Im zugrunde liegenden Fall stellte die Beklagte Reinigungs- und Entfettungsanlagen her. Der Reinigungsprozess beruhte auf das Erhitzen und Verdampfen von Perchloräthylen. Ein mit einem Stromabschalter verbundener Schwimmer sollte dabei verhindern, dass die mit dieser Flüssigkeit bedeckten Heizdrähte durch das Verdampfen freigelegt werden und überhitzen. Der Schwimmschalter versagte jedoch aufgrund eines Fabrikations- bzw. Konstruktionsfehlers. Das in der Anlage befindliche Schmutzöl geriet in Brand, da die Heizdrähte nicht rechtzeitig abgeschaltet wurden und diese überhitzten. Die Klage auf Schadenersatz wurde durch beide Vorinstanzen aufgrund der verjährten vertraglichen Ansprüche abgewiesen. Einen Anspruch aus unerlaubter Handlung lehnten sie ab.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Ansicht der Vorinstanz, dass Ansprüche aus unerlaubter Handlung nicht in Betracht kommen, wenn vertragliche Beziehungen zwischen Kläger und Beklagten bestehen, rechtsirrig war. Zwischen dem Schadenersatzanspruch aus Vertragsverletzung und aus unerlaubter Handlung besteht eine echte Anspruchskonkurrenz mit der Folge, dass es dem Geschädigten grundsätzlich freisteht, auf welche Anspruchsgrundlage er seine Forderung stützen will. Er ist insbesondere nicht gehindert, auf die Haftung aus unerlaubter Handlung zurückzugreifen, wenn vertragliche Ansprüche - wie hier wegen eingetretener Verjährung und einer nur sie erfassenden Haftungsbefreiung - nicht mehr bestehen.
Rechtsirrig war auch die Meinung der Vorinstanz, es fehle an einer rechtswidrigen Eigentumsbeeinträchtigung, weil die Anlage von vornherein mangelhaft geliefert worden sei und damit die Klägerin eine mangelfreie Sache nie im Besitz und Eigentum gehabt habe. Wesentlich ist diesen Fällen, dass der Mangel der übereigneten Sache von vornherein bestand, diese damit für den Eigentümer von Anfang an unbrauchbar war und sich der Mangel mit dem geltend gemachten Schaden deckt. In einem solchen Fall scheidet tatsächlich die Beschädigung einer fremden Sache bereits begrifflich und somit auch der Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB aus. Entscheidend ist aber hier, dass die in der Mitlieferung des schadhaften Schalters liegende Gefahrenursache sich erst nach Eigentumsübergang zu einem über diesen Mangel hinausgehenden schaden realisiert hat und dadurch das im Übrigen mangelfreie Eigentum des Erwerbers an der Anlage insgesamt verletzt worden ist. In derartigen Fällen besteht kein Grund, diesem das Zurückgreifen auf deliktische Ansprüche abzuschneiden.
Der BGH verkannte nicht, dass im Einzelfall die Abgrenzung zwischen einem die übereignete Sache von vornherein insgesamt umfassenden Mangel und einem begrenzten Fehler, der erst später einen zusätzlichen Schaden an der sonst mangelfrei übereignete Sache hervorgerufen hat, auf Schwierigkeiten stoßen kann. Vor allem, wenn ein anfänglich vorhandener begrenzter Mangel sich nach Übereignung durch "Weiterfressen" ausgedehnt und nachträglich die gesamt Sache erfasst hat. Der BGH hielt es jedoch, angesichts der Relation zwischen den Wert des Schwimmschalters und der zum Gesamtpreis von etwa 20.000 DM verkauften Reinigungsanlage, im vorliegenden Fall nicht für nötig Abgrenzungskriterien aufzustellen.
Die damals geltende kurze Verjährungsfrist des § 477 BGB fand nach Ansicht des BGH auf einen Anspruch aus unerlaubter Handlung keine Anwendung, da jeder Anspruch seiner eigenen gesetzlichen Regelung folgt.
Erläuterungen
Die Entscheidung ist aus dem Jahr 1976 und erscheint im Rahmen der Reihe "Urteile, die Rechtsgeschichte geschrieben haben".
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.09.2012
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)