicher Nachteil kann auch bei Erwerb eines vermieteten und unrentablen Grundstücks gegeben seinBei Verwertungskündigung sind Interessen des Mieters und Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen
Bei der Beurteilung, ob einem Hauseigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrags erhebliche Nachteile entstehen und er daher zu einer Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB berechtigt ist, ist grundsätzlich das Interesse des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, zu berücksichtigen und eine Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs hervor. Ferner stellte der BGH fest, dass kann ein erheblicher Nachteil für die Eigentümer nicht schon deshalb verneint werden, weil sie das Grundstück als Erben bereits im vermieteten und unrentablen Zustand erworben haben und seit dem tatsächlichen Eintritt in das Mietverhältnis bei Beendigung der staatlichen Verwaltung keine wesentliche Verschlechterung eingetreten ist.
Die Kläger des zugrunde liegenden Falls sind in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümer eines in der ehemaligen DDR liegenden Einfamilienhauses, das 1953 unter staatlicher Verwaltung an die Beklagte vermietet wurde. Die Kläger sind nach dem Ende der staatlichen Verwaltung mit Ablauf des Jahres 1992 in das Mietverhältnis eingetreten. Sie kündigten den Mietvertrag durch Schreiben vom 16. Juli 2007 mit der Begründung, sie beabsichtigten, das sanierungsbedürftige und verlustbringende Mietobjekt zum Zwecke der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu verkaufen. Die erstrebte Erbauseinandersetzung lasse sich nur durch Verkauf bewerkstelligen, der in absehbarer Zeit nur in unvermietetem Zustand möglich sei. Das Amtsgericht hat die Räumungsklage der Kläger abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen.
Hinsichtlich möglicher erheblicher Nachteile durch Fortbestand des Mietvertrags sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen
Die hiergegen gerichtete Revision der Kläger hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung bekräftigt, dass bei der Beurteilung, ob dem Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrags erhebliche Nachteile entstehen und er deshalb zur Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB* berechtigt ist, auch das grundsätzliche Interesse des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, zu berücksichtigen ist und eine Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu erfolgen hat.
Hinnehmen dauerhafter Verluste ohne Verwertungsmöglichkeit mit Eigentumsgrundrecht unvereinbar
Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, kann ein erheblicher Nachteil nicht schon deshalb verneint werden, weil die Kläger das Grundstück als Erben bereits im vermieteten und unrentablen Zustand erworben haben und seit dem tatsächlichen Eintritt der Kläger in das Mietverhältnis bei Beendigung der staatlichen Verwaltung keine wesentliche Verschlechterung eingetreten ist. Dies liefe darauf hinaus, die Eigentümer ehemals staatlich verwalteter Wohnungen an den bei Aufhebung der Verwaltung gegebenen Zuständen auch nach deren Beendigung festzuhalten und ihnen zuzumuten, dauerhaft Verluste ohne eine Verwertungsmöglichkeit hinzunehmen; dies ist mit dem Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) unvereinbar.
Rückweisung der Sache an das Berufungsgericht
Der Senat hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht wird zu der von den Klägern behaupteten Unrentabilität des Grundstücks, zur Höhe des Mindererlöses bei einem Verkauf im vermieteten Zustand beziehungsweise zur Unverkäuflichkeit im vermieteten Zustand und gegebenenfalls zu den von der Beklagten zu 1 geltend gemachten Härtegründen die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
*§ 573 BGB: Ordentliche Kündigung des Vermieters
(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. (…)
(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn (…)
3.der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.06.2011
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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