18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 34050

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Bundesgerichtshof Urteil05.06.2024

Rückforderung überzahlter Miete bei Sozial­leistungs­bezug des MietersBGH bejahrt gesetzlichen Anspruchs­übergang

Der Bundes­ge­richtshof hat sich mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein auf Rückerstattung überzahlter Miete gerichteter Anspruch des Wohnraummieters, der Leistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts - hier Arbeits­lo­sengeld II (nunmehr: Bürgergeld) - als Bedarf für seine Unterkunft bezieht, auf den Sozial­leistungs­träger übergeht.

Der Kläger war vom 1. September 2018 bis Ende Juni 2020 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Berlin. Der Kläger, der zuvor in einer Flücht­lings­un­terkunft gelebt hatte, bezog bereits während dieser Zeit Leistungen nach Maßgabe des SGB II. Den - neben einem Mitmieter - auf ihn entfallenden Teil der Miete für den Monat September 2018 entrichtete der Kläger noch selbst; für die Folgemonate übernahm das zuständige Jobcenter die Zahlung der Miete. Der Kläger hat unter anderem geltend gemacht, die Miete sei sittenwidrig überhöht; zudem sei sie von Mitte September 2019 bis in den März 2020 hinein wegen eines Wasserschadens in vollem Umfang gemindert gewesen. Mit der Klage hat der Kläger die Rückerstattung überzahlter Miete für den Zeitraum von September 2018 bis Juni 2020 an sich (und seinen Mitmieter) verlangt. Das AG hat der Klage im Wesentlichen - nämlich in Höhe von rund 11.000 € - stattgegeben, weil die vereinbarte Grundmiete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als das Doppelte überstiegen und die Beklagte bei den Vertrags­ver­hand­lungen die Unterlegenheit des Klägers ausgenutzt habe. Zudem sei die Wohnung wegen eines Wasserschadens zeitweise nicht nutzbar und die Miete deshalb in dieser Zeit vollständig gemindert gewesen. Während des von der Beklagten angestrengten Berufungs­ver­fahrens hat der Prozess­be­voll­mächtigte des Klägers das Jobcenter wiederholt vergeblich um die Rückübertragung übergegangener Ansprüche auf den Kläger gebeten. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG das amtsge­richtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Berufungs­ge­richts stünden dem Kläger die von ihm erhobenen Berei­che­rungs­ansprüche auf Rückerstattung überzahlter Miete nicht zu, weil sie gemäß § 33 Abs. 1 Sozial­ge­setzbuch II (SGB II) auf den Sozia­l­leis­tungs­träger übergegangen seien. Mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wieder­her­stellung des erstin­sta­nz­lichen Urteils.

Ansprüche gehen auf den Sozia­l­leis­tungsträge über

Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Der BGH hat entschieden, dass (etwaige) Ansprüche auf Rückerstattung überzahlter Miete gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Sozia­l­leis­tungs­träger übergegangen sind. Der gesetzliche Forde­rungs­übergang nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II soll den Grundsatz des Nachrangs der Leistungen nach dem Sozial­ge­setzbuch II sichern. Die Voraussetzungen des Forde­rungs­übergangs waren hier erfüllt. Der Berei­che­rungs­an­spruch eines Mieters auf Rückerstattung überzahlter Miete gegen seinen Vermieter unter dem Gesichtspunkt der ungerecht­fer­tigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ist ein Anspruch gegen einen Anderen, der nicht Leistungsträger ist. Die geltend gemachten Berei­che­rungs­ansprüche sind für die Zeit entstanden, in der das Jobcenter dem Kläger Leistungen zur Sicherung seines Lebens­un­terhalts gewährt hat. Bei rechtzeitiger Rückerstattung der überzahlten Miete durch die Vermieterin wären diese Sozia­l­leis­tungen auch nicht erbracht worden; hätte die Beklagte die überzahlten Summen nämlich rechtzeitig zurückerstattet, so hätte der Kläger sich diese Beträge zur Deckung seines Bedarfs anrechnen lassen müssen.

Auch wenn das Jobcenter nicht selbst Ansprüche geltend gemacht hat

Dem gesetzlichen Anspruchs­übergang steht es nicht entgegen, dass das Jobcenter die Berei­che­rungs­ansprüche gegen die Vermieterin weder selbst realisiert noch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Ansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung auf den Kläger zurück zuübertragen (§ 33 Abs. 4 Satz 1 SGB II). Dies betrifft ausschließlich den Verwal­tungs­vollzug, berührt jedoch nicht die Voraussetzungen des gesetzlichen Anspruchs­übergangs auf den Leistungsträger.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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