15.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 11391

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Urteil15.12.2010BundesgerichtshofVIII ZR 210/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2011, 262Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2011, Seite: 262
  • MietRB 2011, 71Zeitschrift: Der Miet-Rechts-Berater (MietRB), Jahrgang: 2011, Seite: 71
  • NJW 2011, 993Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2011, Seite: 993
  • NJW-Spezial 2011, 194Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2011, Seite: 194
  • NZM 2011, 276Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2011, Seite: 276
  • WuM 2011, 113Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2011, Seite: 113
  • ZMR 2011, 371Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2011, Seite: 371
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil15.12.2010

Mietwohnung: Kein Kündigungsrecht der GmbH & Co. KG wegen Eigenbedarfs der GesellschafterEigen­be­da­rfs­kün­digung ist Gesellschaftern von Perso­nen­han­dels­ge­sell­schaftern verwehrt

Der Bundes­ge­richtshof grenzt den Kreis der von einer Eigen­be­da­rfs­kün­digung begünstigten Personen ein. Die Gesellschafter einer Perso­nen­han­dels­ge­sell­schaft können den Wohnraum­miet­vertrag über eine im Eigentum der Gesellschaft stehende Mietwohnung nicht wegen Eigenbedarfs kündigen. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof, der das Urteil damit begründete, dass der klagenden GmbH & Co. KG ein Eigenbedarf ihrer Gesellschafter nicht zugerechnet werden könne.

Der Bundes­ge­richtshof zog damit eine Trennlinie zwischen Perso­nen­han­dels­ge­sell­schaften wie der offenen Handels­ge­sell­schaft (OHG) oder der GmbH & Co. KG auf der einen Seite und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) auf der anderen Seite. Dieser könne ein Eigenbedarf ihrer Gesellschafter zugerechnet werden, weil insoweit eine Gleich­be­handlung mit den Mitgliedern einer Bruch­teils­ge­mein­schaft geboten sei. Es sei auch nicht gerechtfertigt, Gesellschafter einer GbR insoweit schlechter zu stellen als die Mitglieder einer einfachen Vermie­ter­mehrheit. Seien mehrere natürliche Personen Vermieter, berechtige der Eigenbedarf eines Vermieters die Gemeinschaft zur Kündigung des Mietvertrags.

Perso­nen­han­dels­ge­sell­schaften sind anders als Gesellschaften bürgerlichen Rechts zu behandeln

Damit sei die Situation von Perso­nen­han­dels­ge­sell­schaften aber nicht vergleichbar. Anders als häufig bei der GbR hänge es hier nämlich nicht vom Zufall ab, ob es sich bei der vermietenden Perso­nen­mehrheit um eine schlichte Gemeinschaft oder um eine offene Handels­ge­sell­schaft oder Komman­dit­ge­sell­schaft handele. Denn eine Perso­nen­ge­sell­schaft entstehe nicht zufällig, sondern durch zum Teil umfangreiches geschäftliches Tätigwerden ihrer Mitglieder von der Errichtung eines Gesell­schafts­ver­trages bis hin zur Eintragung im Handelsregister.

Ungleich­be­handlung der Perso­nen­han­dels­ge­sell­schaften gegenüber GbR ist gerechtfertigt

Die Gefahr einer vom Zufall abhängenden Ungleich­be­handlung der Perso­nen­mehrheit in Gestalt einer Gemeinschaft einerseits und derjenigen in Gestalt einer Perso­nen­han­dels­ge­sell­schaft sei daher von vornherein ausgeschlossen. Anders als bei der GbR gebe es daher bei der Perso­nen­han­dels­ge­sell­schaft keine Veranlassung, zur Vermeidung von Ungerech­tig­keiten die Geltendmachung von Eigenbedarf eines ihrer Gesellschafter zu ermöglichen.

Mieter sollen kein übermäßig großes Kündi­gungs­risiko wegen einer Vielzahl von Gesellschaftern fürchten

Die Rechts­si­cherheit gebiete es, die nur als besondere Ausnahme anzusehende Zurechnung des Eigenbedarfs der Gesellschafter bei einer GbR auf diese Gesell­schaftsform zu begrenzen. Gerade bei einer GmbH & Co. KG bestehe die Gefahr, dass der Mieter einer unübersehbaren Zahl von Gesellschaftern gegenüberstehe. Komman­dit­ge­sell­schaften hätten zudem häufig viele dem Mieter unbekannte Kommanditisten, bei denen die Kapital­be­tei­ligung im Vordergrund stehe und eine sachliche Berechtigung, gegebenenfalls Eigenbedarf geltend zu machen, nicht einsichtig sei.

Perso­nen­han­dels­ge­sell­schaften entscheiden sich aufgrund bewusster wirtschaft­licher Erwägungen für Vermietung

Die Vermietung einer Wohnung durch eine OHG oder Komman­dit­ge­sell­schaft (bzw. wie hier durch eine GmbH & Co. KG) statt durch eine schlichte Gemeinschaft erfolge deshalb von vornherein nicht "zufällig", sonder beruhe auf einer bewussten Entscheidung aufgrund wirtschaft­licher, steuer­recht­licher oder haftungs­recht­licher Überlegungen. Von einer Vergleich­barkeit mit der Interessenlage bei der Vermietung einer Wohnung durch eine Bruch­teils­ge­mein­schaft oder eine GbR könne daher keine Rede sein.

Betriebsbedarf ist nicht mit Eigenbedarf im Sinne des BGB gleichzusetzen

Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass ein berechtigtes Interesse einer Komman­dit­ge­sell­schaft an der Beendigung eines Wohnraum­miet­vertrags in der betrieblich bedingten Notwendigkeit liegen könne, die Wohnung einem Mitarbeiter oder Geschäftsführer zur Verfügung zu stellen. Damit sei lediglich ein "Betriebsbedarf" als grundsätzlich berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 Absatz 1 BGB anerkannt. Hieraus ergebe sich aber nicht, dass einer Komman­dit­ge­sell­schaft der persönliche Nutzungswunsch ihrer Kommanditisten oder Gesellschafter oder Geschäftsführer der Komplementärin als Eigenbedarf zugerechnet werden könne.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (vt/we)

der Leitsatz

BGB § 573 Abs. 2 Nr. 2

Eine Perso­nen­han­dels­ge­sell­schaft kann ein Wohnraum­miet­ver­hältnis nicht wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter kündigen.

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