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21.02.2025  
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Dokument-Nr. 34821

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Urteil19.02.2025BundesgerichtshofVIII ZR 138/23
Vorinstanz:
  • Oberlandesgericht Hamburg, Urteil15.06.2023, 3 MK 1/21
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil19.02.2025

Inkas­so­ver­gütung beim Konzerninkasso ersatzfähigVerbrau­cher­zentrale unterliegt mit Muster­fest­stel­lungsklage gegen OTTO-Tochter EOS Investment zur Erstat­tungs­fä­higkeit von Inkassokosten

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat in einem Muster­fest­stel­lungs­ver­fahren entschieden, dass eine Inkas­so­ver­gütung auch dann einen ersatzfähigen Verzugsschaden darstellt, wenn es sich bei dem von dem Gläubiger mit der Einziehung der Forderung beauftragten Inkas­so­dienst­leister um ein mit ihm im Sinne von § 15 AktG verbundenes Unternehmen handelt (sogenanntes Konzerninkasso) und die zwischen diesen beiden Gesellschaften getroffenen Vereinbarungen dazu führen, dass eine (unmittelbare) Zahlung der Vergütung durch den Gläubiger an den Inkas­so­dienst­leister im Regelfall ausscheidet.

Der Musterkläger ist der Dachverband aller 16 Verbrau­cher­zen­tralen und 28 weiterer Verbrau­cher­schut­z­or­ga­ni­sa­tionen in Deutschland. Die Musterbeklagte ist ein Konzern­un­ter­nehmen, dessen Geschäfts­ge­genstand unter anderem der Erwerb von Forderungen ist.

Mit der Einziehung ihrerseits erworbener Forderungen beauftragt die Musterbeklagte regelmäßig eine Schwes­ter­ge­sell­schaft, die Inkas­so­dienst­leis­tungen erbringt. Nach der zwischen diesen beiden Gesellschaften getroffenen Rahmen­ver­ein­barung macht die Inkas­so­dienst­leisterin die - bis zur erfolgreichen Einziehung beim Schuldner im Verhältnis zu der Musterbeklagten gestundete - Inkas­so­ver­gütung als Verzugsschaden gegenüber dem jeweiligen Schuldner geltend und behält den entsprechenden Betrag ein, wenn der Schuldner die Forderung erfüllt, während andernfalls - wenn der Schuldner die Forderung nicht erfüllt - die Musterbeklagte ihren entsprechenden Schaden­s­er­satz­an­spruch gegenüber dem Schuldner an die Inkas­so­dienst­leisterin an Erfüllungs statt abtritt. Die Höhe der Vergütung richtet sich dabei verein­ba­rungsgemäß nach dem Rechts­an­walts­ver­gü­tungs­gesetz (RVG).

In dem Zeitraum von Februar 2020 bis einschließlich April 2021 machte die Inkas­so­dienst­leisterin im Auftrag der Musterbeklagten gegenüber zahlreichen Verbrauchern Forderungen geltend, mit deren Erfüllung der jeweilige Schuldner bereits zuvor in Verzug geraten war. Neben der Hauptforderung verlangte die Musterbeklagte von den Schuldnern jeweils Verzugszinsen sowie - für die Einzie­hung­s­tä­tigkeit der Inkas­so­dienst­leisterin - die Erstattung einer Inkas­so­ver­gütung in Höhe einer 1,3-fachen Gebühr nach Nr. 2300 des Vergü­tungs­ver­zeich­nisses in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV RVG).

Bisheriger Prozessverlauf

Das im Muster­fest­stel­lungs­ver­fahren erstinstanzlich zur Entscheidung berufene Oberlan­des­gericht hat festgestellt, dass die gegenüber Verbrauchern für die Beauftragung der Inkas­so­dienst­leisterin als Vergütung geltend gemachten Kosten keinen ersatzfähigen Verzugsschaden der Musterbeklagten im Sinne der §§ 249 ff. BGB darstellen.

Ein Anspruch auf Erstattung der Inkassokosten scheide vorliegend aus. Rechts­ver­fol­gungs­kosten seien grundsätzlich nur dann zu ersetzen, wenn der Geschädigte im Innenverhältnis zu dem für ihn tätigen Rechts­dienst­leister zur Zahlung der dem Schuldner in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet sei. Das sei hier nicht der Fall, da es gemäß den zwischen der Musterbeklagten und der Inkas­so­dienst­leisterin getroffenen Abreden letztlich ausgeschlossen sei, dass die Musterbeklagte die vereinbarte Inkas­so­ver­gütung an die Inkas­so­dienst­leisterin zu bezahlen habe.

Dies bedeute, dass der durch die Inkas­so­dienst­leisterin gegenüber den Verbrauchern konkret geltend gemachte Schaden bei der Musterbeklagten nicht entstanden sei. Denn es fehle an einer Vermö­gen­s­einbuße im Sinne der Diffe­renz­hy­pothese. Da sich die Musterbeklagte der Belastung mit der (zugleich gestundeten) Vergü­tungs­for­derung durch die Erfül­lungs­abrede innerhalb derselben Vereinbarung wieder entledige, entstehe ihr in schadens­recht­licher Hinsicht kein Nachteil.

BGH weist die Klage als unbegründet ab

Der VIII. Zivilsenat hat das Urteil des Oberlan­des­ge­richts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Muster­fest­stel­lungsklage ist nach § 606 ZPO aF zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach § 280 Abs. 1, 2, §§ 286, 249 Abs. 1 BGB sind dem Gläubiger grundsätzlich alle Einbußen zu ersetzen, die er durch die Verfolgung seiner Rechte gegen den bereits in Verzug geratenen Schuldner erleidet. Zu den danach erstat­tungs­fähigen Rechts­ver­fol­gungs­kosten zählen nach gefestigter Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs im Ausgangspunkt auch diejenigen Aufwendungen, die dem Gläubiger dadurch entstehen, dass er - nach Verzugseintritt - ein Inkassounternehmen mit der Einziehung der Forderung beauftragt. Voraussetzung für die Erstat­tungs­fä­higkeit ist allerdings, dass die Rechts­ver­fol­gungs­kosten aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.

Verzugsschaden

Entgegen der Auffassung des Oberlan­des­ge­richts handelt es sich danach bei der Inkas­so­ver­gütung, deren Erstattung die Musterbeklagte von den jeweiligen Schuldnern verlangt, um einen ersatzfähigen Verzugsschaden.

Bei dem für die Bestimmung eines Schadens vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungs­be­grün­denden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre (Diffe­renz­hy­pothese), begründet der Umstand, dass die Musterbeklagte einem Vergü­tungs­an­spruch der Inkas­so­dienst­leisterin aus dem mit dieser geschlossenen Geschäfts­be­sor­gungs­vertrag (§ 675 Abs. 1 iVm § 611 Abs. 1 BGB) ausgesetzt ist, einen Schaden. Zwar stellt die Belastung mit einer Verbindlichkeit nach gefestigter Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs nur dann und insoweit einen Schaden dar, als der Geschädigte mit der Verbindlichkeit tatsächlich beschwert ist. Eine solche Beschwer entfällt entgegen der Auffassung des Oberlan­des­ge­richts aber nicht etwa dadurch, dass der Geschädigte mit dem Dritten, dessen Forderung den geltend gemachten Schaden bildet, besondere für den Geschädigten vorteilhafte Erfül­lungs­mo­da­litäten vereinbart. Dies gilt auch dann, wenn diese Modalitäten wie die Abrede, dass der Dritte hinsichtlich seiner Vergütung an Erfüllungs statt die Abtretung des diesbezüglichen Ersatzanspruchs des Geschädigten gegen den Schädiger annimmt zur Folge haben, dass der Geschädigte keinen direkten Mittelabfluss in Form einer Geldzahlung an den Dritten erleidet. Denn dies ändert nichts daran, dass der Geschädigte die Erfüllung der Forderung schuldet (§ 241 Abs. 1 BGB) und somit eine Vermö­gen­s­einbuße im schadens­recht­lichen Sinne vorliegt.

So verhält es sich auch im Streitfall. Nach der hier getroffenen Abrede erfolgt die Erfüllung wenn der Inkas­so­dienst­leisterin eine Realisierung der entsprechenden Ansprüche (Haupt- und/oder Neben­for­de­rungen) gegenüber dem Schuldner (teilweise) gelingt dadurch, dass die Inkas­so­dienst­leisterin berechtigt ist, den eingezogenen Betrag in Höhe der Vergü­tungs­for­derung zu behalten. Hierbei handelt es sich in dem Verhältnis zwischen der Musterbeklagten und der Inkas­so­dienst­leisterin um eine Leistung der Musterbeklagten im Sinne von § 362 BGB, die letztlich darin besteht, dass die Musterbeklagte auf die Geltendmachung ihres Anspruchs auf Auskehrung der durch die Geschäfts­be­sorgung erlangten Geldbeträge (§ 675 Abs. 1, § 667 BGB) insoweit verzichtet. Bleibt der Forde­rungs­einzug hingegen erfolglos, erbringt die Musterbeklagte die ihrerseits geschuldete Vergü­tungs­leistung, indem sie ihren Schaden­s­er­satz­an­spruch gegen den jeweiligen Schuldner an die Inkas­so­dienst­leisterin an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1 BGB) abtritt.

Die Einschaltung der Inkas­so­dienst­leisterin war aus der insoweit maßgeblichen Sicht der Musterbeklagten zur Wahrnehmung ihrer Rechte auch erforderlich und zweckmäßig. Nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkas­so­un­ter­nehmens regelmäßig selbst in einfach gelagerten Fällen aus der Sicht des Gläubigers erforderlich und zweckmäßig, wenn der Schuldner - wie in sämtlichen hier zu beurteilenden Fällen - in Zahlungsverzug geraten ist.

BGH hat beim Konzerninkasso keine Vorbehalte

Der Umstand, dass der Forde­rungs­einzug vorliegend im Wege eines Konzerninkassos betrieben wird, rechtfertigt es entgegen einer in der Literatur vereinzelt vertretenen Auffassung nicht, die Erfor­der­lichkeit der hierdurch verursachten Kosten zu verneinen. Denn die Frage der Erstat­tungs­fä­higkeit von Inkassokosten richtet sich nicht nach der gewählten Organisation des Forde­rungs­in­kassos, sondern allein danach, mit welchen Tätigkeiten der Gläubiger das Inkas­so­un­ter­nehmen beauftragt. Hat der Gläubiger der ihm obliegenden Mühewaltung - wozu beispielsweise die Stellung einer Rechnung oder die verzugs­be­gründende Erstmahnung zählen - genügt, wie regelmäßig anzunehmen ist, wenn er den Schuldner in Verzug gesetzt hat, und beauftragt anschließend um seinem Erfül­lungs­ver­langen Nachdruck zu verleihen einen Rechtsanwalt oder ein (externes) Inkas­so­un­ter­nehmen mit der Forde­rungs­ein­ziehung, besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz der hierdurch verursachten Kosten.

Im Fall der Beauftragung eines konzern­ver­bundenen - gleichwohl aber rechtlich selbständigen - Inkas­so­un­ter­nehmens kann nichts anderes gelten. Nur wenn im Einzelfall zusätzliche besondere Anhaltspunkte für ein von sachfremden Interessen geleitetes, rechts­miss­bräuch­liches Verhalten des Gläubigers gegebenenfalls in kollusivem Zusammenwirken mit dem konzern­ver­bundenen Inkas­so­un­ter­nehmen vorliegen, kann die Erfor­der­lichkeit einer solchen Maßnahme zu verneinen sein. Solche Anhaltspunkte liegen hier jedoch nicht vor.

Auch der Umstand, dass durch ein konzern­ver­bundenes Unternehmen erbrachte Inkas­so­dienst­leis­tungen vom Anwen­dungs­bereich des Rechts­dienst­leis­tungs­ge­setzes ausgenommen sind (§ 2 Abs. 1, 3 Nr. 6 RDG) und deshalb unter anderem die schuld­ner­schützende Vorschrift des § 4 Abs. 5 RDGEG aF (heute § 13 e Abs. 1 RDG), wonach der Gläubiger von seinem Schuldner eine Erstattung von Inkassokosten nur bis zu der Höhe verlangen kann, die einem Rechtsanwalt für diese Tätigkeit nach den Vorschriften des Rechts­an­walts­ver­gü­tungs­ge­setzes zustehen würde, nicht (unmittelbar) anzuwenden ist, gebietet keine andere Beurteilung. Denn der vom Gesetzgeber mit jener Regelung bezweckte Schutz des Schuldners vor einer Belastung mit überhöhten Kosten lässt sich ohne weiteres dadurch erreichen, dass die in § 4 Abs. 5 RDGEG aF (heute § 13 e Abs. 1 RDG) zum Ausdruck kommende gesetz­ge­be­rische Wertung, die als Konkretisierung der allgemeinen Schadens­min­de­rungs­ob­lie­genheit des Gläubigers nach § 254 Abs. 2 BGB zu begreifen ist, nach Maßgabe dieser letztgenannten Vorschrift auf die Erstat­tungs­fä­higkeit von Konzer­nin­kas­so­kosten übertragen wird. Da im Streitfall eine Berechnung der Inkassokosten gemäß dem Rechts­an­walts­ver­gü­tungs­gesetz vereinbart wurde, kommt eine Anspruchs­min­derung hiernach nicht in Betracht.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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